Test: Harley Benton 25th Anniversary Special Edition Guitars
von Redaktion,
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(Bild: Dieter Stork)
Zum 25. Geburtstag der Thomann-Hausmarke Harley Benton wurde im Grunde schon alles gesagt und geschrieben, besonders ausführlich im Gespräch des Kollegen Rebellius mit den maßgeblich Verantwortlichen in der letzten Ausgabe. Es ist also an der Zeit, die spezielle Gitarrenreihe, die der Treppendorfer Musikalienriese pünktlich zum Jubiläum präsentierte, genauer unter die Lupe zu nehmen.
Sicherlich werden die Meisten unserer Leser:innen zuerst einen Blick auf die Verkaufspreise in der Übersicht werfen, um dann gleichermaßen erstaunt wie ungläubig die Specs-Liste zu durchforsten. Gips doch gar nich! Thermisch behandelte, intensiv geflammte kanadische Ahornhälse mit seidenmatter Oberfläche, komfortablem Profil, Edelstahlbünden, Locking Mechaniken und GraphTech-Sätteln, Marken-Pickups von Roswell und Tesla, bei vier Modellen mit Coilsplit-Schaltung.
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Des Weiteren Wilkinson- bzw. Sung-Vibratos, Werksbesaitung mit Elixir- bzw. D’Addario-10er-Sets und nicht zuletzt traditionelle wie auch moderne Designs in geschmackvollem, zeitgemäßem, seidenmattem Firemist-Metallic, außer beim SC-Modell sogar mit Matching Headstock. Fehlt noch das Sahnehäubchen: Harley Benton 25th Deluxe Gigbag und Umhängeband mit Karabinerhaken und „Celebrating 25th Anniversary“-Karte. Alles inklusive.
ST-25TH
Unschwer zu deuten, steht bei Harley Benton das „ST“ für Strat, selbstverständlich mit modifiziertem Kopfplatten-Design. Insgesamt traditionell gehalten, hat man die Gitarre mit Steg-Humbucker im Singlecoil-Format, 2-Punkt-Vibrato mit justierbarem Steckhebel, selbstschmierendem Graphitsattel und Vintage-Kluson-Style Locking Tunern auf modern getrimmt. Sowohl die Tuner als auch das schwebend justierte Vibrato funktionieren tadellos, Letzteres sogar erstaunlich stimmstabil.
Auch die Schaltung ist klassisch, mit dem Extra, dass das Ziehen des Master-Volume-Knopfes die Halsspule des Steg-Humbuckers verstummen lässt. Der Mittel-Pickup ist ein RWRP-Typ, der in Kombi mit den benachbarten Roswell-Abnehmern etwaige Nebengeräusche eliminiert. Die ST-25TH gibt sich überaus schwing- und sustain-freudig, reagiert dynamisch auf variables Spiel und hält unverstärkt ein warmes, ausgewogenes, aber dennoch obertonreiches Klangbild bereit.
Die Pickups liefern geschmack- und charaktervolle, transparente, Vintage-orientierte Strat-Sounds, wobei der Steg-Pickup speziell bei Klarklängen deutlich nach vorne prescht. Soll heißen, er verursacht einen immensen Pegelsprung, der wiederum im High-Gain-Einsatz für mehr Flexibilität sorgt. Im Split-Modus fällt der Output indes wesentlich praxisgerechter aus.
By the way: Die Stegspule liefert glasklaren bissigen Twang, der jeder Tele Paroli bieten kann. Während der Volume-Regler butterweich rotiert, erweisen sich die Tone-Potis als recht schwergängig. Alles in allem präsentiert sich die Harley Benton ST-25TH als makellos verarbeitete, sehr gut klingende und ausgezeichnet bespielbare Strat-Variante mit Vintage-Ambitionen und ordentlicher High-Gain-Performance.
TE-25TH
Logisch, „TE“ steht für Tele, wegen der Double Bindings des Erle-Bodys genauer zu klassifizieren als 60s Custom Tele. Die Thermobehandlung (Roasting) macht den wunderschön geflammten Ahornhals widerstandsfähiger gegen Witterungs- und Temperaturschwankungen und optimiert zudem dessen Schwingungseigenschaften. Wie beim ST-Modell sitzt der Hals in seiner präzise gefrästen Tasche bombenfest und wird von 4 Schrauben und der obligatorischen Platte gehalten. Der Halsstab ist von der Kopfplatte her direkt zugänglich.
Eine Wilkinson-WTB-Bridge mit kompensierten Messingreitern dient als Steg und kann alternativ zum String-thru-Prinzip auch zum Toploader umfunktioniert werden. Ein Zargenblech trägt die Klinkenbuchse, die Verschaltung der koreanischen Roswell-Singlecoils ist klassisch. Die leicht diagonal versetzte Anordnung des Dreiwegschalters lässt sich komfortabler handhaben als die des Originals. Die Harley Benton TE-25TH zeigt ein kraftvolles, drahtig frisches, luftiges und obertonreiches Klangbild, sehr direkte, spontane Ansprache, flinke Tonentfaltung und stabiles Sustain.
Das Roswell-Pickup-Set entlockt der Gitarre klassische, charaktervolle Vintage-Tele-Sounds. Am cleanen Amp verleiht der moderate Output dem Hals-Pickup einen warmen, runden, bluesigen Ton, dem Stegnachbarn knackig-kraftvolle Bässe, drahtige Mitten, klare Höhen und sehr angenehmen, nicht übermäßig schrillen Twang. Aber auch Distortion-Sounds meistern die Roswells mit Strahlkraft, guter Dynamik und hohem Durchsetzungsvermögen. Eine echte Empfehlung für Tele-Fans.
FUSION-III 25TH
Während ST und TE eher Vintage-orientiert daherkommen, präsentieren sich die Fusion-Modelle zeitgemäßer, was etliche Ausstattungsmerkmale verdeutlichen: Südostasiatischer Nyatoh-Body – nicht zu verwechseln mit dem südamerikanischen Nato – mit Ergofräsungen und abgeschrägtem Halsübergang, vier einzeln eingelassene Halsschrauben, Halsjustierrad, 24 vorbildlich bearbeitete Edelstahlbünde, perfekt abgerichteter GraphTech-Sattel, gestaggerte, wartungsfreie Jinho Locking Tuner, beeindruckend stimmstabiles Wilkinson-Vibrato und HSS-Pickup-Bestückung vom koreanischen Hersteller Tesla. Das schwarze Decken-Binding ist übrigens keine Fake-Lackierung sondern schwarzer Kunststoff.
Staggered Locking Tuner (Fusion-Modelle)
Ein ovales Zargenblech trägt die Klinkenbuchse, Federkammer und E-Fach hat man präzise Oberkante bündig abgedeckt. Das sehr dunkel geroastete Flamed-Maple-Griffbrett gibt die schwarzen Punkteinlagen kaum zu erkennen, immerhin erleichtern fluoreszierende Sidedots die Orientierung. Meine Hand umgreift das gelungene Halsprofil ebenso entspannt wie meine Finger die höchsten Lagen erreichen. Die Tesla-Pickups, eingeschränkt höhenjustierbar in präzisen Ausfräsungen gelagert, werden per Fünfwegschalter angewählt. Zieht man den Reglerknopf des Tone-Potis hoch, verabschiedet sich die Halsspule des Steg-Humbuckers.
Halsübergang und Comfort-Body-Shaping der Fusion-Modelle
Unplugged zeigt die Jubiläums-Fusion-III ein ausgewogenes, wenn auch nicht ganz so kraftvolles Klangbild wie die ST-25TH. Sie ist etwas dominanter in den oberen Mitten, ebenso klar und spritzig in den Höhen, dafür nicht ganz so obertonreich, aber straff und konkret in den Bässen. Ihre sehr gute Dynamik äußert sich in akzentuierter Ansprache, vitaler Tonentfaltung und stabilem, kontinuierlich abklingendem Sustain.
Tesla bietet die VR-1 als exakte Repliken von Vintage 50s-Einspulern an. Zwar tönen diese sehr offen, luftig und brillant, könnten jedoch für meinen Geschmack mehr Wärme und Klangfülle vertragen. Die besorgt dann der VR-2B Humbucker durch einen ordentlichen Mittenschub, der im Cleanbetrieb mit knackig straffen Bässen, seidig klaren Höhen und Obertönen glänzt, und dank präziser Saitentrennung am zerrenden Amp singende Leadsounds mit hoher Durchschlagskraft abliefert.
FUSION T 25TH
Sie stellt quasi das Tele-Pendant zur Fusion-III 25TH dar. Auch hier fanden Nyatoh für den Korpus und intensiv geflammter gerösteter Ahorn für Hals und Griffbrett Verwendung. Letzteres ist deutlich heller ausgefallen, sodass die schwarzen Dots leichter zu erkennen sind. Dennoch kommen selbstleuchtende Sidedots der Navigation zugute. Ergofräsungen gibt es auf der Body-Rückseite und beidseitig im unteren Cutaway. Letztere verleihen dem Body zwar schicke Konturen, zeigen jedoch im Spielbetrieb keine Wirkung, da sich die höchsten Griffbrettgefilde dank des abgeschrägten Halsübergangs ohnehin relativ entspannt bespielen lassen.
Fusion-Modelle: Fluoreszierende Sidedots und vorbildlich bearbeitete Edelstahlbünde
Bis auf die Kopfplatte und zwei Bünde weniger ist der Hals mit dem der Fusion-III identisch und bietet den gleichen Spielkomfort. Auch hier bleibt das Wilkinson-Vibrato, bei dem das Drehmoment des Steckhebels variiert werden kann, selbst nach Divebombs erstaunlich stimmstabil. Die Fusion T 25TH beschäftigt zwei leistungsstarke Tesla VR-3 Humbucker, die per Dreiwegschalter angewählt werden, übrigens wie die Potis vom koreanischen Hersteller Alpha. Zieht man den Rändelknopf des Master-Tone-Potis nach oben, kommt der Coilsplit zum Zuge, der die Stegspule des Hals- und die Halsspule des Steg-Pickups mutet.
Wilkinson Vibrato
Ohne Strom klingt die Fusion T 25TH deutlich voluminöser, runder und wärmer als das Schwestermodell, ist obertonreicher und löst selbst komplexere Akkordgebilde fein und präzise auf. Auch hinsichtlich Ansprache, Tonentfaltung und Sustain hat sie die Nase leicht vorn. Der Hals-Pickup VR-3 Humbucker liefert wunderbar aufgeräumte vollmundige Cleansounds mit kraftvollen aber definierten Bässen, warmen und runden Mitten, klaren, offenen Höhen und breitem Obertonspektrum.
Ebenso ausgewogen, wenn auch knackiger und aggressiver, ist mit leicht erhöhtem Output der Steg-Pickup am Start, der dann auch, vom guten Sustain der Gitarre profitierend, klar die Distortion-Abteilung dominiert. Dabei dringen singende Leadsounds ans Ohr, ohne dass dabei die gute Dynamik der Fusion T eingeschränkt würde.