Im Interview

Robert Cray: “Ein bisschen wie eine Rückkehr”

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(Bild: Melanie Lemahieu)

Mit der „2025 Out Driving Around Tour: Groovin’ 50 Years” feiern Robert Cray und seine Band fünf Dekaden im Einsatz für den Blues. Ende Juni gastierte das Quartett auch in fünf Städten in Deutschland. Wir wollten von Robert wissen, welchen Stellenwert Konzerte für ihn nach dieser langen Zeit heute noch haben.

Interview

Robert, du kommst wieder nach Europa, und das tust du regelmäßig. In Anbetracht deiner großen Fanbasis in den USA ist das eher ungewöhnlich. Viele deiner Landsleute beschränken sich vor allem auf ihren heimischen Markt.

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Sagen wir so: Es wird regelmäßiger. Früher kamen wir vielleicht alle zwei oder drei Jahre nach Europa. Mittlerweile sind wir häufiger hier, was großartig ist – genau das wollten wir schon immer tun. Wir freuen uns jedes Mal darüber, wenn wir die Möglichkeit haben, in Deutschland zu spielen. Also: Wann immer wir die Chance bekommen, sind wir da.

Gibt es einen Unterschied zwischen dem Publikum in den USA und dem in Europa?

Wir haben hier in den USA eine ziemlich gute Fangemeinde, zu unseren Konzerten kommen viele Leute. Ich denke nicht, dass es einen großen Unterschied zwischen dem Publikum in den USA und dem in Deutschland gibt. Aber ich würde sagen, dass die Fans in Deutschland uns früher entdeckt haben als die Leute in den Staaten.

Nicht viele wissen, dass du Anfang der 1960er-Jahre in München gelebt hast – da warst du noch keine zehn Jahre alt.

Genau. Mein Vater war damals in München stationiert. Deshalb fühlt es sich immer ein bisschen wie eine Rückkehr an, wenn ich nach Deutschland komme. Ich erinnere mich an diese Zeit als Kind, und ich hatte immer viel Spaß dort.

Lass uns über das Live-Spielen sprechen. Eure aktuelle Tour-Liste ist ziemlich beeindruckend. Wie viele Konzerte spielt ihr ungefähr pro Jahr?

Wir spielen im Durchschnitt etwa 80 bis 90 Shows im Jahr – und ich genieße jede einzelne davon. Es ist die Herausforderung, herauszufinden, was man an einem bestimmten Abend leisten kann. Man fordert sich selbst heraus, und genau das macht mir Spaß.

Ich habe bei meinen Recherchen erfahren, dass du früher keine feste Setlist hattest. Stimmt das immer noch?

Nein, das haben wir mittlerweile geändert. Aber wir sind immer noch flexibel und rufen Songs spontan auf der Bühne aus. Wenn zum Beispiel jemand aus dem Publikum einen Song ruft und es sich gerade richtig anfühlt, drehe ich mich zu den Jungs um und sage: „Lasst uns den spielen.” Das machen wir dann auch. Aber grundsätzlich ändern wir unsere Setlist jede Nacht, also bereiten wir uns in gewisser Weise darauf vor.

Was macht deine Band für dich so besonders? Es sind wahrscheinlich immer noch dieselben Musiker, mit denen du schon lange spielst, oder? Bassist Richard Cousins etwa begleitet dich schon seit den Anfangstagen.

Ja, es sind dieselben Musiker, dasselbe Team. Es ist wie eine Familie – unsere „Road-Family”. Wenn man so viel unterwegs ist wie wir, ist es großartig, eine gewisse Vertrautheit zu haben und zu wissen, dass die Dinge so laufen, wie man es sich wünscht. Und wie ich schon erwähnt habe: Weil wir die Setlist jeden Abend ändern, können wir Songs spielen, die wir nicht immer im Programm haben. Das hilft uns dabei, frisch zu bleiben.

Das heißt, ihr versteht euch blind – jeder weiß, was der andere tun wird, und ihr interagiert miteinander?

Genauso ist es, ja.

Ich habe in einem älteren Interview mit dir gelesen, dass du auch in den heißesten Momenten auf der Bühne immer die Ruhe bewahrst. Wie schaffst du das?

(lacht) Es geht vor allem darum, immer den Song im Blick zu behalten. Das ist der wichtigste Teil des Abends – der Song steht im Mittelpunkt. Wenn ein Song es nicht erfordert, sich in den Vordergrund zu spielen, dann tue ich das auch nicht. Aber wenn ein Song nach einem Solo verlangt, dann nutze ich diese Gelegenheit. Alles dreht sich um den Song.

Ich nehme an, dass du deine Einstellung zum Equipment nicht geändert hast. Stimmt das? Du benutzt immer noch dieselben Verstärker und Gitarren wie in den letzten 15 Jahren?

Ganz genau. Das Einzige, was sich geändert hat, sind die Saiten. (lacht)

Also immer noch die Fender Robert Cray Signature Custom Shop Stratocaster. Außerdem Fender-, Magnatone- und Matchless-Verstärker …

Korrekt.

Klangzentrale: Ein Fender Vibro-King, flankiert von zwei Matchless-Clubman35-Amps an 4x10"-Boxen.

Und immer noch keine Effektpedale?

Nur das Vibrato vom Magnatone-Verstärker.

Das ist ein ziemlich einfaches und aufgeräumtes Setup – was sehr gut zu deinem Stil passt. Wie hast du den seinerzeit eigentlich gefunden?

In den frühen 1970er-Jahren habe ich mich sehr intensiv mit den großen Bluesgitarristen wie Albert Collins oder B.B. King beschäftigt und ihre Stile analysiert, um daraus schließlich meinen eigenen zu finden. Mir wurde dabei klar, dass ich einfacher spielen muss, um mich richtig ausdrücken zu können. Je schneller du spielst, desto schwieriger ist es, etwas auszudrücken. Platz und Raum sind für mich beim Spielen sehr wichtig.

(Bild: Robert Cray)

Euer letztes Album, ‚That’s What I Heard’, erschien 2020. Hast du noch Interesse daran, Alben aufzunehmen, oder liegt dein Fokus eher auf Live-Auftritten?

Wir haben definitiv noch Interesse daran, neue Alben aufzunehmen, aber wir sind einfach noch nicht dazu gekommen. Das ist im Moment der Stand der Dinge.

Du hast einmal erwähnt, dass du nicht unbedingt ein großer Fan der Studioarbeit bist.

Ich mag das Studio, aber sobald man die Songs dort aufgenommen hat, entwickeln sie sich live weiter. Wenn man sie auf der Bühne spielt, klingen sie jedes Mal ein bisschen anders. Das Studio ist nur eine Momentaufnahme eines Songs.

Gibt es etwas, das du unseren Lesern mit auf den Weg geben möchtest? Warum sollten sie euch live sehen, und was können sie erwarten?

Es wird ein bisschen anders sein als beim letzten Mal. Bei uns liegt immer eine gewisse Spannung in der Luft – es hängt von der Stimmung und dem Gefühl ab. Für uns geht es vor allem um eine Sache: Wir wollen eine gute Zeit und Spaß auf der Bühne haben. Und das wird sicher auch in Deutschland so sein.

(Bild: Melanie Lemahieu)

EQUIPMENT

Robert Cray beschränkt sich nicht nur in seinem Spiel auf das Wesentliche, auch sein Instrumentarium auf der Bühne verzichtet auf jedweden Schnickschnack. Seit er Mitte der 1970er-Jahre Buddy Guys Bruder Phil mit einer Strat auf der Bühne sah und hörte, ist Fenders Dauerbrenner seine Favoritin – bevorzugt in einer Hardtail-Version.

In seiner Backline finden sich schon seit vielen Jahren zwei Matchless-Clubman-35-Topteile mit je einer 4×10″-Box sowie ein Fender-Vibro-King-Combo. Ergänzt wird das Setup mit Magnatone-Amps, etwa einem 260er mit 35 Watt Leistung und 2×12″-Bestückung und/oder einem 280er mit 50 Watt und ebenfalls zwei 12-Zöllern. An den Magnatones schätzt Robert vor allem ihre Vibrato-Sounds. Auf Boost- oder Drive-Pedale verzichtet er komplett, der Gitarrensound wird ausschließlich vom Amp geformt – und natürlich von Roberts Fingern.

(erschienen in Gitarre & Bass 07/2025)

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