Göppingen-Stuhr-Connection

Test: Siggi Braun LKG Edition S-Vintage-Type SSS

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(Bild: Dieter Stork)

Siggi Braun ist in erster Linie bekannt für den Bau von Custom-Gitarren nach Kundenwünschen, hatte in der Vergangenheit aber auch bereits einige Kleinserien am Start und neuerdings auch eine limitierte Exklusiv- Auflage von S-Type-Modellen für den Händler LKG-Guitars in Gladenbach/Hessen.

So kam der auch unter dem Namen „Gitarren-Paradies“ bekannte Laden in den Genuss einer kleinen aber feinen LKG-Edition von gerade einmal drei (!) 60s Vintage S-Type-Gitarren, von denen eine bei mir auf dem Prüfstand steht. Achtung: Interessierte sollten nicht allzu lange überlegen …

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ERLESENE ZUTATEN

Wer den Göppinger Gitarrenbauer kennt, weiß, wie penibel er die Tonhölzer seiner Instrumente aussucht. So findet für den Body Rot-Erle Verwendung, die auch als Oregon-Erle bekannt und im westlichen Nordamerika beheimatet ist. Da wir es mit einer vintageorientierten Stra … äh, einem S-Modell zu tun haben, sind ergonomische Details wie Rippenspoiler und Armschräge natürlich Pflicht.

Die klassische Fiesta-Red-Nitrolackierung zeigt intensives Weather Checking bzw. Crackles und wurde nicht hochglänzend poliert. „NOS“ (New Old Stock) nennt Siggi Braun seine Finish-Variante.

Weather Checking (Bild: Dieter Stork)

In seiner höchst passgenau gefrästen Tasche wird der Hals aus kanadischem Ahorn alias Hard-Maple von vier Schrauben und einem Konterblech großflächig und zuverlässig gehalten. Das feinporige Palisandergriffbrett trägt 22 auf 1 mm Höhe abgerichtete, perfekt bearbeitete Jumbobünde. Ein besonderes Lob verdienen die verrundeten und polierten Kanten der Bunddrähte.

Perfekt bearbeitete Bundkanten, aber schlecht zu erkennende Sidedots (Bild: Dieter Stork)

Traditionelle Clay-Dots markieren die Lagen auf dem Spielfeld, Side Dots an der Sichtkante. Letztere werden allerdings von der Vintage-Tinted-Lackierung des Halses überdeckt, sodass sie aufgrund der Farbgleichheit nicht sonderlich gut zu erkennen sind. Über die vorbildlich aus- und auf optimale Saitenlage abgerichteten Kerben des GraphTech-Sattels erreichen die Saiten die geschmeidig und präzise arbeitenden Kluson-Vintage-Toplock-(Locking-)Tuner. Ein Butterfly Stringtree drückt die E1- und H2-Saiten in ihre Sattelkerben. Auch auf der Front der modernen Kopfplatte finden sich Weather Checkings.

Das dreilagige Pickguard ist mit einem ST-60-Singlecoil-Trio von Kloppmann bestückt, das per Master-Volume, zweier Tone-Regler für Hals- und Steg-Pickup und Fünfweg-CRL-Switch verwaltet wird. Die Potis kommen von CTS, ein Treble-Bleed-Schaltkreis am Volume-Poti minimiert Höhenverluste beim Absenken des Ausgangspegels. Der mittlere PU ist ein RWRP-Typ, dessen entgegengesetzte Wicklungen und Magnetpolarität im Zusammenspiel mit Steg- bzw. Hals-Pickup einen Humbucking-Effekt erzeugen.

Modellgemäß trägt die LKG-Edition-Strat – sorry, jetzt ist es mir doch rausgerutscht – natürlich ein Vintage-Vibrato, hier von Kluson/Diego. Der rückseitige Block besteht aus Stahl, der Hebel wird gesteckt, und dessen Drehmoment kann mithilfe einer seitlichen Madenschraube variiert werden. Eine Kunststoffplatte – ebenfalls dreilagig – deckt die rückseitige Federkammer ab, in der vier Zugfedern dem Saitenzug entgegenwirken. Eine fünfte Feder zählt zum Lieferumfang.

Beim vorliegenden Setup liegt die Basisplatte des Vibratos auf der Decke auf und verharrt dort selbst bei extremen Fingerbendings. Dennoch lässt sich das Vibrato komfortabel handhaben und gibt sich auch nach intensiven Einsätzen stimmstabil.

KLANGTRADITION

Über die Ergonomie einer klassischen S-Type-Gitarre muss ich hier sicherlich nicht großartig referieren, schließlich ist Leo Fender zu Beginn der 50er-Jahre damit ein Nobelpreis-würdiges Design gelungen. Siggi Braun hat die Korpusränder lediglich etwas weniger stark verrundet und den Rippenspoiler nicht so weit ausgeformt wie beim Original. Das C-Profil des Halses liegt auch dank der trefflich bearbeiteten Bundkanten höchst angenehm in der Hand, woran die Oberflächen von Halsrücken und Kopfplatte, die ich zwischen High Gloss und Satin einstufen würde, keinen unerheblichen Anteil haben.

Moderne Kopfplatte mit Kluson Toplock Tunern (Bild: Dieter Stork)

Das Schraubhalskonstrukt gibt sich äußerst schwingfreudig, spricht extrem direkt und spontan an, zeigt schnelle lebendige Tonentfaltung und beeindruckend ausdauerndes Sustain. Mit ihrer .010–046er Werksbesaitung – by the way mit sensationell niedrigem schnarrfreiem (!) Setup – klingt das LKG-Edition-Modell überraschend laut und kraftvoll, wunderbar ausgewogen, transparent, spritzig und obertonreich.

Bekanntermaßen zählt zur Produktpalette des in Stuhr bei Bremen beheimateten Andreas Kloppmann u.a. eine ganze Reihe von Strat-Pickups, die sich klanglich an unterschiedlichen Jahrgängen alter Originale orientieren. Das hier verwendete ST-60 stellt quasi das Allrounder-Set für diese Dekade dar und dürfte – soviel vorweg – auf einem S-Modell mit Erlekorpus und Palisandergriffbrett an Authentizität und klanglicher Flexibilität kaum zu übertreffen sein.

Ob clean oder heftig zerrend, zum Klangangebot der LKG fallen mir spontan die üblichen Verdächtigen ein, von Hank Marvin bis SRV und alle charakteristischen Sounds dazwischen. Am Verstärker macht das Kloppmann-Set deutlich, warum es zum beliebtesten des Herstellers zählt: Kraftvoller und ausgewogener 60s-Vintage-Sound von output-mäßig perfekt austarierten Einspulern.

Der Hals-Pickup punktet mit bluesig schmatzenden, voluminösen Bässen, warmen, prägnanten Mitten, klaren, glockigen Höhen und silbrigen Obertönen. Der Einspuler in der Mittelposition überzeugt derweil mit einem runden, kompakteren Klangbild und glockenklaren Mitten und Höhen – sehr schön für luftiges Strumming-Rhythmusspiel. Der etwas heißere Steg-Pickup fügt sich nicht nur pegelmäßig perfekt in das Kloppmann-Trio ein, sondern liefert knackige, spritzige Cleansounds mit drahtigen Bässen, knackigen Mitten und glasklaren, nicht übermäßig scharfen Höhen aber reichem Obertongehalt.

Während zerrtechnisch die Stärken der beiden Kollegen eher im Low- und Mid-Gain-Bereich liegen, meistert der Steg-Pickup High-Gain-Sounds mit luftiger Transparenz, präziser Saitentrennung und hohem Durchsetzungsvermögen. Von den In-Between-Klängen liefert die Paarung aus Steg- und Mittel-Pickup den typischen näselnden Sultans-Of-Swing-Sound, den man mit dem Namen Knopfler assoziiert, auch wenn dieser über die Jahre gerne sein Klangrevier gewechselt hat.

Dagegen näselt die Kombi aus Mittel- und Hals-Einspuler deutlich wärmer, behält jedoch die schimmernden Mitten und Höhen bei, die das Klangbild vital und luftig machen. Auch Eric Clapton hat sich seit den 70erJahren gerne dieser Pickup-Kombis bedient. Konstruktionsbedingt brummen die einzeln betriebenen Singlecoils im Zerrbetrieb. Dank des RWRP-Mittel-Pickups sind jedoch die PU-Paarungen in den Schalterpositionen 2 und 4 immun gegen Einstreuungen.

Die vorzüglichen dynamischen Eigenschaften der Siggi Braun LKG Edition S-Vintage Type SSS, die ja schon während des trockenen Anspielens deutlich wurden, kommen auch 1:1 am Verstärker zur Geltung, wo sich die Klangfarben und die Intensität der Verzerrung vorzüglich mit der Spielweise und dem Anschlag beeinflussen lassen. Auch das Volume-Poti erlaubt eine präzise Kontrolle des Verzerrungsgrades, und der Treble-Bleed-Schaltkreis hält Höhenverluste wirkungsvoll in Grenzen. Siggi Braun lässt die beiden Tone-Regler für den Hals- bzw. den Steg-Pickup arbeiten, was meines Erachtens mehr Sinn macht als die traditionelle Konfiguration.

RESÜMEE

Wirklich schade, dass die Auflage dieser LKG Edition Vintage Strat auf lediglich drei Exemplare limitiert ist. Was aber, wenn die Nachfrage alle Erwartungen des Herstellers und LKG-Guitars übertreffen sollte? Ja, schönes Eigentor! Notfalls bleibt ja immer noch eine Anfrage an Siggi Brauns Custom Shop.

Zur Gitarre: Kann eine echte Früh-Sechziger-Strat besser oder gar authentischer klingen als diese S-Vintage-Type SSS? Kaum vorstellbar. Hier hat Siggi Braun exzellente Tonhölzer, hochwertige Hardware und High-End-Pickups – nicht zu vergessen die mild gealterte Nitrolackierung – zu einer sensationell klingenden und spielbaren Gitarre vereint. Zudem lässt sie hinsichtlich ihrer Verarbeitung weder Fragen noch Wünsche aufkommen. Besser kann man das wirklich nicht machen. Obwohl … darf ich mir besser sichtbare weiße Sidedots wünschen?

PLUS

● Vintage 60s-Strat-Sounds vom Feinsten
● Schwingfreude, Dynamik & Sustain
● Qualität Tonhölzer & Hardware
● Kloppmann ST-60 Pickups
● Verarbeitung & Setup
● Spielbarkeit

MINUS

● Sidedots schlecht zu erkennen

(erschienen in Gitarre & Bass 12/2020)

Produkt: Gitarre & Bass 6/2023
Gitarre & Bass 6/2023
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Kommentar zu diesem Artikel

  1. Was sind denn das für gute „Neuigkeiten?“ Wer bitte,möchte hier ernsthaft lesen,daß es eine enorm teure „Strat“ von Suhr aus der heimischen Region gibt,von dieser gerade einmal lediglich 3 Exemplare existieren?!?

    Und der „Hammerpreis“ von immerhin rund 3.350,-€ scheint wohl kaum ein echter Anreiz, bzw. ein „Schnäppchenpreis“ für potenzielle Käufer zu sein.
    Ganz ehrlich,Suhr Gitarren in allen Ehren,aber für den Preis dieser besagten „Strat“-Custom aus Germany,würde ich stets ein hochwertiges Fender Stratocaster Custom Original aus den U.S.A. bevorzugen.Für satte 3.550,-€ gibt es ja bereits das Original mit besten Klangeigenschaften und edlen Hölzern,nebst exzellenter Hardware,inklusive eines stabilen Fender Hardshell Cases!
    Und unnötig künstlich erzeugte „Alterserscheinungen“,wie Lackrisse usw. bei einer hochpreisigen Elektrischen muß ich nun wirklich nicht „toll“ finden! Denn durch dieses „Malträtieren an einer Strat“ wird der Klang nachweisbar auch nicht besser!
    De facto,völlig unvorstellbar,daß z.B. die edle Karosserie eines sehr luxuriösen Neuwagens im ausgewählten Autohaus zuvor von den dortigen Beschäftigten/Verkaufsberatern vor der Ausstellung mit kräftigen Fußtritten und Eisenstangen demoliert wird.Kein geistig „normal“ veranlagter Kaufinteressierte würde solche eine hirnlose „Prozedur“ an seiner zukünftigen Edelkarosse jemals dulden!!!
    Aber einigen wenigen „Gitarristen/Sammlerfetischisten“ scheint ausgerechnet dieser mutwillige „Beschädigungs Akt“ an einer super teuren E-Gitarre scheinbar gut zu gefallen.

    Ich empfinde das einfach als absolut krank und völlig überdreht.
    Da lasse ich mich auf gar keine Diskussion ein.

    Das ist Fakt!

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