Im Interview

Jail Job Eve: Zwischen Hardrock, Alternative und Blues

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(Bild: Dreier)

Die in Osnabrück angesiedelten Jail Job Eve haben sich mit ihren bislang drei Veröffentlichungen ‚Bird of Passage’ (EP, 2015), ‚The Mission’ (2018) und ‚Wildfire’ (2021) einen Ruf als vielseitige Band zwischen Hardrock, Alternative und Blues erarbeitet.

Das Quintett ist überdies für seine herausragenden Bühnenqualitäten bekannt und hat jüngst mit seiner zweiten EP ‚Next Generation’ von sich reden gemacht, die seine Bühnenenergie mit virtuosem Gitarrenspiel, satten Hammondorgel-Klängen und insbesondere Sängerin Viktoria Semels kraftvoller Stimme sehr anschaulich ins Studio-Setting überträgt.

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Wir unterhalten uns mit Gitarrist Benedikt Schlereth über seinen Werdegang, sein Selbstverständnis als Musiker und die Schwierigkeiten, mit denen sich eine ambitionierte junge deutsche Band abseits des Pop-Mainstreams heutzutage auseinandersetzen muss.

Benedikt, du sagst von dir selbst, Musik sei dir in die Wiege gelegt worden, wie muss man das verstehen?

Ab der zweiten Klasse hatte ich klassischen Gitarrenunterricht, den ich auch recht lange durchgezogen habe, also bis zu meinem 18. Lebensjahr. Der krasseste Boost kam mit etwa 14, als ich Randy Rhoads entdeckte. Nachdem ich viel Led Zeppelin und Guns N’ Roses gehört hatte, hat mich Ozzy Osbournes ‚Randy Rhoads Tribute’ richtig gepackt. Danach habe ich sehr viel geübt und mir sogar ein MXR Distortion + gekauft, um möglichst nah an seinen Sound heranzukommen.

Nach dem Abitur war ich ein Jahr lang auf der Berufsfachschule Musik in Nürnberg, weil ich unbedingt Musik machen wollte. Ich komme aus einem kleinen Dorf, wo es mit Bands schwierig war – meine Eltern mussten mich immer 25 km zur nächsten Stadt fahren. In Unterfranken gab es zum Glück ein cooles Bandcamp, das war sehr wichtig für mich, weil ich dort zum ersten Mal mit vielen Musikbegeisterten in Kontakt kam. Nach der Berufsfachschule habe ich in Osnabrück Popularmusik studiert.

Inwiefern hat dir die formelle Ausbildung geholfen?

Sie hat mir definitiv geholfen, aber man muss aufpassen, dass man nicht zu analytisch wird. Als die Band noch ganz frisch war, dachten wir plötzlich: „Wir müssen jetzt ein 7/8-Takt einbauen und alle möglichen Taktarten in ein Lied packen, damit es cool ist.” Man muss lernen, mit diesem Batzen an Wissen umzugehen, und aufpassen, dass man sich nicht verrennt.

Ist Jail Job Eve deine erste professionelle Band?

Ja, ist sie tatsächlich, seit dem Studium. Vorher war ich nicht lange genug an einem Ort, um etwas Festes zu formen.

Wie ist die Band in dieser Konstellation mit einer Sängerin und ohne stilistische Scheuklappen zustande gekommen?

Victoria ist meine Frau. Wir haben uns bei diesem Bandcamp kennengelernt, wo wir mittlerweile auch als Dozenten tätig sind. Wir haben dann zusammen in Osnabrück studiert, was ein glücklicher Zufall war, da man Glück braucht, um einen Studienplatz zu bekommen. Wir waren uns einig, dass wir zusammen Musik machen wollten, und es sollte lauter Rock sein – so entstand die Band.

Wo ist eine so enge persönliche Beziehung förderlich beziehungsweise hinderlich für eine kreative Zusammenarbeit?

Für uns ist sie vor allem förderlich. Wenn man schon so lange Musik zusammen macht, hat man in 99 Prozent der Fälle die gleiche Meinung. In der Probe braucht man dann quasi nur eine Person zu überzeugen und hat schon eine Mehrheit. Das kann für die anderen Bandmitglieder manchmal eine Art „Meinungsfront” sein.

Woher kommt diese musikalische Bandbreite in euren Songs?

Die ergibt sich aus der Herkunft der Mitglieder. Unser Organist spielt auch richtig Kirchenorgel und ist tief in der Klassik- und Jazz-Ecke verwurzelt. Unser Schlagzeuger Josef kommt aus dem Rockbereich, und Tim, unser Bassist, eher aus der Soul-Ecke. Diese unterschiedlichen Backgrounds formen dann unseren Sound als Band.

Beim Songwriting versuchen wir jeweils, mit einer möglichst konkreten Idee anzukommen, um uns nicht zu verzetteln. Jeder kann dann etwas beisteuern, aber diese Herangehensweise hat sich für uns als die beste herauskristallisiert.

(Bild: Marcel Gollin)

Habt ihr von Anfang an Originale geschrieben oder auch gecovert? Mit eigenen Stücken Auftrittsmöglichkeiten zu bekommen ist im Lauf der Jahre sicherlich nicht einfacher geworden.

Ich glaube, schon in der ersten Probe haben wir eigene Songs geschrieben. In Osnabrück ist es durch die Musikhochschule relativ einfach, an Gigs zu kommen – das war 2012 wahrscheinlich noch anders als heute.

Mit welchen Problemen hat man als Band eurer Größe in erster Linie zu kämpfen?

Erst einmal mit dem eigenen inneren Schweinehund. Wenn man für Shows gebucht wird, ist vieles einfacher, weshalb manche Bands eben bei Booking-Agenturen sind oder selbst eine gründen. Als Band aus eigenen Stücken Locations anzuschreiben wirkt immer noch so, als wäre man im Amateurbereich tätig, weil es bedeutet, dass man den Schritt zu einem Label mit einer Booking-Agentur noch nicht geschafft hat. Es ist definitiv mühsam, viele E-Mails zu verschicken und wenige bis keine Antworten zu bekommen.

Wie handhabt ihr Setlisten und GEMA-Meldungen?

Darum kümmern sich Victoria und Josef. Wir geben immer alles ab und checken das auch online. Selbst bei einer kleineren Tour bleibt da wirklich Geld hängen, also klemmen wir uns dahinter, das ist wichtig.

Wie nimmst du die Situation auf dem Konzertmarkt seit der Corona-Pandemie wahr?

Das Clubsterben ist zweifellos ein Problem. Es ist auch nicht einfacher geworden, Leute von zu Hause zu einem Konzert zu bewegen, besonders zu einer Band, die sie vielleicht noch nicht kennen. Wir hatten gehofft, dass die Leute nach Corona wieder rausgehen würden, als die Streaming-Konzepte ausgereizt waren. Das war nur kurz der Fall – es ist einfach nicht leicht mit weniger Spielstätten.

Lass uns über Equipment sprechen: Womit hast du angefangen, und wie hat sich dein Gerätepark mit der Zeit entwickelt?

Ich begann mit einer Yamaha Pacifica und irgendeinem Zoom-Modeling-Teil. Als ich dann Led Zeppelin und Slash entdeckte, wollte ich aufs nächste Level gelangen, also bekam ich eine Epiphone Les Paul zu Weihnachten – meine erste richtig gute Gitarre. Ich bin generell eher ein Gibson-Spieler. Ich habe zwar auch eine Strat und eine Tele, aber mit der Strat verfalle ich immer in typische Klischees wie Hendrix-Licks, was ich bei anderen gerne höre, bei mir selbst aber nicht so mag.

Gibson Custom Shop 58er Les Paul aus 2010
Gibson SG Junior mit Seymour Duncan Antiquity Dogear-P-90

Für die Band spiele ich hauptsächlich Firebird und Les Paul. Die Firebird funktioniert super mit Fuzz-Pedalen – sie klingt nicht zu fett, hat aber genug Kraft, um durchzuschneiden. Mein Lieblingspedal ist das T-Rex Octavius, das auch bei normalen Riffs gut funktioniert, weil die Oktave kaum wahrnehmbar ist, wenn man mit dem Stegtonabnehmer spielt, aber gut durch den Mix schneidet. Mein Hauptverstärker ist ein 1974er Marshall JMP mit einer 4×12″-Box.

1974er Marshall JMP mit 1960 HW 4x12"-Box und Gibson Firebird Standard von 2017 in Pelham Blue mit Lollar Pickups
Pedalboard mit Fulltone SupaTrem, MXR Phase 90, TC Sub'n'up, BSM RW-F Booster, Way Huge SupaPuss Delay, MXR Carbon Copy, ZVEX Fuzz Probe, Dunlop Octavia, Dunlop Joe Bonamassa Wah

Ihr habt nicht zum ersten Mal live im Studio aufgenommen. Wie schafft man es als Band, das durchziehen zu können?

Man muss sehr viel gemeinsam spielen, sowohl im Proberaum als auch live. Beim ersten Mal hatte ich auch Respekt davor. Das Schwierige ist, dass man einen Schritt zurücktreten muss – man hat nicht diese Lupe wie beim Overdubbing, wo man sehr genau hinhört. Es geht nicht darum, dass ein Ton vielleicht etwas leiser war, sondern der gesamte Take muss funktionieren.

Bei der ‚Wildfire’-Platte haben wir jeden Song vier-, fünfmal gespielt, bis wir sagten: „Das ist safe.” Dann kamen für drei Takes die Vocals dazu, weil wirklich alles live aufgenommen wurde. Der Druck war anfangs hoch, aber wenn man lernt, die Lupe wegzunehmen und das Ganze als Band-Performance zu sehen, ist es sehr befreiend.

Hört ihr Fehler oder Ungenauigkeiten, die in den Aufnahmen geblieben sind?

Es gibt natürlich Kleinigkeiten, etwa wenn man vergessen hat, Effektgeräte auszuschalten, oder Spielweisen, die man anders hätte machen können. Aber keine großen Fehler – die würden den Take ungültig machen.

Bei Kleinigkeiten muss man als Band sagen: „Das war der beste Take.” Vielleicht ist eine Deadnote nicht genau da, wo sie sein sollte, aber insgesamt hat der Take energetisch besser funktioniert.

Übst du noch regelmäßig, oder ist Songwriting das Einzige, was du tust, um dich weiterzuentwickeln?

Ich habe immer wieder Phasen, in denen ich mich intensiv mit etwas beschäftige. Zuletzt waren es Billy Strings beziehungsweise Bluegrass, die mich total begeistert haben.

Dann versuche ich, solche Einflüsse in mein Spiel zu integrieren. Aber ich sitze nicht da und übe systematisch Skalen – ich übe zweckdienlich für das, was ich anwenden möchte.

Was habt ihr langfristig vor?

Wir spielen im Herbst eine Tour und schreiben bereits neues Material, um möglichst bald wieder etwas zu veröffentlichen. Es wäre natürlich cool, wenn es mit der Band noch weiter nach oben ginge.

Man freut sich immer, wenn ein paar größere Gigs dazukommen und das Ganze weiter bestehen kann, denn es ist schon besonders, so lange mit einer Band zu spielen.

(erschienen in Gitarre & Bass 07/2025)

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