Vintage Guitar Stories: ’64 Epiphone Coronet Silver Fox

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Poor Man’s Gibson? Epiphone-Gitarren kamen nach Übernahme durch die Gibson Company 1957 allesamt aus der Gibson-Fabrik in Kalamazoo und wurden von erfahrenen Gibson-Mitarbeitern mit Zugriff auf dieselben Materialien gefertigt, wie Gibson-Gitarren auch. Den Ruf als Produzent von ordentlich gemachten Schülerinstrumenten handelte man sich auf Kosten der Originale durch spätere Produktionsphasen in Asien ein.

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Gibson-Geschäftsführer Ted McCarty ließ sich die Gelegenheit natürlich nicht entgehen, den alten Konkurrenten Epiphone, der nach dem Tod des weitsichtigen Firmenchefs Epaminondas „Epi“ Stathopoulo immer mehr in finanzielle Schwierigkeiten geriet und lange Zeit auf Augenhöhe operierte, quasi mit Haut und Haaren zu einem Spottpreis zu übernehmen.

Alles was an Bestand vorhanden war und noch irgendwie nützlich erschien – Maschinen, Werkzeug, Holz, Hardware, Halbfertigprodukte etc. – wurde nach Kalamazoo verfrachtet. Doch McCarty entschloss sich bald, die Marke zu erhalten, um damit Händler zu beliefern, die bisher nicht in den privilegierten Kreis der Gibson-Händler vordringen konnten. Mit den neuen Epiphone-Gitarren erschloss sich Gibson geschickt einen zweiten Absatzmarkt, auf dem nun auch die nicht privilegierten Händler mit vergleichbar gut konstruierten und hochwertig gefertigten, also den Gibson-Modellen ebenbürtigen Instrumenten versorgt werden konnten.

Bereits 1958 stellte Gibson ein kleines Sortiment an revisionierten Epiphones vor. Die waren den Gibson-Produkten allerdings deutlich angenähert und von der alten Archtop-Herrlichkeit der frühen Epiphone-Ära blieb nur noch wenig. Neben den Thinlines Sheraton und der nun schmaler gestalteten Emperor wurden vor allem Solidbody-Modelle vorgestellt, die sich von den Les-Paul-Designs natürlich unterscheiden sollten. Dennoch wurden sie anfangs mit Brettstärken gebaut, die schon etwa auf Les-Paul-Junior-/Special-Format kamen. Schnell ging man aber auf die später vorherrschenden 3,5 cm zurück. An den Start gingen als „all new solidbodies“ zunächst die Modelle Crestwood und Coronet, bald gefolgt von den Brettgitarren Wilshire und Olympic.

Das Epiphone Solidbody-Modell Coronet ist erstmals in einem Gibson-Katalog von 1959 zu einem Preis von 120 $ gelistet. Anfangs wie die Crestwood noch mit einem gut 4,4 cm dicken, symmetrisch geschnittenen Korpus mit eher eckigen Korpuskanten und einem einzelnen Epiphone New York Pickup in Stegposition ausgestattet – die Teile aus der alten Epiphone-Produktion wurden so lange wie möglich weiterverwendet –, erhielten die Coronets noch im Laufe des Jahres 1959 Gibson-P-90-Pickups und einen deutlich flacheren Korpus mit abge – rundeten Kanten. Ein großes weißes Schlagbrett ergänzte das charakteristische Erscheinungsbild dieser neuen Epiphones. Die frühen Kopfplatten kamen standard – mäßig noch mit Mechaniken im Drei-links-drei-rechts-Stil. 1963 wurde dann die originelle „Batwing“-Kopfplatte mit sechs in Reihe angeordneten Mechaniken eingeführt, die sich von den Gibson-Produkten absetzte, ohne Fender zu kopieren.

Ab 1961 wurden Coronets im Übrigen auch unter dem Markennamen Dwight für Sonny Shields Music in East Saint Louis (Illinois) hergestellt. Inhaber war zu der Zeit Charles „Dwight“ Shields. Die erste Version dieser Dwight-Coronets trug ein D auf dem Schlagbrett und das Dwight-Logo auf der Kopfplatte, die zweite Version (einge – führt 1963) hatte eine Epiphone-„Batwing“-Kopfplatte mit „Dwight model“ auf dem Trussrod Cover, aber kein D mehr auf dem Schlagbrett.

Den für Crestwood, Coronet und Co. entwickelten Korpusstil kann man übrigens durchaus als Vorboten für die bald darauf realisierten gravierenden Veränderungen bei den Solidbodies von Gibson sehen. Nicht zuletzt wird auch die Marktakzeptanz der Epi-Solidbodies den Weg zu Gibsons rigoros neu ausgelegtem SG-Design geebnet haben.

Epiphone wurde jedenfalls nach der Programmrevision durch Gibson schnell erfolgreich. Bis Mitte der 1960er-Jahre wuchs der Anteil an Epiphone-Instrumenten auf ein Drittel von Gibsons Gesamtproduktion. Das war nicht zuletzt auch den Beatles zu danken, denn ab 1964 waren Paul McCartney, George Harrison und John Lennon prominent mit Epiphone-Casino-Thinlines zu hören und zu sehen. Gegen Ende des Jahrzehnts sanken die Zahlen allerdings dann wieder um die Hälfte, was die Norlin Company – der Konzern hatte Gibson im Dezember 1969 übernommen – dazu bewegte, die Produktion von Epiphone-Instrumenten ab 1970 nach Japan und Korea zu verlagern.

BIST DU EINE GANS? SIEH DICH VOR!

Das vorliegende Modell in der exquisiten Farbe Silver Fox ist ein Prachtexemplar seiner Art. Farbe sowieso Hammer, der Hals sehr schön fest (was bei diesem Modell mit weit freigestelltem Neck nicht immer der Fall sein muss), knapp 41 mm Sattelbreite – gut 51 mm 12. Bund, unten eher flach gestaltet, aber ansteigend sehr schön sanft zunehmend, also genau richtig und professionell neu bundiert. Diese Coronet spielt sich nicht nur ganz fantastisch, sie schwingt und singt und knallt auch absolut fabelhaft, was von dem kraftvoll agieren – den P-90 in Metallkappe (5,7 kOhm) am Steg auch mit Saft und Kraft umgesetzt wird. Was für eine großartige Rock-Gitarre!

STATISTIK

1970 verließen die letzten 20 Epiphone Coronets das Werk in Kalamazoo. In Summe brachte es die Coronet in gut zehn Produktionsjahren auf 3.373 Exemplare. Angefangen hatte es 1959 mit achtbaren 237 Modellversionen, 1962 war die Coronet mit 499 Exemplaren die bestverkaufte Epiphone-Gitarre und 1964 – dem Spitzenjahr dieses Modells – wurden sogar 685 Stück davon ausgeliefert. Die Preise auf dem Vintage-Markt sind für ältere Coronets moderat, wenn man sie mit dem zeitgenössischen Gibson-Pendant SG Junior vergleicht (oder auch mit Custom-Shop-Modellen). Aber natürlich sind die Zeiten längst vorbei, als man, zumindest in den USA, solche Stücke für 500 oder 600 Dollar von der Wand kaufen konnte. Heute muss man hinter diesen Preis eine 0 setzen, aber nicht ohne Grund! Danke an GuitarPoint und Simon Gauf für die Leihgabe!


(erschienen in Gitarre & Bass 06/2023)

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