Spätzünder

Test: Fender Mustang & Duo-Sonic

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(Bild: Dieter Stork)

Spätestens Kurt Cobain holte die bis dahin nicht sonderlich beliebten Fender-Modelle Mustang und Jaguar aus ihrem Schattendasein. Aber auch die schlichte und kurzhalsige Duo-Sonic hatte mit Patti Smith, Liz Phair oder David Byrne durchaus prominente Spieler.

Historie: Von der 1956 als Schülermodell eingeführten Duo- Sonic gab es zwei Versionen, eine mit 57 cm und eine mit 61 cm Mensur. Billiger war nur noch die baugleiche Music­master mit nur einem Pickup. Bei diesen einfachen, aber funktio­nal gradlinig entworfenen Gitarren handelt es sich vom ganzen Bauprinzip her um typische Fender-Gitarren, also um ein Korpus­brett mit aufgeschraubtem Ahornhals. 1964 wurde das noch von Leo Fender selbst mitentwickelte Modell Mustang vorgestellt.

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Entworfen um die Lücke zwischen den Einsteigergitarren und den teuren Modellen zu schließen, verschaffte man ihm ein Vibratosys­tem ähnlich dem der Jaguar und der Jazzmaster und auch eine ähnliche elektrische Schaltung. Der Korpus entsprach dem der Duo-Sonic und ebenfalls beließ man es bei den zwei Single Coils mit weißen Kappen. Analog zur Duo-Sonic kamen anfangs zwei Versionen der Mustang mit kurzer und mittlerer Mensur auf den Markt. Die mit 57-cm-Mensur verschwand aber schnell wieder aus dem Programm.

ART OF SIMPLICITY

Die aktuellen Versionen der Mustang und der Duo-Sonic aus der Players Series wurden den heutigen Anforderungen angepasst und sind dank Fertigung in Mexiko natürlich immer noch dem Segment der preiswerten Fender-Gitarren zuzuord­nen. Hier zunächst die wichtigsten Spezifikationen im Rough Mix …

Mustang: Korpus aus Erle, aufgeschraubter Hals aus Ahorn mit Standard-C-Halsprofil. Griffbrett aus Pau Ferro von 9,5″ Radius mit 22 Medium Jumbo Bünden und weißen Punkt-Positionseinlagen. Skunk Stripe aus Nussbaumholz am Rücken (bei aufgeleimtem Griffbrett eigentlich nicht nötig – standardisierte Produktion). Zugriff auf Halsstab vom Kopf her. Große Kopfplatte mit „Transition“-Logo und Standard-Cast/Sealed-Mechaniken.

Die Saiten schwingen zwischen dem Sattel aus syntheti­schem Knochen und der 6-Saddle-Strings-Through-Body-Strat-Hardtail-Bridge mit gebogenen Saitenreitern aus Stahl in einer Mensurlänge von 610 mm.

6-Saddle String Through Body Strat Hardtail Bridge (Bild: Dieter Stork)

Auf ein drei-lagiges Mint-Green-Schlagbrett montiert, finden wir zwei schräg gesetzte Mustang-Singlecoil-Pickups in weißen Kappen. Master Volume und Master Tone auf kurzer Metallplatte mit Anschlussbuchse plus vorn unten auf das Schlagbrett gesetzten 3-Position-Toggle (anstelle der zwei früheren Schiebeschalter).

Der Korpus ist hochglänzend in Firemist Gold lackiert (Polyester), der Hals erhielt ein Satin Finish (Urethan). Alternativ ist die Gitarre auch noch in Sienna Sunburst und Sonic Blue zu haben. Überdies gibt es auch noch eine Mustang-Version mit zwei MP-90-Pickups.

Duo-Sonic: Korpus aus Erle, aufgeschraubter einteiliger Hals aus Ahorn mit schwarzen Dot-Griffbretteinlagen und Skunk Stripe aus Nussbaumholz am Rücken, C-Halsprofil, Griffbrettradius 9,5″,22 Medium-Jumbo-Bünde, kleine Kopfplatte mit „Spaghetti“-Logo und Standard-Cast/Sealed-Mechaniken. Sattel aus synthetischem Knochen, String-Through-Body-Strat-Hardtail-Bridge mit geboge­nen Saitenreitern, Mensur 610 mm.

Die komplett auf ein einlagi­ges Gold-Anodized-Pickguard montierte Elektrik umfasst zwei Duo-Sonic-Singlecoils mit weißen Kappen (Steg gerade, Hals, schräg angeordnet), Master-Volume- und Master-Tone-Regler, sowie den vorn unten auf das Schlagbrett positionierten 3-Wege-Schalter.

Der Korpus der Duo-Sonic ist in der Farbe Desert Sand hochglänzend deckend lackiert, ihr Halsrücken ist mit Satinlack, die Greiffläche mit Hochglanzlack versiegelt. Erhältlich ist das Modell auch in den Farben Tidepool und Seafoam Green. Es liegt auch noch eine Version mit HS-Pickup-Konfiguration vor, also Humbucker am Steg inklusive Split-Funktion.

KOMPAKT UND EIGEN

Diese speziellen Kurzhalsgiraffen haben ja doch ihren ganz eige­nen Charme. Natürlich standen sie wegen eingeschränkter Spiel- und Klangmöglichkeiten immer etwas hinter den großen Model­len zurück, die vor allem von solistisch orientierten Spielern mit Recht bevorzugt wurden und werden.

Strat und Tele machten also große Karriere, Jazzmaster und Jaguar taten sich da schon schwe­rer, gewannen aber wegen explodierender Preise der großen alten Modelle am Vintage-Markt zunehmend an Boden und selbst die ehemaligen Anfängergitarren mauserten sich.

Sie erlangten in alternativ musizierenden Kreisen sogar einen gewissen Kultsta­tus, da sie sich leicht spielten, ja durchaus auch anders klangen und man mit ihnen – Kurt ahead – dem etablierten Musikbetrieb irgendwie auch den Mittelfinger zeigen konnte. Schauen wir also mal, was die aktuellen Auflagen dieser viel zu oft auch als Girls’ Guitars geschmähten Kurzhalsmodelle zu leisten vermögen:

 

Der verkürzten 61-cm-Mensur zum Trotz fühlen sich unsere beiden Probanden bei jeweils 42 mm Sattelbreite zunächst einmal keineswegs fremd an. Zu Fenders 64,8 cm Standardmensur sind es vom Sattel bis zum ersten Bund gemessen etwa 2 mm Unterschied, zu einer Gibson-Mensur von 62,8 cm lediglich noch ca. 1 mm. Aufsteigend wird das natürlich immer weniger. Im 12. Bund sind wir im Fenderrahmen etwa bei 16 mm zu 16,7 mm. Dennoch ist zu spüren, dass der Raum für die Fingerplatzierung eingegrenzt ist. Für schlanke Finger kein Problem, es greift sich sogar auf bestimmte Art leichter, denn die Saiten haben bei gleicher Stärke weniger Spannung – ein Nachteil übrigens, wenn man gerne tiefer stimmt. Je kürzer der klingende Bereich einer Saite (Mensur), desto höher ihr Ton. Da die Frequenz einer Saite umgekehrt proportional zu ihrer schwingenden Länge ist, kann bei kürzerer Mensur die vergleichbare Tonhöhe also nur mit weniger Spannung erreicht werden. Natürlich ergeben sich dadurch auch Unterschiede in der Ansprache und Tonentfaltung. Die lange Fender-Mensur wird nicht ohne Grund für ihr gutes Attack-Verhalten gelobt und selbstredend ändert sich mit der Spannung auch das Obertonverhalten. Beiden Gitarren sind aber dank beachtlich gut gemachter Bundierungen und angenehm flach eingestellten Saitenlagen komfortable Spieleigenschaften zuzuschreiben.

Differierende Kopfplatten …
… und Griffbretter. Letztere sind seriös bundiert.

Wiewohl prinzipiell baugleich, ergeben sich aus den Faktoren Kopfplattengröße und Halsbeschaffenheit – Ahornhals mit Pau Ferro Griffbrett hier und einteiliger Ahornhals dort – doch deutliche Differenzen in der akustischen Tonumsetzung. Die Mustang besitzt mehr Tiefgang und Substanz, gibt sich aber auch vergleichsweise weicher und behäbiger, die Duo-Sonic wartet mit der ahorntypischen Präsenz und angriffslustigen Spritzigkeit auf. Da die Wahrheit wie immer auf dem Platz liegt, gehen wir mit den Schwestern jetzt mal für ein paar vergleichende Konfrontationen in den Amp.

Ein Pickup kann nur wandeln was er vorfindet, was nichts anderes heißen soll, als dass die zuvor schon gehörten Klangtendenzen prinzipiell auch elektrisch bestätigt werden. Allerdings haben wir es hier mit speziellen Tonabnehmern von recht niedrigem Output zu tun.

Die Mustang tritt über ihre schräg positionierten Singlecoils mit durchaus rundem und ausgeglichenem Klangverhalten an. Diese Singlecoils wandeln wie erwähnt eher zurückhaltend, sind nicht so laut. Wir heben die Leistung des Amps unwillkürlich etwas an, was dem Ton sofort auf die Sprünge hilft. Natürlich ist Fender drin, wo Fender draufsteht. Will meinen: das Klangbild ist hell und offen und da ist natürlich schon die charakteristische Kehle im Sound, ein Kern im Ton, der für Stringenz und Definition sorgt.

Die Ansprache ist nicht ganz so flott, wie das bei der großen Mensur der Fall ist, aber der Anschlag wird präzise umgesetzt und auch das Sustain kann sich durchaus sehen lassen. Akkorde bauen in klaren Amp-Positionen auf leichte Bässe, die von gut angeglichenen Mitten und stimmigen Höhen ergänzt werden. Das Klangambiente ist durchaus leichter, aber nicht so knackig und beweglich, verglichen mit einer Strat.

Die Mustang bietet auch ein etwas anderes Farbspiel mit luftiger Transparenz. In der Abteilung Clean bieten die drei Schaltstufen gut gestaffelte Sounds, sehr charaktervoll tönt auch die Mittelposition mit zusammengeschalteten Pickups. Im Overdrive sind knochig trockene Powerchords und schneidige Riffs zu haben. Lead-Sounds können sich auf eine saubere Artikulation und gute Tonfestigkeit stützen.

Knöpfen wir uns die Duo-Sonic vor, so wird die kühle, leicht nagelige akustische Information durch die kurze Mensur bei der elektrischen Tonwandlung kaum gemildert, alles ist auch etwas leiser und weniger plakativ als bei der Mustang. Allerdings hat das auch etwas angenehm Feines, harmonisch Transparentes und ist dabei sehr fenderisch. Akkorde werden haarfein und durchsichtig aufgelöst. Was zunächst spirrig erscheinen mag, ist eigentlich bestens abgestimmte Harmonie im Kleinformat.

Das kommt gut für rhythmisches Spiel über den Hals-Pickup und über die Kombination beider Tonabnehmer, besonders bissig und schneidend funky dann über den Steg-Pickup allein. Ein schlanker, feingliedriger Sound von Format. In Zerre hochgerechnet erscheint der mit kompakter, überraschend knurriger Attitüde im Bass und jeder Menge Twang. Da wir den Verstärker etwas höher ausfahren als mit Standard-Singlecoils, kommen wir auch zu etwas anderen Sounds. Die sind speziell, aber auch sehr schön brizzelig elektrisch. Setzt man sich damit auseinander, erhält man sehr ansprechende Ergebnisse.

Es geht dabei vielleicht mehr um klangfarbliche Aspekte, die im Band-Kontext aber hohen Sinn machen können, als um den Stellenwert als Soloinstrument. Obwohl auch da natürlich was geht, bleibt es bei den genannten Einschränkungen. So ist das eben mit einem starken Charakter, er muss nicht jedem gefallen, findet aber seine Liebhaber und Anwendungen. Wer mehr Lead-Kompetenz will, sollte wohl eher die Duo-Sonic HS in den Focus nehmen.

RESÜMEE

Erfreulich, dass von Fender auch im unteren Preissegment Gitarren von professioneller Güte angeboten werden. Nach wie vor eigenen sich die Modelle Duo-Sonic und Mustang wegen ihres leichten Zugangs bestens für den Einstieg ins Gitarrenspiel, aber längst haben sie sich von dieser Ebene auch emanzipiert und besetzen mit ihren speziellen Farben selbstbewusst ein Feld der etwas anderen, der alternativen Klangfindung. Obwohl der Akzent in Sachen Sound nicht zuletzt auch durch die speziellen Singlecoils etwas anders gesetzt wird, bleiben wir vom gesamten Ausdruck her doch eindeutig im Firmenkontext.

Die beiden Probanden liegen klanglich nicht sehr weit auseinander, ihre Sounds sind crunchy, bissig und frech, bei der Duo-Sonic nochmals verschärfter und im Overdrive ausgesprochen twangy, aber das müsst ihr euch besser selbst einmal im Vergleich anhören. Nicht zuletzt verfügen beide Modelle über toll gearbeitete Hälse mit einwandfreien Spieleigenschaften, so man sich auf die kurze Mensur einlassen mag. Summa Summarum: Die Fender-Modelle Mustang und Duo-Sonic überraschen mit stimmig auf den Punkt gezogener Überarbeitung und sind, nicht zuletzt auch gemessen am günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis, so gut aufgestellt wie selten zuvor.

PLUS

  • aktualisiertes Design
  • gutes Schwingverhalten
  • Singlecoil-Pickups
  • spezielle Sounds
  • Hals, Bundierung
  • Spieleigenschaften
  • Preis/Leistung
  • Verarbeitung

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2020)

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