Detlef Alder (GuitarPoint) in

Vintage Gitarren: Standpunkte, Trends & Tendenzen

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An dieser Stelle lassen wir in loser Folge Händler und Kenner des Vintage-Marktes über ihre Erfahrungen mit den begehrten alten Instrumenten berichten. Für die heutige Ausgabe besuchten wir GuitarPoint in Hessen.

Detlev mit einer schönen Gibson J200 von 1974
Detlev mit einer schönen Gibson J200 von 1974 (Bild: FRANZ HOLTMANN)

GuitarPoint Maintal

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Detlef Alder eröffnete GuitarPoint in Maintal bei Frankfurt im Jahre 2000 und setzte dabei von Anfang an auf Qualität: High-End, Custom Shop und Vintage waren die Begriffe, unter denen er sein Angebot nach und nach erfolgreich ausbaute. Wer etwa eine Custom Shop Les Paul oder eine Masterbuilt Stratocaster suchte, der war bei ihm an der richtigen Adresse. 2012 entschloss sich Alder aber, die Verträge mit Major-Brands wie Gibson und Fender auslaufen zu lassen, um sich seiner wahren Passion zu widmen: der Vintage-Gitarre. Mit Vintage-Instrumenten hatte er zwar von Anfang an zu tun und die für dieses heikle Geschäft nötige Erfahrung und Detailkenntnis war auch bereits vertieft erworben, dennoch verlangte der mutige Schritt eine gewisse Risikobereitschaft. Ist mit einer konstanten Nachfrage zu rechnen? Sind alte Electrics, Acoustics und Amps in guter Qualität kontinuierlich zu beschaffen? Ist ein solch spezielles Spartengeschäft auch langfristig erfolgreich zu etablieren?

Fragen wie diese sind inzwischen längst positiv beantwortet. GuitarPoint gehört heute zu den großen Vintage-Händlern in Europa. Jedes zum Verkauf stehende Instrument wird von Detlef persönlich ausgewählt und mit einer detaillierten Expertise versehen. Das „Instrument Profile“ enthält Beschreibungen sämtlicher Parts und garantiert deren Authentizität. Zum Lieferumfang gehört auch eine umfangreiche Fotodokumentation der gesamten analytischen Begutachtung. Gitarren, deren Bestandteile das Artenschutzgesetz tangieren, etwa ein Griffbrett aus Rio-Palisander, liegen natürlich auch CITES-Dokumente bei.

 

Das GuitarPoint Team: Fred, Petra, Kevin, Detlef und Robin
Das GuitarPoint Team: Fred, Petra, Kevin, Detlef und Robin (Bild: FRANZ HOLTMANN)

 

Detlef, wie bist du ins Geschäft gekommen?

Detlef Alder: Ich hab schon immer mit Gitarren zu tun gehabt, hab in Bands gespielt und da ich vom Beruf her Elektroniker bin, auch immer Reparaturen und Umbauten für Freunde und auch für ortsansässige Musikläden gemacht. Als dann ein befreundeter Musikhändler diese großzügigen Räumlichkeiten gefunden hatte, bot er mir an, ein Drittel davon zu übernehmen. Damals dachte ich, gut, dann machst du dort halbtags deine Reparaturen und zur Deko hast du ja deine eigenen Gitarren für die Wand, aber ein Verkauf war nie angedacht.

Dann kam alles anders!

Detlef Alder: Genau, die ersten Kunden kamen rein und haben gleich gefragt, was die Gitarren an der Wand kosten (lacht). Einige waren nicht zu verkaufen, andere schon, auf jeden Fall musste Nachschub her und es hat gerade mal drei Monate gedauert, da stand der Fender-Vertreter auf der Matte. Da ich also Fender hatte, musste ich natürlich auch Gibson haben. Es entwickelte sich so eine Eigendynamik und schon nach einem Jahr war ich Fender-Top-Händler. Der Laden wurde ja nicht größer, also hat man sich dann irgendwann spezialisiert und gemacht, was noch mehr Spaß brachte: also höherwertige Modelle, und am Ende dann nur noch handverlesene Custom-Shop-Geschichten.

Wann war dieses Stadium erreicht?

Detlef Alder: Etwa 2009 und da waren wir auch zwei Jahre lang führend mit der größten Auswahl an Custom-Shop-Instrumenten. Von Gibson und Fender waren immer 100 Exemplare präsent und unser Credo war damals schon: keine Kommission, nur Kauf. Das Zeug war immer schon bezahlt. Das hat dem ein oder anderen Vertriebsmitarbeiter nicht gefallen, weil man dann nicht abhängig ist und er einem nicht vorschreiben kann, was man noch alles nehmen muss. Dann kam der Vertriebswechsel bei Gibson, und man hat deutlich gespürt, dass denen die alten Positionen egal waren. Man musste palettenweise China-Verstärker nehmen, um Custom-Shop zu bekommen. Da hörte es dann auf, Spaß zu machen.

Und dein Körper hat dir den Stress übelgenommen.

Detlef Alder: Man rutscht da rein, das merkt man gar nicht. Im Dezember 2009 war aber klar, so kann ich nicht weitermachen …. Dann hat es einen Schlag getan. Ich lag da und mir war alles egal. Viereinhalb Monate war ich dann raus.

Der Laden lief aber weiter?

Detlef Alder: Ich hatte einen jungen Angestellten, der war 18, motiviert, und hat sein Ding ganz toll gemacht und meine Frau ist damals reingekommen. Ich hab denen zum Abschied gesagt: wenn einer reinkommt und was möchte, verkauft es halt. Alles was hängt, ist bezahlt. Das war ja das Schöne in dem Moment, und meine Frau hat dann Spaß an der Sache gefunden, gemerkt, was man sich da aufgebaut hatte. Vorher war das für sie nur dieses schwarze Loch, das ihren Mann auffrisst … Da hab ich dann gesagt: Ich mach jetzt wirklich nur noch das, was mir Spaß macht! Ich muss jetzt schon wieder lachen: Denn geplant war, nur noch halbtags zu arbeiten, nur Vintage zu machen und die Neuware langsam abzuverkaufen. So einfach war es dann aber doch nicht und ich war maßlos enttäuscht, wie ich als jahrelanger Fender-Top-Händler behandelt wurde … Das war alles scheißegal, die Zahlen müssen halt stimmen – und ich hab gemerkt, dass ich wirklich den richtigen Schritt gemacht hatte, als ich mich für Vintage entschied.

Nur noch das, was Spaß macht

Wie hat das Publikum deine Entscheidung aufgenommen?

Detlef Alder: Wir haben natürlich Kundschaft verloren, viele Custom-Shop-Leute sind aber in der Tat umgestiegen auf alte Instrumente, und haben mittlerweile auch all ihr Custom-Shop-Zeug zugunsten von Vintage-Sachen verkauft.

Was qualifiziert dich als Vintage-Händler?

Detlef Alder: Es gibt ja heute jede Menge Bücher und Informationen aus dem Internet, aber was unbezahlbar ist, das ist Erfahrung. Ein Beispiel: wenn jemand mit einer Strat zur Tür reinkommt, dann erkenne ich an der Dreitonlackierung schon das Baujahr. Meine Jungs kriegen schon immer die Krise – denn ich liege fast unfehlbar meist richtig.

Mit dem Austausch spezifizierter Detailkenntnisse im Netz lässt sich ja auch das Fälschen verfeinern.

Detlef Alder: Wie viele Leute haben schon gesagt: Detlef, du könntest doch eigentlich auch ein Buch schreiben. Ich sage: das würden dann aber leider auch die Verkehrten lesen. Aber eigentlich ist eh schon alles propagiert und bekanntgegeben in den Foren. Auf der einen Seite ist es schön, weil vor Fälschungen gewarnt wird, aber oft bricht über irgendwas auch ein Shitstorm los, was uns auch schon passiert ist. Aber im Großen und Ganzen begrüße ich die Foren, weil man oft vor Fehlentscheidungen gewarnt wird.

Was leider aber auch bitter nötig ist.

Detlef Alder: Wir entlarven die meisten Fälschungen. Das Überprüfen von Instrumenten mit Blacklight ist in aller Munde, ist aber absolut überbewertet. Es gibt heute Leute, die lackieren mit Beimischungen so, dass es nach zwei Wochen Blacklight-proof ist. Mit Schwarzlicht muss man viel Erfahrung haben und wissen, wie man das deutet, sonst ist das fast schon wie Handlesen. Ein komplettes Refin etwa, das vor längerer Zeit sehr gut gemacht wurde, kann man mit Blacklight allein auf keinen Fall deuten. Blacklight ist sehr hilfreich bei Ausbesserungen, lackierten Kopfplattenbrüche etwa.

Schwarzlicht-Theater

Zur Untersuchung, wenn du ankaufst, gehört Schwarzlicht aber schon?

Detlef Alder: Ja sicher, aber die Instrumente werden sowieso auch zerlegt. Wir dokumentieren und zertifizieren die Instrumente komplett. Ich stehe also voll dahinter, stehe dafür gerade, sonst würde ich auch nicht so viel Geld dafür ausgeben, denn alles hier ist ja bezahlt. Wir nehmen natürlich auch wieder in Zahlung, was von uns kommt.

Zertifikat hin oder her, sobald du das Instrument aus der Hand gibst, könnte ja schon wieder manipuliert werden. Kommt so etwas vor?

Detlef Alder: Wir haben vor einiger Zeit eine Strat zurückgenommen, mit Bilder-CD und Expertise und ich habe sie neu fotografiert auf der Website angeboten. Ein Fremder hat uns darauf hingewiesen, dass die Reiter nicht echt sind. Wie peinlich! Wie oft werden Vintage-Gitarren mal für ein Wochenende oder für Aufnahmen verliehen? Ab da hat dann ein Umdenken bei uns stattgefunden und wir müssen alles, und wenn es nur für einen Tag zum Test weg war, erneut auf Originalität prüfen …

Wir legen Wert darauf, dass alle unsere Instrumente komplett original sind.

Ich handle bis auf wenige Ausnahmen auch nicht mehr mit Refins. Und wenn mal irgendwo Schaller-Mechaniken drauf sind, dann bauen wir die zurück. Meistens ist dann ja ein Zusatzloch dazugekommen oder ein Loch erweitert worden, was die Gitarre nicht schlecht macht, aber eben weniger original, und das spiegelt sich im Preis wider und muss natürlich erwähnt werden.

Siehst du auch im Hochpreis-Segment heikle Sachen?

Detlef Alder: Da ich viel in der großen Liga einkaufe, ist klar, dass bei uns auch die teuren Fälschungen landen, sprich eine Flying V oder Burst, die schamlos in der €-200.000-Preisklasse und drüber angeboten werden. Als Mitte bis Ende der 1980er Jahre die Vintage-Preise explodiert waren, sind auch viele davon in Deutschland gelandet. Und wer damals eine so gefälschte Burst in der Meinung verkauft hat, dass die eh nicht mehr auftaucht, dem kann die CITES-Nummer jetzt bei einem möglichen Wiederverkauf einen Strich durch die Rechnung machen Wir erkennen bei einer solchen CITES-Untersuchung natürlich, ob es sich um einen Fake oder das Original handelt. Wenn man Glück hatte, handelte es sich dann nur um eine 52er mit Re-Top/Re-Neck-Umbau. Aber es waren auch komplette Fälschungen dabei. (Re-Tops, sogenannte Conversions, sind Les Pauls früher Jahrgänge, die mit Riegelahorndecken zu den begehrten ,Burst’ Les Pauls umgebaut werden. Bei einem Re-Neck bekommt die 52/53er Les Paul den etwas steileren Halswinkel der späteren Paulas – d. Vf.)

Bässe gehören auch zum Programm
Bässe gehören auch zum Programm (Bild: FRANZ HOLTMANN)

Früher war es auch noch leichter, Fakes an den Mann zu bringen.

Detlef Alder: Das Wissen um Fälschungen war noch nicht sehr verbreitet. In den 80ern hat es vielen Händlern gereicht, das Pickguard hochzuheben. Waren da drei einzelne Singlecoil-Fräsungen und kein Swimming Pool drin, dann war das Ding alt. Dass das aber ein Squier-JV-Body war, wurde nicht erkannt.

Klar, dass spätere Enttarnungen dann Enttäuschungen mit sich bringen.

Detlef Alder: Ja gut, aber z. B. diese Geige da hinten, die hat 1994 jemand als Refin gekauft. Die hat einen echten Fender-Hals, refinished, und da waren mal zusätzliche vier Bohrlöcher im Kopf, der Body ist ebenfalls refinished, aber das Pickguard ist nicht echt und auch sonst kaum noch was. Meine Frage ist dann: Was hat die damals gekostet? 3000 D-Mark? Ja, das sind 1500 €, das kriegst du heute allein für den Body oder für den Hals. Also, soviel zum Thema Vintage-Geldanlage: Selbst wenn jemand damals beschissen wurde, allein die echten Brocken sind ja schon sehr lohnend im Wert gestiegen. Jemand, der damals eine Burst für 15.000 D-Mark gekauft hat, bekam zwar nur das Re-Top von einer 52er, aber das Ding hat PAF-Pickups, und alle Teile sind echt. Wir haben sie ihm dann für 16 oder 17.000 Euro abgekauft.

Fakes werden immer besser

Was meinst du: Lässt das Faken wegen der größeren Sensibilität nach?

Detlef Alder: Nein, die Fakes werden nur immer besser. Inzwischen werde ich häufig auch von renommierten Händlern im Ausland um Hilfe bei der Identifizierung gebeten. Immer wieder stellt sich heraus, dass selbst jemand, der es eigentlich wissen müsste, wieder mal ins Fettnäpfchen getreten ist. Er wollte halt einen Schnapper machen und diese Burst schnell an Land ziehen, bevor es ein anderer macht.

Trau, schau, wem?

Detlef Alder: Als ich damals mit Vintage only anfing, habe ich oft gemerkt, dass es nichts nützt, wie toll die Ware an der Wand ist. Du hast gemerkt, der hat die Kohle auf der Tasche, aber das letzte Quäntchen an Vertrauen fehlte. Die entscheidende Frage ist: Weiß der Händler auch 100 Pro, dass das alles stimmt? Da hab ich dann gesagt: Die Gewissheit geben wir jetzt, ich steh dafür gerade − und zwar in Schriftform mit Doku inklusive DVD mit bis zu 500 Bildern, davon vielleicht 70 Schwarzlichtfotos.

n J200 von 1974 Lapsteels sind Detlefs Hobby
n J200 von 1974 Lapsteels sind Detlefs Hobby (Bild: FRANZ HOLTMANN)

Du erkennst diese Fakes übrigens schon am Klang

Das ist schon Wahnsinn bis hin zur letzten Schraube.

Detlef Alder: Selbstverständlich! Der Burst-M69-Pickup-Rahmen z.B. wird ja gebraucht als Paar mit € 10.000 gehandelt (!), weil er ja außer auf der Goldtop und der Burst nirgendwo anders drauf gewesen ist und deshalb extrem selten zu finden ist. Die Fakes davon werden immer besser! Und ich muss doch wissen, was die Brüder mir alles hier rein schleppen. Du erkennst diese Fakes übrigens schon am Klang – ich höre das, wenn man sie auf die Tischplatte fallen lässt. Und: 50erJahre-Plastik, im Plastikbeutel aufbewahrt, riecht nach Kotze. Auch das wird inzwischen schon nachgemacht … Oder die Schrauben für die Rahmen, die nur für drei Jahre bei der Burst und der Goldtop verwendet wurden, die sind bei einem Fake eigentlich nie dabei. Mit diesen Details muss man sich natürlich beschäftigen, wenn man 100-prozentige Auskünfte geben will.

Wie sieht es mit Bestand und Beschaffung allgemein aus?

Detlef Alder: Mittlerweile ist es leichter geworden, da wir uns einen guten Ruf erworben haben. Wir bekommen viel Ankauf-Anfragen und machen Angebote unter Vorbehalt der Originalität, der Kunde kommt dann natürlich mit der Gitarre in den Laden und wir gucken uns die näher an. Unser Vorteil ist eben, dass wir konkret ankaufen. Wir sagen demjenigen auch, die Gitarre ist das und das wert und dass er auf eBay vielleicht mehr bekommen könnte, aber ich bin Händler, muss auch was verdienen und gebe Garantie. Manche Sachen kaufe ich auch, weil ich sie einfach im Laden haben will, auch wenn klar ist, dass damit kein großer Gewinn zu machen ist. Wenn z. B. eine Flying V kommt, wird sie halt gekauft.

Wo hört denn für dich Vintage auf?

Detlef Alder: Etwa 1980. Bei Fender haben wir die Grenze aber strikt auf 1974 festgelegt, weil wir nachweisbar bis 1974 ganz tolle Fenders haben. Danach wird es extrem schwer, was Gutes zu finden. Bei Gibson war 1974 auch das Jahr, wo sie noch Sticker-Pickups und das letzte Jahr, in dem sie noch Mahagonihälse hatten. Aber auch danach gab es noch Gitarren von Gibson mit Daseinsberechtigung: Thin Lizzy z.B. haben damals nix Vintage gespielt. Sie sind in den Laden gegangen und haben neue Les Pauls gekauft. Die mit Maple Neck, und die haben den Sound auf Millionen von Platten geprägt. Aber grundsätzlich bevorzuge ich die Jahrgänge 1974 und älter.

Musst du dich überhaupt nach außen hin noch um Angebote bemühen?

Detlef Alder: Wir schauen nie in die Zeitung oder auf eBay, die Angebote werden schon an uns rangetragen. Ansonsten habe ich ja, da ich in den Staaten gelebt habe, dort ziemlich viele Bekannte und Freunde und ich fahre schon seit Anfang der 1990er regelmäßig auf die wichtigsten Shows. Teilweise bin ich zehn mal im Jahr da und Großeinkauf ist daher fast immer drüben angesagt.

Die 3000 bis 4000-€-Grenze

Wie viele Gitarren bringst du denn etwa von den Shows mit?

Detlef Alder: Wenn es wenig ist, sind es zwanzig, im Schnitt etwa fünfzig Gitarren. Händler, die ich schon seit 30 Jahren kenne und denen ich blind vertraue, bringen für mich, was ich vorab bestellt habe, zu den Shows. Das heißt nicht, dass es drü- ben billiger ist, im Gegenteil. Aber ich kann mir die besten und die leichtesten Instrumente aussuchen, habe viel mehr Auswahl und es gibt deutlich mehr cleanes, unverbasteltes Zeug. Das verkauft sich auch viel besser als Dinge mit Fragezeichen, und das gilt natürlich auch für den Wiederverkaufswert.

Late-60s-Gitarren können heute auch noch junge Musiker mit weniger Geld bezahlen …

Detlef Alder: Das ist die 3000 bis 4000-€-Grenze, man könnte sagen, die Custom-Shop-Preisklasse. Aber ich erwerbe eben ein Instrument, das schon 45 Jahre alt ist, das ein Gesicht hat, das sich schon geformt hat und da verzieht sich auch nix mehr. Witzig ist: Als ich früher noch überwiegend Custom-Shop-Gitarren verkauft habe, waren 60er-Jahre- und ältere Instrumente für mich Vintage. Wenn 70er-Inzahlungnahmen reinkamen, habe ich die arrogant nicht einmal angefasst – heute bereue ich das. Da sind manchmal Perlen von beiden großen Firmen dabei, die sind unglaublich – gerade bis zur magischen Grenze von 1974.

Die hauen auch beste Custom-Shop-Gitarren weg?

Detlef Alder: Da kommen Leute heute mit Custom Shop, Masterbuilt, von mir aus sogar tiefgefroren (lacht) und das alte Ding da von Baujahr ‘74, also angeblich ein schlechtes 70er-Jahre-Instrument, hebelt die nach allen Regeln der Kunst aus. Da staunen wir immer wieder. Das ist einfach altes Holz.

Auswahl an Höfner-Bässen
Auswahl an Höfner-Bässen marsh (Bild: FRANZ HOLTMANN)

Was ist mit Epiphone, Gretsch, Rickenbacker? Gibt es Vintage-Sleeper, die noch groß rauskommen werden?

Detlef Alder: Von Epiphone geht ein Modell, die Casino – und das wegen der Beatles-Assoziation. Bei Gretsch verkaufst du alles, was orange ist und einen Hebel hat. Die Falcon natürlich noch, die kaufe ich immer an und die verkaufen wir auch innerhalb einer Woche. Zum Teil zahlst du ja für ein neues Japan-Modell mit fingerdickem Hochglanzlack mehr, als für das alte Original. Rickenbacker ist schwierig, Guild ein noch traurigeres Thema.

Das bindet sich offenbar an Vorbilder?

Detlef Alder: Ja, eine Zeitlang gab es ein paar Indie-Kapellen, die solche Sleeper etwas populärer gemacht haben, aber der Zug ist auch schon wieder abgefahren.

Mich wundert, dass z.B. alte Nationals aus den 30er-Jahren so relativ günstig zu kriegen sind.

Detlef Alder: Da krieg ich total die Krise, denn davon bin ich auch Fan. Ich hab eine hier von 1939 für € 3000. Wenn ich dieses Ding heute neu kaufe, kostet es € 300 mehr, da aber habe ich eine 80 Jahre alte Gitarre. Ähnlich ist das bei alten Gibson Jazzgitarren. Ich habe zwei Super 400, eine Baujahr 1939 und eine Baujahr 1947, die Dinger sind absolut clean, die eine 12.000, die andere 13.000. Wenn ich so etwas heute im Custom Shop bestelle, würde das mehr kosten. Die jedoch sind älter und seltener als eine Burst, da steckt so viel Handwerkskunst und Liebe drin, Decke und Boden komplett geschnitzt, und du bekommst sie für eine lächerliche Summe, das steht in keinem Verhältnis.

Mag daran liegen, dass sich das ein Jazz-Musiker nicht leisten kann. Das ist ja ein Jahresverdienst! …

Detlef Alder: … das verdient kein Jazzer im Jahr. (lacht). Jazz-Gitarren sind ein Faible von mir, ich liebe diese Handwerkskunst, aber das steht in keiner Relation etwa zur Burst, die 250.000 kostet. Nur wurden die von Jimmy Page und Billy Gibbons gespielt und von den Jungs, die hier reinkommen, kennt keiner auch nur einen Jazz-Spieler, für die sind das dicke Omas. Aber für dieses untere Preisniveau sind das die wertvollsten Gitarren, die ich im Saal habe.

Guitar Point_Detlef Alder (1)
(Bild: FRANZ HOLTMANN)

Du hast da noch so eine Gruppe von, sagen wir mal JackWhite-Gitarren.

Detlef Alder: Jawoll, Kay, Airline, Supro, Harmony etc., billige Kaufhausgitarren. Die haben teilweise erstaunlich gute Pickups, oft von DeArmond oder auch von Gibson, die z. B. einen verworfenen Vorgänger des P-90 an eine Kaufhausgruppe verhökert haben. Obwohl die ihren eigenen Klang haben, ist der Jack-White-Zug aber auch schon wieder abgefahren, da die ja inzwischen auch teurer geworden sind und bei über 1000 Euro hört für viele der Spaß auch schon wieder auf.

Was meinst du, wo geht der Zug hin?

Detlef Alder: Wir kennen ja die Angst, dass die Jimmy-Page-Generation wegstirbt und der große Verfall einsetzt. Natürlich gibt es diese Zahnarzt-Kunden, die sich ihren Traum erfüllt haben, aber die letzten beiden Burst-Kunden bei mir im Laden waren unter 30. Überwiegend sind die Kunden bei uns wirklich unter 35 Jahren. Was die Tendenz angeht: Ich ärgere mich immer, wenn ich höre, der Vintage-Markt sei eingebrochen. Der Vintage-Markt ist nie eingebrochen! Der wurde einmal Ende der 1980er künstlich hochgepusht, doch dann ist das Kartenhaus eingestürzt und alles hat sich auf realistischer Ebene wieder eingependelt. Schlimm war, was danach kam, die Stagnation und Verunsicherung bis vor zwei/drei Jahren. Das haben wir aber jetzt überwunden, das Vintage-Business steigt ganz deutlich wieder an und zwar langsam, aber im gesunden Maß.

Du siehst also positiv in die Zukunft?

Detlef Alder: Auf jeden Fall!

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Kommentar zu diesem Artikel

  1. Interessant ist der stete Rummel um “Vintage Gitarren” allemal,da es ja vermutlich derzeit noch immer wohlhabende Käufer gibt,die diesen lukrativen Markt mit oft maßlos überteuerten Saiteninstrumenten unterstützen.Und dies sind dann kurioserweise Leute,die häufig sehr wenig bis gar keine Ahnung von alten Gitarren besitzen,jedoch ihr Ego,gleich mehrere hochpreisige “Vintage Gitarren” als ihr Eigentum zu bezeichnen,beruhigen können.Der ganze künstlich hochgejubelte Markt um immer teurer werdende “Vintage Gitarren” wird ganz sicher irgendwann einmal wieder völlig einbrechen,denn die Nachfrage nach bestimmten alten Gitarren bestimmt einzig der Markt,und wenn die “Saison” um überteuerte “Vintage Gitarren” vorüber ist,weil reiche Dentisten und Anwälte zukünftig viel lieber in Immobilien und Edelmetalle investieren,wird schnell klar werden,daß der Hype um die “Vintage Gitarre” dann vorbei ist.Auch eine alte Gitarre will gespielt werden,mag nicht im Tresor einer großen Villa in bester Wohnlage einstauben,und schon garnicht den Blicken echter Musiker auf Dauer entzogen werden! Da sind alte Gitarren ja sogar im Museum für die Öffentlichkeit viel besser aufgehoben,denn dort werden sie wenigstens beachtet,anstatt von einem reichen Gitarrensammler laienhaft versteckt zu werden.Gitarren sind ja allgemein dazu gebaut worden,um benutzt zu werden.

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