Vox Amps

Neuheiten, Tests & Stories: Alle Infos zu Vox, einer unverzichtbaren Größe auf dem Vintage- und zeitgenössischen Amp-Markt.

 

Vox Logo

 

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Die VOX Story

Die Fünfziger & VOX AC15

VOX und der Rock & Roll

Die Sechziger & VOX AC30

Die Siebziger und Brian May

Die Achtziger: VOX vs. Marshall

Die Neunziger: Dick Denney & die AC30 Limited Edition

Vox heute

The History of Vox Guitars

Die VOX Story

“It was fifty years ago today, Sgt. Pepper taught the band to play. They’ve been going in and out of style, but they’ve guaranteed to raise a smile!”

Wie passend, dieser leicht geänderte Song-Text der vielleicht besten Werbeträger des Vox-Sounds – The Beatles!

Vox Instrumente

Vox, die zweite große britische Marke, ist sowohl auf dem Vintage- wie auch nach einigen Jahren größerer Wirren auf dem zeitgenössischen Markt eine unverzichtbare Größe. Dabei fing alles ganz anders an: mit einem Akkordeon!

Thomas Walter Jennings, Jahrgang 1917, ein Hobby-Organist, begann im Jahr 1944 neben seinem regulären Job in einer Munitionsfabrik, den Handel mit gebrauchten Akkordeons, zu denen sich bald auch andere Instrumente gesellten. Das Geschäft lief so gut, dass er bereits zwei Jahre später in Dartford, Kent, einen Musikladen eröffnete.

Seine Spezialität war der Import von italienischen, französischen und deutschen Akkordeons. Vickers, die Munitionsfabrik, in der Jennings gearbeitet hatte, unterhielt während des 2. Weltkrieges eine eigene Band – deren Gitarrist Dick Denney war, ein guter Musiker und ein begnadeter Techniker, der schon bald nach dem Krieg begann, kleine Gitarrenverstärker für den Eigenbedarf zu bauen.

Mehr Visionär denn eiskalter Geschäftsmann: Thomas W. Jennigs, der Gründer von Vox
Mehr Visionär denn eiskalter Geschäftsmann: Thomas W. Jennigs, der Gründer von Vox

Die neuen Sounds aus den USA, insbesondere die Hawaii-Musik auf elektrisch verstärkten Lapsteel-Gitarren, waren auch nach England geschwappt, während die amerikanischen Instrumente und Verstärker noch lange nicht erhältlich waren. Jennings wusste schon damals von dem Potenzial der kleinen Verstärker von Dick Denney und wollte mit ihm kooperieren, aber nach dem Krieg hatten sich die beiden aus den Augen verloren, und es sollten noch einige Jahre ins Land ziehen, bis ihre Zusammenarbeit endlich beginnen konnte.

In der Zwischenzeit entwickelte Jennings zusammen mit einem anderen Techniker das einstimmige Univox, ein Tasteninstrument mit eingebautem Verstärker und Lautsprecher, das einen Vokal-Sound imitierte und von Pianisten und Organisten als zusätzliche Melodie-Klangfarbe eingesetzt werden konnte. So merkwürdig solch ein Instrument in diesen Zeiten auch wirkte, so erfolgreich war es! Bis hinein in die sechziger Jahre wurde es gerne benutzt, als die Tornadoes mit ,Telstar‘ sogar einen großen Hit mit ihm landeten.

Links Dick Denney und in der Mitte Thomas W. Jennings präsentieren die neue Vox-Mark-III-Serie.
Links Dick Denney und in der Mitte Thomas W. Jennings präsentieren die neue Vox-Mark-III-Serie.

Der Erfolg des Univox gab Jennings nicht nur die finanziellen Mittel, um weiter produzieren zu können, sondern deutete erstmals dessen großes Potenzial an, Visionen in Realitäten zu wandeln, die vom Markt dankbar aufgenommen werden – selbst in dieser wirtschaftlich so schwierigen Nachkriegszeit.

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Die Fünfziger & Vox AC15

1951 gründete Tom die Jennings Organ Company und brachte eigene, einmanualige Orgeln auf den Markt – mit großem Erfolg. Aber als Mitte der 50er Jahre nahezu jede Kirche und jedes Stadthaus mit einer Jennings-Orgel ausgestattet war, ging der Absatz zurück, die Nachfrage schien erst mal gedeckt. Dies war die Zeit, in der sich der Rock & Roll aus Amerika ankündigte, mit seinen lauten, elektrisch verstärkten Gitarren. Und hier kam nun wieder Dick Denney ins Spiel.

Der hatte sich soweit als Elektroniker und Musiker ganz gut durchs Leben geschlagen und um 1955 herum einen Verstärker entwickelt, der ihm endlich den Sound brachte, den er schon lange im Ohr hatte: Es war ein 15 Watt starker Combo mit einem 12″-Lautsprecher, der mit einer modernen Röhrenbestückung von EF-86-, ECC-83- und EL-34- Typen einen druckvollen und für damalige Verhältnisse erstaunlich nebengeräuschfreien Klang produzierte. Eine Vibrato-Einheit, die der des Wurlitzer-Pianos nachempfunden war, ergänzte ab 1956 den Verstärker, von dem Denney zwei Stück baute: einen für sich selbst und den zweiten für einen Musikerkollegen.

Das Chassis des ersten AC30 mit der Reihe EL-84 Endröhren und der großen GZ34- Gleichrichter-Röhre.
Das Chassis des ersten AC30 mit der Reihe EL-84 Endröhren und der großen GZ34- Gleichrichter-Röhre.

Dieser zweite Verstärker war ausschlaggebend für eine ganze Reihe von Veränderungen, die Denneys Leben nun widerfuhren. Denn der Kollege präsentierte den 15-WattCombo Tom Jennings, und der machte zwei Tage später Dick Denney ein Angebot, das er wohl nicht ablehnen konnte: Er wurde daraufhin Chef-Designer der 1957 gegründeten Firma J.M.I. (Jennings Musical Industries), deren erste Aufgabe es war, Denneys 15-Watt-Verstärker in Serie zu produzieren. Jennings gab diesem Verstärker in Anlehnung an sein erfolgreiches Univox-Instrument den Namen Vox – und der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.

Ende 1958 war Denneys 15-Watt-Verstärker serienreif. Die offensichtlichsten technischen Fakten gaben ihm seinen Namen: Amplifier Combination 15 Watt = AC15!

Dieser Verstärker war auf Anhieb erfolgreich, denn er erfüllte alle Bedingungen, die Musiker damals an einen Verstärker stellten: Er war gut zu transportieren, er war einigermaßen laut genug, um mit Schlagzeug und Bläser-Sektionen mithalten zu können, und er sah in seinem cremefarbenen Outfit sehr elegant aus.

Mit EL-34-Endröhren lieferte der AC50 noch mehr Power.
Mit EL-34-Endröhren lieferte der AC50 noch mehr Power. (Bild: Klaus Schmidt)

Die ersten AC15 waren mit einem Goodmans Audiom 60 Lautsprecher bestückt, die später durch Rola-Celestion-G12- Typen ersetzt wurde. Der Celestion war der eindeutig bessere für Gitarre, und eine lang andauernde, sehr fruchtbare Zusammenarbeit mit J.M.I. und Celestion begann.

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VOX und der Rock & Roll

Im Jahr 1958 schlug der Rock & Roll auch in England tiefe Wurzeln, insbesondere, als einheimische Musiker mit dieser neuen, wilden Musik die Charts erstürmten. Cliff Richard nahm die Single ,Move It‘ auf, wahrscheinlich die erste Rock-&-Roll-Aufnahme der Insel. Die Single war erfolgreich, sodass die Plattenfirma sich genötigt sah, eine Backing-Band für den jungen Star zusammenzustellen.

Bis Mitte der 60er Jahre spielte alles was in England eine Gitarre halten konnte Vox!
Bis Mitte der 60er Jahre spielte alles was in England eine Gitarre halten konnte Vox!

Rekrutiert wurden Bruce Welch und Hank B. Marvin, zwei unbekannte Gitarristen, sowie der Bassist Jet Harris und der Schlagzeuger Tony Meehan. Ihr erster Name The Drifters musste, als Aufnahmen in den USA erscheinen sollten und es dort eine gleichnamige Band gab, geändert werden; man entschied sich für The Shadows. Und der Rest ist wieder einmal Geschichte. Tom Jennings, der instinktiv fühlte, dass in England etwas Großes in der Entstehung war, verlegte sein Business ins Zentrum der neuen Musik, nach London in die Charing Cross Road, ganz in die Nähe der legendären Denmark Street.

Sein neuer Laden war bald das Herz des englischen Musik-Business – auch, weil hier die neuen Verstärker zu sehen waren, von denen sich die

100 Watt, und kein bisschen leise: AC100- Anlage, die die Beatles von Vox forderten
100 Watt, und kein bisschen leise: AC100- Anlage, die die Beatles von Vox forderten

Shadows auch zwei zugelegt hatten und dank ihrer vielen Konzerte nun allerbeste Promotion-Arbeit für das neue Produkt machten. Doch ihre erste Tour in Amerika brachte sie in Kontakt mit den dort üblichen Fender-Verstärkern, und sie waren begeistert von der Lautstärke der amerikanischen Amps.

Dick Denney: „Ich erinnere mich genau daran, als die Shadows von ihrer ersten US-Tournee zurückgekommen waren und ihre AC15- Amps hier für Service-Arbeiten vorbeibrachten. Sie hatten in den USA Fender Twins ausprobiert und schwärmten von der Lautstärke dieser Amps, waren allerdings von der Klangqualität nicht gerade begeistert. Die Frage der Shadows war relativ logisch: Warum nicht einfach einen AC15-Twin, also einen doppelt so lauten Verstärker wie den AC15 bauen?“

Dick Denney machte sich an die Arbeit, und er ergänzte das EL-84-Duo in der Endstufe um ein zweites Paar – er wollte nicht von seinen Lieblings-Röhren typen weg, denn nur sie produzierten den Klang, den er als den „sweetest sound ever“ bezeichnete. Denney schuf die weiteren notwendigen technischen Voraussetzungen, um die Endstufenleistung zu verdoppeln und vergrößerte das Gehäuse, sodass es zwei 12″-Lautsprecher aufnehmen konnte.

Bereits 1959 konnten die Shadows drei der neuen AC30-Verstärker in Empfang nehmen und schienen nun bestens gerüstet, gegen die in den Konzerten immer lauter werdenden Teenager anspielen zu können.

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Die Sechziger & der VOX AC30

Mit ,Apache‘ landeten die Shadows gleich nach der Jahrzehnt-Wende auf dem ersten Platz der englischen Hitparade, und der Sound des AC30 wurde bald zum Markenzeichen auch anderer erfolgreicher HitSingles. Tatsächlich brachte das Jahr 1963 nicht weniger als zehn Top-10-Hits für Bands, die mit Vox-Verstärkern spielten: Searchers, Hollies, Beatles, Dave Clark Five und Billy J. Kramer & The Dakotas. 1964 folgten dann Bands wie Rolling Stones, Kinks, Manfred Mann, Yardbirds und Animals. Vox war nun der mit Abstand erfolgreichste englische Hersteller von Gitarrenverstärkern.

Bereits 1960 war ein neuer AC30 vorgestellt worden. Der AC30/6 kam mit sechs Eingängen, einem zusätzlichen Brilliant-Kanal und der Top-Boost-Klangregelung, um noch mehr Klarheit und Höhen aus dem Schaltungskonzept zu kitzeln.

Da der AC30 auch gerne in Ermangelung anderer Alternativen von Bassisten genutzt wurde, ersetzte man die den mechanischen Beanspruchungen als Bass-Amp nicht gewachsene EF-86-Röhre durch die robustere ECC-83 Doppeltriode. Auch die in Zusammenarbeit mit Celestion entwickelten legendären Blue-Bulldog-Lautsprecher traten nun erstmals in Erscheinung. Es war ein deutlicher Klangunterschied zwischen dem AC30 mit vier und dem neuen mit sechs Eingängen zu hören.

AC30 von 1974
AC30 von 1974

Die ältere Version hatte einen klareren Ton und einen größeren Headroom, verzerrte also nicht so früh wie der neuere AC30-Verstärker, und brachte den typischen Shadows-Sound besser rüber als der AC30/6. Aber das wirkte sich nicht negativ auf die Verkäufe aus, ganz im Gegenteil: Dieser AC30/6 gehört bis heute zu den meist verkauften AC30-Typen überhaupt. 1962 bekamen die Beatles ihre ersten Vox-Verstärker, einen AC30/6 für George Harrison und einen AC15 für John Lennon.

Einer der ersten Batterie-Verstärker: Der adrette Vox Escort, von dem es auch ei
Einer der ersten Batterie-Verstärker: Der adrette Vox Escort, von dem es auch ei

Schuld daran war ein Gentleman-Agreement, das Brian Epstein, der Manager der Beatles, mit Tom Jennings aushandelte: Die Beatles bekamen Vox-Verstärker umsonst und tauchten dafür in dem Werbematerial der Firma auf. Diese Verbindung, die bis zu dem Tode Epsteins im Jahr 1967 hielt, war für beide Seiten äußerst fruchtbar.

Aber nicht nur die drei Beatles John, George und Paul sprangen auf den neuen Zug auf, sondern praktisch alle wichtigen englischen Gitarristen nutzten den neuen Sound und die Power des AC30: Eric Clapton, Jeff Beck, Jimmy Page, Ray und Dave Davies von den Kinks, deren markantes Riff von ,You Really Got Me‘ dem Sound des AC30 ein frühes Denkmal setzte.

Diese Effektpedale wurden 1980 vorgestellt. Sie waren nett anzuschauen, aber weniger nett anzuhören.
Diese Effektpedale wurden 1980 vorgestellt. Sie waren nett anzuschauen, aber weniger nett anzuhören.

Anfang dieses Jahrzehnts erweiterte Jennings sein Programm auch um eigenwillige Gitarren, noch mit eher bescheidenem Erfolg. Um einen größeren finanziellen Spielraum zu haben, verkaufte Tom Jennings 1963 einen Teil seiner Firma an finanzkräftigere Investoren, die Royston Group.

Parallel zu den Verstärkern waren auch weiterhin Orgeln gebaut worden, wobei die Vox Continental mit ihrem typischen Sound zahlreichen Hit-Singles zu einem hohen Wiedererkennungswert verhalf. ,Doo Wah Diddy‘ von Manfred Mann’s Earthband und ,The House Of The Rising Sun‘ von den Animals sind nur zwei Beispiele von vielen, auf denen mal im Hinter-, mal im Vordergrund eine Vox Continental quäkte.

Vox Defiant mit passendem Cabinet, ein 50-Watt-Verstärker aus der britischen Transistor-Amp-Reihe
Vox Defiant mit passendem Cabinet, ein 50-Watt-Verstärker aus der britischen Transistor-Amp-Reihe

Viele der Neuentwicklungen, mit denen Vox in den 60er Jahren aufwarten konnte, stammten aus dem Feedback, das die Beatles Tom Jennings gaben. Und die benötigten vor allem eins: Mehr Lautstärke! Neben lauteren Amps arbeitete Vox gleichzeitig an Transistor-Verstärkern, der technischen Sensation dieser Jahre. Der T-60 war der erste – ein Bass-Amp, den Paul McCartney ausprobierte, aber schon bald aufgrund seiner technischen Unreife wieder durch einen modifizierten AC30 und dann durch eine AC100-Anlage ersetzte.

Dennoch war die Transistor-Technik der neueste Schrei und versprach neben einem ansprechenden Sound vor allem einen wartungsfreien Betrieb, ein geringeres Gewicht bei gleichzeitig höherer Lautstärke und eine problemfreiere Herstellung.

Warme, schön gemächlich saturierende Röhrenschaltungen waren zumindest auf Herstellerseite nicht mehr gefragt und auch die Musiker bevorzugten immer noch einen cleanen Grund-Sound ihrer Verstärker. Im Kielwasser der global immer erfolgreicher werdenden Beatles wollte auch Vox die große, neue Welt erobern und schloss mit der Thomas Morgan Company einen Vertriebsvertrag für USA – eine Verbindung, die sich später noch als sehr wichtig erweisen sollte. Bereits ein Jahr später – bei J.M.I. arbeiteten mittlerweile 200 Leute – ergänzte Morgan die Serie der britischen durch eigene Transistor-Vox-Amps, made in USA.

Bei dem Super-Beatle-Modell, das im Defiant sein englisches Pendant hatte, arbeitete Dick Denney noch konzeptionell mit, doch ab dann entwickelte Thomas Morgan auch in eigener Verantwortung Vox-Amps. Nahezu parallel arbeiteten also zwei Entwicklungs-Teams an neuen Modellen, und die Vielfalt, mit der Vox in den 60er Jahren den Verstärkermarkt dominierte, ist sicherlich einzigartig. Nahezu monatlich wurden neue Transistor-Verstärker vorgestellt, die in England entwickelt und gebaut wurden und mit Eigenschaften wie Distortion, Tremolo und Hall auf die Reise geschickt wurden.

Auch die Bassisten fühlten sich gut bedient, denn Amps wie Dynamic, Foundation und Super Foundation gaben ihnen, die sonst immer Gitarren-Amps nutzen mussten, endlich den nötigen tiefen Klangraum. Neben reinen Transistor-Amps erforschte man auch die Hybrid-Technik, in der Röhren- und Transistorschaltungen kombiniert wurden.

Zu hohem Maße mitverantwortlich für den legendären Sound der alten und neuen Vöxe waren die von Celestion hergestellten Blue- Bulldog-Lautsprecher.
Zu hohem Maße mitverantwortlich für den legendären Sound der alten und neuen Vöxe waren die von Celestion hergestellten Blue- Bulldog-Lautsprecher.

Das Ergebnis dieser für die damalige Zeit ungewöhnlichen Bemühungen waren die 7er- und für Bassisten die 4er Serie mit Verstärkern wie dem 7120 (120 Watt, für Gitarre) und 4120 (120 Watt, für Bass). Es gab zwar einige interessante Eigenschaften wie z. B. einen Distortion-Schaltkreis an Bord und auch einen Hall, aber jedem Musiker war klar, dass diese Verstärker nicht von denselben Leuten, die einen AC30 erfunden hatten, gebaut worden sein konnten.

Richtig: federführend bei diesen modernen Konzepten war die Thomas Morgan Company, deren Einfluss auf das aktuelle Vox-Programm umso größer wurde, je mehr man sich der Hybrid- und Transistortechnik zuwandte. Es schien, dass man sich in England nun eher darauf spezialisierte, die amerikanischen Designs zu verbessern, was unter Dick Denneys Leitung durchaus gelang. Insbesondere die Endstufen-Sektion wurde optimiert, so dass die englischen Verstärker wie Conqueror (30 Watt), Defiant (50 Watt) und Supreme (100 Watt) bei den Musikern Europas besser ankamen als die amerikanischen in der Neuen Welt.

Das Programm von Vox USA Ende der 60er
Das Programm von Vox USA Ende der 60er

Im Gegensatz zu den alten J.M.I.-Designs besaßen die neuen Verstärker ihre Regeleinheit nach vorne ausgerichtet – die Größe der Verstärker, ihr Einsatz in den schicken Chrom-Ständern und die Tatsache, dass man die Amps schon länger nicht mehr vor sondern hinter sich stehen hatte, machte diese neue Anordnung nötig.

Die Royston-Group arbeitete nach anderen Gesichtspunkten als Tom Jennings, und so konnte er auch keinen Gegenpol zu der starken Konzentration der Herstellung auf Transistor-Amps setzen. Ihm war intuitiv bewusst, dass nach der Beat-Ära nun eine andere Musikwelle ins Haus stand – die hieß Rock und wurde auf lauten Röhrenverstärkern und 4×12-Boxen gespielt. Jennings kam mit seinen Ideen und Vorschlägen nicht an, und schon lange war er nicht mehr in der entscheidungsgebenden Funktion früherer Tage. Lieber als über neue Röhren-Amp-Konzepte dachten die neuen Vox-Macher an eine kostengünstigere Herstellung und entwickelten 1965 ein Konzept, nach dem ein Teil der Produktion nach Italien ausgelagert werden sollte.

Also in dieses Land, wo das Verhältnis von Lohnkosten zu Arbeitsqualität besser war als irgendwo sonst in Europa. Dieser Plan wurde schon bald umgesetzt, und für eine relativ kurze Periode von 1966 bis 1967 wurden in der E.M.E.-Fabrik in Recanati Vox-Orgeln, Gitarren und einige Röhren-Verstärker, darunter auch AC30-Modelle gebaut. Das Werk in Italien wurde um so bedeutender, weil im Januar 1966 die zweite englische Produktionsstätte in der West Street in Erith komplett ausbrannte und dort keine Herstellung mehr möglich war.

Trotz dieses Rückschlags baute man im Jahr 1967 immerhin 1000 (!) Verstärker, und war sich nicht zu schade, auch Exotisches zu entwickeln – wie z. B. diverse Instrumente für die Rolling Stones, aber auch ein Gerät, das mit dem Fuß bedienbar und laut Firmenunterlagen imstande war, den Sound einer gedämpften Trompete nachzuahmen. Gemeint ist hier das WahWah-Pedal, das spätestens ab der Jimi-Hendrix-Ära ein weiterer Vox-Klassiker wurde – bei dem allerdings niemand mehr daran dachte, hinsichtlich welchen ursprünglichen Klang-Ideals es eigentlich einmal konzipiert worden war. Nach smoother Jazz-Trompete hört sich ein WahWah-Pedal, das zwischen Stratocaster und Marshall-Stacks verkabelt ist, ja nun wahrlich nicht an.

Erst Miles Davis brachte dieses neue Effektgerät kurz darauf dann wieder seinen eigentlichen Wurzeln näher. Zurück nach England: Selbst die Königin kam nicht umhin, den rasanten Aufschwung bei Vox zu honorieren – mit dem Queen’s Award to Industry 1967, für außerordentliche Export-Erfolge!

Die Hybrid-Amps der UL-Serie kamen 1967 auf den Markt und wurden auch von den Beatles für Sgt. Pepper eingesetzt. Hier das 15-Watt- Top UL-715.
Die Hybrid-Amps der UL-Serie kamen 1967 auf den Markt und wurden auch von den Beatles für Sgt. Pepper eingesetzt. Hier das 15-Watt- Top UL-715.

Man war also durchaus amused in diesen Jahren – bis auf Tom Jennings, der im gleichen Jahr das Unternehmen verließ, das ihm einst gehörte; die Rechte an seiner Firma hatte er bereits 1964 komplett der Royston Group übertragen. Hiermit wurden die wilden End-60er eingeleitet, denn nicht nur Jennings ging mit seiner neuen Firma, Jennings Electronic Industries, innerhalb kürzester Zeit pleite, sondern auch Vox bzw. die Royston Group selbst. Vox wurde von der Corinthian Bank aufgekauft und hieß nun, 1969, Vox Sound Ltd..

Die Bänker wollten natürlich nicht ins Rock-Business einsteigen, sondern betrachteten das Unternehmen als Spekulationsobjekt, boten es auf dem Markt feil und fanden ein Jahr später bereits einen Käufer.

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Die Siebziger und Brian May

Vox Sound Ltd. wurde an ein Konsortium aus Stolec Electronic und Schroder Bank verkauft. Der Betrieb zog kurzerhand nach Hastings um, sein Programm wurde auf die Herstellung der Zugpferde, Orgeln und AC30-Verstärker, zusammengestrichen und kostenoptimiert.

Dazu musste 1970 erst mal der Röhren-Gleichrichter einer Halbleiter-Diode weichen. Dafür verabreichte man dem Amp immerhin einen Federhall, der allerdings recht schwachbrüstig klang.

Neben dem AC30 war die Vox Continental ein weiterer Klassiker und Dauerbrenner.
Neben dem AC30 war die Vox Continental ein weiterer Klassiker und Dauerbrenner.

Zwei Jahre nur hielt die Verbindung zwischen Vox und Stolec & Schroder, dann kamen wieder Fachleute ins Spiel. CBS Arbiter, der englische Importeur von Fender, kaufte Vox auf, Tom Jennings wurde als Berater engagiert und die Produktion in die Gebäude von Arbiter verlegt, wo u. a. wiederum eine neue Version des AC30 geboren wurde, bei der sich Schmerzliches ereignete: Aufgrund der immensen Stückzahlen, die beide Vox-Hersteller in England und den USA absetzten, bekam Celestion Probleme, die benötigten Stückzahlen zu bauen; zudem konnte aufgrund einer Erhöhung des Preises für Kobalt, das man zur Herstellung von Alnico-Magneten benötigt, der Preis für die Lautsprecher nicht gehalten werden. Also wechselte man auf Celestion G12M-Typen, die mit Keramik-Magneten ausgerüstet waren.

Das Programm von Vox England Ende der 60er Jahre
Das Programm von Vox England Ende der 60er Jahre

Dieses Material war nicht nur neu, sondern auch günstiger zu bekommen. Natürlich änderte sich der Klang der neuen Verstärker und Boxen, und Musiker vermissten die Klarheit und den tonalen Reichtum, den man noch von den alten AC15- und – 30-Verstärkern im Ohr zu haben glaubte.

Außerdem wurde den Amps mehr Leistung abgefordert, um die gleiche Lautstärke zu erbringen wie die alten AC-Modelle. Die Musik-Szene hatte sich in den späten 60er und frühen 70er Jahren drastisch geändert, und ebenso die Sounds, die die jetzt aktuellen Hitparaden prägten.

Längst war nicht mehr der cleane Ton eines Verstärkers gefragt, sondern es musste möglichst ein Röhrenverstärker sein, der zu verzerren in der Lage war. Kein Wunder, dass die aktuellen Vox-Transistor-Verstärker bei den Profis nun weniger Anklang fanden. Vielmehr spielen sich nun andere Marken in den Vordergrund: Hiwatt, Orange und vor allem Marshall – perfekt in Szene gesetzt von Bands wie Cream und natürlich der Jimi Hendrix Experience.

Ein reiner Transistor-Vox: Der Virtuoso
Ein reiner Transistor-Vox: Der Virtuoso

Da zudem auch die amerikanischen Marken wie Fender und Ampeg auf den europäischen Markt drängten, blieb für den einst führenden europäischen Hersteller bald nur noch ein Randgruppen-Dasein übrig.

Doch gelang Vox in dieser Zeit ein großer Coup: die Zusammenarbeit mit einem der interessantesten neuen Gitarristen, Brian May von Queen! Er bewies der Welt, dass ein AC30 nicht nur glockengleich oder twangig klingen kann, sondern auch Rock-Potenzial in sich trägt!

1973 erschien das erste Album von Queen und schrieb Musik- und AC30- Geschichte. Drei Jahre später waren Status Quo zur Stelle und bewiesen mit Hilfe mehrerer AC30s, dass der Rock ‘n‘ Roll noch lange nicht tot war.

Mit dem AC120 entwickelte CBS Arbiter das wohl schwerste Kaliber, das unter dem Label Vox jemals erschien. Entwickelt, um dem Fender Twin Reverb Paroli bieten zu können, war dieser Amp mit zwei MacKenzie-Speakern ausgestattet; es gab einen Federhall und einen variabel einstellbaren Distortion-Effekt sowie einen Fünfband-Equalizer.

Kommerziell war dieser Amp ein Flop, und nach sechs nicht einfachen Jahren, in denen u. a. der kleine batteriegetriebene Escort und der günstige AC30SS, ein reiner Transistor-Amp im Look des Röhren-Bruders, entwickelt wurden und man sich auch erfolgreich in der Produktion von Gitarren-Effekten versuchte – ein neues Wah-Pedal und der Tone-Bender, hergestellt von der italienischen Firma Jen kamen auf den Markt – verkaufte CBS Arbiter den kränkelnden Patienten an Rose Morris, eine Firma, die vorher für die große Konkurrenz Marshall als Vertrieb fungiert hatte.

Vox WahWah

Rose Morris erwarb nicht nur die englische, sondern von der Thomas Morgan Company auch die amerikanische Seite von Vox. Tom Jennings sollte diesen merkantilen Schachzug jedoch nicht mehr miterleben; er verstarb an einem Herzinfarkt, den er 1978 hinter dem Steuer seines Jaguar E erlitt.

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Die Achtziger: VOX vs. Marshall

Es passierte relativ wenig bei Vox um 1980: Immerhin setzte sich Rose Morris das hehre Ziel, gegen Marshall ins Feld zu ziehen – in vorderster Front mit dem V.125 Lead, einer Weiterentwicklung des AC120 als reines Topteil, das auf einer starken 2×12″-Box saß.

Für Bassisten wurde der V.125 Bass vorgestellt. Weitere Vox-Errungenschaften unter der Ägide von Rose Morris waren der Super Twin (20-Watt-Transistor-Amp), die Escort50-Serie und der kleine V.15, ein Röhren-Amp mit 2×10″-Bestückung, und der Climax, eine Weiterentwicklung des V.125 mit einem richtig guten Sound.

Schnell war das Wah-Pedal einer der wichtigsten Gitarreneffekte überhaupt und ist es bis heute geblieben.
Schnell war das Wah-Pedal einer der wichtigsten Gitarreneffekte überhaupt und ist es bis heute geblieben.

Doch all diese Amps konnten weder Marshall noch dem Highlight aus dem eigenen Stall, dem AC30, kommerziell gesehen das Wasser reichen. Dieser alte, schon längst legendäre Verstärker wurde natürlich immer noch produziert, jetzt mit zwei Reihen Platinen und Fane-Lautsprechern. Große Probleme kamen jedoch auf Vox und den AC30 zu, als man begann, Röhren von neuen Lieferanten aus Russland zu verwenden. Diese Röhren waren minderwertig und nicht in der Lage, die hohen Arbeitsbereiche, die ihnen solch ein Class-A-Amp zumutete, auszuhalten.

Viele Verstärker, insbesondere die in die USA exportierten, waren innerhalb kürzester Zeit defekt, und es brauchte eine relativ lange Zeit, bis der Fehler gefunden war. In der Zwischenzeit kam man 1982 auf die glorreiche Idee, wieder Gitarren zu produzieren, Custom- und Standard-Serien, die nun in Fernost hergestellt wurden.

Gänzlich anders aussehende Transistor-Amps wurden mit der Venue-Serie 1984 vorgestellt und mit dem GT100 auch ein Akustik-Gitarren-Verstärker.

Die Venue-Serie war überraschenderweise recht erfolgreich und Bands wie The Smiths und The Style Council fanden ihren Sound mit diesen eher ungewöhnlichen Verstärkern, so dass man kurzzeitig sogar daran dachte, die Produktion des AC30 einzustellen!

Vox Panels

Zu teuer und zu kompliziert erschien Rose Morris damals die Fertigung des Klassikers. Erst unter Zuhilfenahme eines ehemaligen Marshall-Konstrukteurs wurde ein Re-Design des immer noch erfolgreichsten Verstärkers der Firma durchgesetzt.

Die gesamte Schaltung wurde nun auf einer Platine untergebracht, ein Minimum an Freihand-Verdrahtung sorgte für eine verkürzte Fertigungszeit, außerdem wurde das Chassis stabilisiert und ein Standby-Schalter integriert. Die Bemühungen, sich an den erfolgreichen Firmen des Marktes zu orientieren, waren spürbar, aber nicht unbedingt von Erfolg gekrönt. So sollten die beiden neuen Röhrenverstärker Concert 501 und 100 zum einen an den AC15 und zum anderen an Marshall anknüpfen, was beiden aber in keiner Weise gelang.

Die Schar der Headbanger stand eben nicht auf das Rauten-Design, sondern auf die kühle, schwarz-lauernde Optik des anderen großen, englischen Herstellers, der Vox die Pole Position als führender Amp-Produzent Englands längst abgejagt hatte. Die Rocker wollten Marshall, und daran hat sich bekanntlich bis heute nichts geändert. Die marktbeherrschende und innovationsfreudige Vormachtstellung der 60er hatte Vox bereits in den 70er Jahren leichtfertig vertändelt, indem man nicht auf das Wesentliche gesetzt, sondern in die Breite produziert und viel Energie, Zeit und Geld in kurzlebige Trends und auch in die nicht erfolgreiche Gitarrenproduktion verschwendet hatte.

Immerhin investierte Rose Morris noch einmal kräftig und erwarb Ende der Dekade Teile von Precision Electronics, um eine neue Serie von Transistor-Verstärkern, aber auch AC30s produzieren zu können. 1989 installierte Rose Morris schließlich die Vox Amplification Ltd., eine Abteilung, die sich ausschließlich um die Entwicklung und Verbesserung der Vox-Verstärker kümmern sollte.

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Die Neunziger: Dick Denney & die AC30 Limited Edition

Die 90er Jahre begannen mit einer kleinen Sensation, denn Vox Amplification Ltd. holte Dick Denney, den Techniker der ersten Stunde, wieder zurück ins Boot: zur Präsentation des neues AC30, der nun genau so klingen sollte wie das Original aus den Sixties und AC30 Limited Edition genannt wurde. Celestion war auch wieder dabei, mit ihren G12M-Lautsprechern.

Genau 1000 Stück, wahlweise in schwarzes oder blondes Kunstleder gehüllt, wurden 1990/1991 davon gebaut, die allerdings nicht den Anspruch hatten, technisch reine Kopien der alten Originale zu sein. Vielmehr hielt man sich an die meisten modernen Standards, die in den vergangenen 20 Jahren entwickelt worden waren und verbesserte nur die wenigen negativen Eigenschaften, wie z. B. das Nebengeräuschverhalten. Zum ersten Mal in der Geschichte von Vox hatte man bei diesem Projekt nicht nach vorne, sondern zurück geschaut – in die eigene Historie, und war dort fündig geworden.

Die Nachfrage war so groß, dass die limitierte Serie binnen kurzer Zeit ausverkauft war und man sich kurzerhand entschloss, eine sogenannte Vintage-Serie nachzuschieben, die technisch auf der Limited Series aufbaute, aber mit Hall bestückt sowie auch als Top mit 4×12″-Box erhältlich war. Zusätzlich zur Limited- und Vintage-Serie gab es zudem noch den AC30 Collector, der komplett in ein naturbelassenes Mahagoni-Gehäuse gebaut war. Der Schritt zurück war die beste Entscheidung, die die Vox-Macher damals hatten machen können; es war der Schritt in die richtige Richtung, denn die Musiker interessierten nur die alten Vox-Sounds und nichts anderes.

AC30C Limited Brian May vor der Royal Albert Hall
AC30C Limited Brian May vor der Royal Albert Hall (Bild: Klaus Schmidt)

Nachdem in den 80er Jahren die Vormacht von Marshall fast schon erdrückend wirkte, entdeckten zahlreiche neue Bands mit erfrischend innovativ klingenden Gitarristen das Potenzial der Vox-Verstärker, insbesondere das des AC30. The Edge von U2, Johnny Marr von den Smiths, Peter Buck von R.E.M., Frank Black von den Pixies, Billy Corgan von den Smashing Pumpkins, Noel Gallagher von Oasis, Curt Cobain von Nirvana, Bernard Butler von Suede, Dave Grohl von den Foo Fighters und viele andere durchpflügten die Hitparaden und Konzertsäle der Neunziger mit dem hellen, durchsetzungsfähigen und typisch britischen Sound des AC30, während gestandene Künstler wie Tom Petty und Mike Campbell, John Jorgenson, Snowy White, Francis Rossi oder Brian May ihre alte Liebe zu diesem Stück Rock-Geschichte nie hatten rosten lassen und wie in den alten Tagen einen oder mehrere AC30 gleichzeitig live und im Studio benutzten. Wenn man mehrere AC30s mit dabei hatte, dann war das durchaus von Vorteil, denn so hatte man immer Ersatz auf der Bühne!

Denn die sensible Class-A-Schaltung dieser Amps forderte häufig ihren Tribut; und jedes Rauchzeichen, das nicht selten aus einem heißgelaufenen AC30 aufstieg, war Wind in den Segeln neuer Firmen, die das alte Schaltungskonzept von Dick Denney aufgriffen und es in professioneller und roadtauglicher Manier präsentierten.

Matchless z. B. schuf daraus fantastisch klingende Verstärker, die in ihrer Klangqualität an das Zeitlose eines guten AC30 heranreichen, ohne aber die Ausfälle zu produzieren, zu denen ein alter Vox-Amp immer in der Lage ist.

Auch heute noch werden Amps auf der Grundlage der AC15- oder AC30-Schaltung gebaut und erfreuen sich großer Beliebtheit, nicht zuletzt weil die Verarbeitungsqualität der neuen Vox-Amps deutlich verbessert worden war. Verantwortlich dafür war ein erneuter Besitzerwechsel, der 1992, im Jahr, als Nirvana mit ,Nevermind‘ an die Spitze der Pop-Charts schoss, vonstattenging.

Reissues von Vox

Rose Morris verkaufte sich und alle seine Tochterfirmen an den japanischen Konzern Korg Inc. und wurde in Korg UK umbenannt. Längst hatten die Fachleute erkannt, dass das Potenzial der Vox-Amps vor allem in seinen Vintage-Werten zu suchen ist. Also brachte man 1993 wiederum einen neuen AC30 auf den Markt, so nahe wie in einer Serienproduktion möglich an Vintage-Spezifikationen orientiert, u. a. wieder mit einem Röhren-Gleichrichter und den legendären Blue-Bulldog-Lautsprecher – vielleicht der Garant dafür, dass sich ein AC30 in den unterschiedlichsten Musikstilen zu Hause fühlen kann.

Natürlich wurde auch dieser AC30 ein Verkaufserfolg, der seine Macher dazu animierte, drei Jahre später eine Neuauflage des AC15 in die Regale zu stellen, aufgepeppt mit Hall, Master-Volumen und Klangregelung.

Diese Verstärker wurden im übrigen im Marshall-Werk gebaut, ein Verhältnis, das immerhin bis 2004 andauerte. Dort kam auch der Kontakt mit dem damaligen Marshall Cheftechniker Steve Grindrod zustande, der später zu Vox wechselte, heute Managing Director von Vox R&D ist und für alle neuen Entwicklungen verantwortlich ist Doch nicht nur die alten Klassiker wurden belebt, sondern auch das Gut-&-Günstig-Sortiment ständig erweitert. Der Pathfinder, benannt nach einem alten Vox-Amp, ist ein 15-Watt starker Übungs-Amp auf Transistor-Basis und erschien gleichzeitig (1998) mit Valve-Tone- und Distortion-Booster-Pedalen.

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Vox heute

Das neue Jahrtausend begann mit der Erweiterung dessen, was mit dem Pathfinder angefangen hatte: es folgte eine Serie günstiger und guter Verstärker wie der Cambridge 30 und der 30 Reverb Twin. Auch die Bassisten wurden bedient: Der T-25-Bass-Combo präsentierte wie die Aggregate für die Gitarristen klassische Vox-Optik mit moderner, günstiger Halbleiter-Technik. Dies ist natürlich kein Stoff für den alten Vox-Fan, aber es sind Brot-&-Butter-Produkte für einen Hersteller, der sich damit finanziellen Rückhalt sicherte, um weitere Experimente und aufwendige Klassiker-Reproduktionen in die Wege leiten zu können.

Denn die Amps, die Hellecasters-Gitarrist John Jorgenson 2001 auf der NAMM-Show demonstrierte und die Valvetronix genannt wurden, waren das erste erkennbare Ergebnis der modern ausgerichteten R&D-Abteilung von Vox, mittlerweile eine eigene Abteilung von Korg Europe und ab 2005 in England stationiert.

AC30CC: Very british, trotz Made in China
AC30CC: Very british, trotz Made in China (Bild: Klaus Schmidt)

Amps mit digital erzeugten Sounds und interner Röhrenschaltungen verknüpften das große Wissen von Korg auf dem Gebiet der Sampling- und Datenverarbeitungs-Technik mit dem von Vox bezüglich Gitarren-Sound, dessen Verstärkung und passender Optik.

Man bekam als Fachjournalist, aber auch als Musiker, das Gefühl, dass sich bei Vox wieder etwas tut, dass gute Ideen gefunden und umgesetzt wurden, um diese Traditionsmarke wieder mehr in den Blickpunkt der Musiker zu rücken. Da war z. B. der VBM-1, jener kleine, preisgünstige Amp, der in Zusammenarbeit mit Brian May entstand.

Er beinhaltet einen auch separat nutzbaren Treble Booster, der im Zusammenhang mit einem großen AC30 den Grundstock für einen zünftigen Brian-May-Sound sorgen kann.

Parallel dazu wurden die sündhaft teuren Handwired-Modelle – AC30-Combo und -Top – vorgestellt, in denen auf jegliche Platinen-Verwendung verzichtet und die Vintage-Manie auf die Spitze getrieben wurde. Fantastisch klingende Amps, aber bei ihrem Erscheinen tatsächlich noch teurer als richtig alte Vintage-Vöxe. Mitte der ersten 2000er Dekade tauchte ToneLab auf, ein Desktop-Effektgeräte-Prozessor, der sich anschickt, selbst ein Klassiker zu werden.

Hochwertige, innovative Technik wie die Valve-Reactor- und die Valvetronix-Sampling-Elemente machen das ToneLab zu einem mehr als ernsthaften Konkurrenten auf dem Gebiet der Multi- und Modeling-Effekte, bzw. -Preamps.

In der Valvetronix-Schaltung versieht mindestens eine Röhre ihren Dienst, so auch in den neuen Cooltron-Effektgeräten, batteriebetriebenen Pedalen der gängigsten Effekttypen – und auf Anhieb ein Erfolg! 2005 dann die Sensationsmeldung: Korg verlegt einen Großteil der Vox-Produktion nach China! Und zwar sollte hier nicht nur die mittlerweile deutlich aufgestockte, günstige Pathfinder-Serie produziert werden, sondern auch die heilige Kuh des Herstellers, der AC30!

Den Vintage-Fan schüttelte es, alle anderen warteten gespannt auf die ersten AC30 Custom Classic (CC), die schon bald zu einem sensationellen Preis in den Läden standen. Und die in den ersten, eilig niedergeschriebenen Tests der Fachzeitschriften tatsächlich einen glänzenden Eindruck hinterließen! Innerhalb kurzer Zeit erscheinen diese Amps schon auf unserem Markt allseits akzeptiert.

Neben dem kleinen DA-5 werden schon bald AC50- und AC100-Classic-Plus-Topteile, -Combos und -Boxen vorgestellt, und das chinesische Werk ist durchaus auch in der Lage, spezielle Aufträge zu erfüllen – wie z. B. den AC30 Brian May, einen auf den normalen Kanal reduzierten aber durch einen Treble Booster erweiterten Combo und exakt dem AC30 nachempfunden, dem der Queen-Gitarrist seinen markanten Sound zu verdanken hat. 2007, also dem Jahr, in dem der Hersteller mit Stolz auf 50 Jahre bewegte Geschichte zurückblicken darf, bleibt jedoch der Rekreation ganz ursprünglicher Vox-Designs vorbehalten.

Zum Start der neuen Heritage-Collection-Serie werden zwei äußerlich unterschiedliche AC15-Combos sowie ein AC15 Top samt Box vorgestellt, die in Optik, Schaltung und Sound den ersten Modellen, die Dick Denney damals für Tom Jennings schuf, in allen Details entsprechen und zusätzlichen einen zweiten modernen Sound liefern. Wir dürfen sicher sein, dass die Heritage Collection im Lauf der Zeit noch deutlich Zuwachs bekommen wird, denn wenn Vox eins hat, dann ist das ein aufregendes, bewegtes und bewegendes Erbe.

Text: Heinz Rebellius

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Vox Gitarren? The History of Vox Guitars

Mit Vox-Verstärkern verband man in den 60er Jahren „The King of the Beat“, wie es die hauseigene Werbung so treffend suggerierte. Aber Gitarren aus dem Hause Vox? Ja, es gab sie tatsächlich und das gleich in so mannigfaltigen Modellvariationen, dass man sich fragt, wer denn all diese größtenteils sehr eigenwilligen und ungewöhnlichen Instrumente wohl gekauft und gespielt hat? Und: Wo sind sie alle bis heute abgeblieben?

Vox-Gitarren müssen wohl im ewigen Nirvana verschwunden sein, vergraben in jener letzten Ruhestätte für legendäre Instrumente, nach der Vintage-Sammler bis heute immer noch vergeblich suchen.

Klar ist indes, dass die Gitarren aus dem Hause Vox gegenüber der Amp-Abteilung in den 60ern deutlich ins Hintertreffen gerieten. Wie überhaupt Gitarren made in England in dieser bewegten Zeit keine große Rolle spielten und von der übermächtigen Konkurrenz aus Übersee gnadenlos platt gemacht wurden. Am ehesten konnte sich da noch Burns behaupten, letztendlich jedoch auch nur als Randfigur im Spielfeld der großen Vier Fender, Gibson, Gretsch und Rickenbacker.

Aus historischer Sicht verwundert das etwas, konnten die Briten doch auf dem Verstärker-Sektor ein deutliches Wort mitreden. Denn was wäre die Rock-Musik ohne den charakteristischen Sound der britischen Marshall-, Laney-, Vox-, Hiwatt- und Orange-Verstärker?

Am ehesten erinnert man sich noch an die Phantom- und Mark-III-Modelle, da diese von namhaften Musikern in Szene gesetzt wurden. Aber der Rest? Mal Hand aufs Herz: Wer kennt überhaupt eine andere Vox-Gitarre, besitzt gar eine und spielt diese am Ende dann auch noch live? Ich denke, wohl die Wenigsten. Und das spricht dann doch irgendwie für sich selbst.

Text: klaus mad sugar schmidt

2016 überraschte Vox dann aber mit neuen Modelling-Gitarren, der Starstream Type-1.