Von allem nur das Beste

Kalamazoo Custom Shop: Heritage H-150 Custom Core im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Die Legende lebt! Heritage fertigt noch immer Gitarren unter der berühmten Adresse 225 Parson Street in Kalamazoo. Das aus Gibson-Tradition erwachsene Erbe wird in den alten Werkshallen nicht nur gepflegt, sondern heute auch mit altem Wissen, bestem Materialeinsatz und exakten Spezifikationen vom Heritage Custom Shop umgesetzt.

Die Heritage H-150 Custom Core aus der Custom Shop Core Collection ist in den drei Farben Dirty Lemon Burst, Dark Cherry Sunburst und Tobacco Sunburst in Vintage Gloss, auf Wunsch auch mit Artisan-Aged-Behandlung, erhältlich.

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VON ALLEM NUR DAS BESTE

Heritage will seine in der Custom-Core-Reihe vorgestellten traditionellen Designs durch die Verwendung hochwertiger Materialien auf ein neues Niveau heben. Das Modell H-150 repräsentiert dabei als altehrwürdiger Single-Cut-Klassiker all die charakteristischen Eigenschaften, die die Exzellenz der ikonischen Gitarren aus den späten 50er-Jahren ausmachten. So steht es jedenfalls zu lesen. Schauen wir uns zunächst einmal die konstruktiven Details an: Für den einteiligen Korpus fand ausgewählt leichtes Mahagoni Verwendung, das mit einer elegant gewölbten und von einem cremefarbenen Binding eingefassten Decke aus feinstem Riegelahorn kombiniert wurde. Am Halsansatz misst die Korpustiefe knapp 5 cm. Wenn nicht anders angegeben oder von Händlern geordert, wiegen alle H-150-Custom-Core-Gitarren kontrolliert weniger als 4 kg – das vorliegende Modell kommt auf 3,9 kg.

Premium Curly Maple Top (Bild: Dieter Stork)

Der in Höhe des 16. Bundes mit einem Halswinkel von 4,5° – Standard ist 5,5° – eingeleimte einteilige Hals aus Mahagoni mit „50s C-shaped Neck Profile“ erhielt ein mit Binding versehenes Griffbrett mit 12″-Radius aus Palisander aufgesetzt. Dieses gibt 22 höchst akkurat verarbeiteten und nach klassischer Methode kantenglatt mit Nibs des Bindings abgeschlossenen Medium-Jumbo-Bünden von Jescar sowie Acrylic-Trapezoid-Inlays Platz.

Palisandergriffbrett mit perfekter Medium-Bundierung (Bild: Dieter Stork)

Die konische Heritage-Kopfplatte ist im klassischen 17°-Winkel herausgeführt. Der mit geschwärztem Holz furnierte Kopf präsentiert das „Heritage“-Logo mit einem Twin-Arrow-Inlay als Custom-Shop-Motiv. Die geschlossenen 3+3-Mechaniken sind mit dem Heritage-Logo gelasert. In der modelltypischen Mensurlänge von 628 mm schwingen die Saiten zwischen dem sorgfältig eingerichteten Knochensattel und einer „Locking Tune-O-Matic Bridge“ mit konterndem Aluminum-Stopbar-Tailpiece.

Heritage-Kopfplatte mit Logo und Twin-Arrow-Custom-Shop-Motiv (Bild: Dieter Stork)

Elektrik: Bei den neuen 225-Classic-Humbuckern handelt es sich um von Edwin Wilson (Kopf der Heritage-R-&-D-Abteilung) entworfenen und im Haus mit AlNiCo-3-Magneten und 42 Enamel Wire gewickelten, Vintage-inspirierten Tonabnehmern, die genau auf die Heritage Custom Core H-150 abgestimmt wurden. Verwaltet werden die natürlich ganz klassisch: 2x Volume, 2x Tone plus 3-Way-SwitchcraftToggle-Switch. Das Wiring umfasst Custom-CTS-Potentiometer und Orange-Drop- .022uF-Kondensatoren.

Bleibt nur noch das schlichte cremefarbene Pickguard zu erwähnen. Bemerkenswert ist die mattierte Lackierung mit Nitrocellulose, die ein Vintage-Feel aufruft und der Gitarre subtilen Glanz verleiht. Das Modell wird in einem neu gestalteten Custom Shop Brown Case mit grünem Interieur geliefert. Darin ein Zertifikat und einige „Case Candies“.

(Bild: Dieter Stork)

HÖHER – SCHNELLER – WEITER

Ah ja – eine Les Paul also! Alles analysiert, jede Schraube geröntgt und doch noch was aktuell zu berichten hinsichtlich des immergrünen Erfolgs-Designs? Nun, die Variation ist ja ein hehres Prinzip der Musik. In ihr zeigt sich Meisterschaft, oder auch nicht. Heritage jedenfalls sollte beim Single-Cut-Design doch wohl wissen, worum es geht. Tatsächlich erinnert der exzellent zu spielende Hals der Custom Core H-150 mit seinem vollrunden Profil an jene der 50erJahre. Halsprofile sind ja bekanntlich Geschmacksache, aber wenn rund, dann bitte so wie hier! Bei angenehm flach eingestellter Saitenlage schwingen die Saiten in allen Positionen frei und ebenmäßig aus. Die perfektionistisch abgerichtete Bundierung sorgt überdies für uneingeschränkt elegante Spielbedingungen.

Hammer aber ist die Geschlossenheit und harmonische Abstimmung, mit der Akkorde schon unverstärkt zum Ohr kommen. Transparent aufgelöst in bestens separierte Stimmen, auf wohldosierte Bässe gründend, fügen sich die Mehrklänge mit warm zentrierten Mitten und silbrigfreien Höhen zu einem Wohlklang, der irgendwie nach Heimat schmeckt. Zumindest wenn klassische Sounds im Zentrum des Interesses stehen. Immerhin bewegen wir uns im Herzbereich des elektrischen Gitarrenbaus und keine Frage: Eine gute Les Paul ist eine gute Les Paul. Nun, der Gibson-Bezug ist hier eigentlich nicht erwünscht, aber die prinzipielle Herkunft schon vom Produktionsstandort her ja kaum zu leugnen. Kann, was akustisch so vielversprechend begann, in der elektrischen Umsetzung enttäuschen? Gleich wissen wir mehr!

Ausgeglichene PAF-style-225-Humbucker (Bild: Dieter Stork)

Die 225-Humbucker sind traditionell orientierte PAF-style-Pickups, messtechnisch untereinander vollkommen ausgeglichen und von maßvollem Output. Der Hals-Pickup übersetzt profund und souverän, vermittelt frequenztechnisch sehr schön aufgeräumte Sounds von beeindruckender Transparenz. Von der Farbgebung her authentisch, zeigt das Timbre der Gitarre über ihn diesen besonderen Glanz mit einem Tiefgang, den nur tiefe Kenntnis der Materie zu erzeugen vermag. Nicht nur ist alles da, was es braucht, es fügt sich auch zu absolut harmonischer Rundung. Der Wohlklang bei klar eingestelltem Amp umfasst weich abrollende Akkorde und Arpeggien ebenso, wie prachtvoll ausgebaute Einzelnoten, die sich wunderbar elegant, wie von innen beatmet strecken. Tiefgründig, farbreich und doch gefasst und griffig. Schon Clean ein Sound mit Suchtfaktor.

Im Overdrive hält die Custom Shop H-150 über ihren Hals-Pickup dann erst recht, was sie zuvor schon versprach: schnalzend wird der Anschlag in Szene gesetzt, gefolgt vom sich geradezu aufblühend entfaltenden Ton, denn auch in Sachen Sustain liegt diese Gitarre weit vorn. Auch wenn wir das bei guten Single-Cut-Designs eigentlich immer voraussetzen können, ist doch die Qualität und Ebenmäßigkeit im Schwingverhalten hier besonders hervorzuheben. Der ungemein fest und vokalartig artikulierende Ton reagiert präzise und schnell auf den Anschlag und steht weit vorn. Süffig bersten die cremigen Linien mit schmatzendem Akzent unter den Fingern weg, alle spieltechnischen Aktionen werden gestochen scharf und mit Saft und Kraft umgesetzt. Das ist Gourmet-Qualität – fabelhaft.

Gehen wir auf den Steg-Pickup, so erweist dieser sich als deutlich kompakter im Ausdruck, auch geht es vom dynamischen Niveau her etwas zurück – da könnte man über die Höheneinstellung der Pickups wohl noch mehr Ausgleich erzielen, aber das nehmen wir jetzt erst einmal hin, denn was wir hören, ist wiederum nicht weniger als umwerfend. Obwohl nun deutlich enger gefasst, lösen sich die Akkorde wunderbar geschmeidig in ihre Stimmen auf: straff im Bass, perfekt angepasst in den nicht zu dominanten Mitten und vervollständigt von vorzüglichen, silbrig gerundeten Höhen. Das ist einerseits von beeindruckender Eleganz, aber setzen wir den Anschlag fester, so hat das andererseits auch sofort wieder ungeheuren Grip. Man kann Akkorde offen strahlen, oder auch angriffslustig zubeißen lassen. Das ist allein mit dynamisch eingesetztem Plektrum bestens zu steuern.

Im Zerrkanal ist zunächst die kompakt griffige Umsetzung von Powerchords, Riffs etc. zu loben. Mit enormer Stringenz, aber auch pointierter Kraft wird hier die Faust geballt. Beim Akkordspiel unter Dampf begeistert das effektive Wechselspiel von perkussiv markanten Bässen und geschmeidig anschmelzenden Höhen. Wiederum ist auch hier die Dynamik zu loben, mit der dem luftig abfedernden Ton facettenreiche Gestalt und obertonsatte Farbe abzugewinnen ist. Mit knapp gefastem Pick sind kraftvolle Pinch Harmonics natürlich leicht aufzurufen. In höheren Zerrgraden streben bei gehaltenen Noten harmonische Obertöne auch gerne anmutig gen Himmel.

Wie eigentlich immer ist auch der Kombination beider Pickups noch ein lichtes, offen perlendes Klangbild zu entreißen, das sich zwischen den Polen mit gutem Ausgleich eingerichtet hat. Etwas kehliger im Gesamtausdruck ist das ebenfalls noch ein Sound von ganz eigener Klasse und der macht sich in allen Amp-Positionen mit Glanz und Crunch ausgesprochen gut.

Die Attraktivität all dieser Sounds gründet auf dem Ende der 50erJahre gefundene und unsere Hörgewohnheiten prägende Klangbild, dem allerdings dann erst in den 60er-Jahren mit entwickelter Overdrive-Kultur sein volles Potential abgewonnen wurde. Obwohl tausendfach kopiert, ist es doch erstaunlich, was an Tiefgang und geradezu klassischer Tonqualität nur den wirklich guten Instrumenten vorbehalten bleibt. Das lässt die vielen eher optisch und mit wenig tauglichen Materialien umgesetzten Nachahmungen richtig alt aussehen. Also: Wer Ohren hat zu hören, der höre!

RESÜMEE

Auch Heritage bietet nun also explizit Custom-Shop-Instrumente an. Neben der Möglichkeit, ein beliebiges Modell aus dem Heritage-Programm nach eigenen Maßstäben und Vorstellungen gestalten zu lassen, gibt es jetzt mit der Custom Core H-150 ein repräsentatives Design verfeinerter Fertigung auf Basis erlesener Zutaten und holla: Das hat es wirklich in sich!

Dem unaufgeregt klassischen Look – was ist heute nicht alles geriegelt? – folgt nicht ganz überraschend ein absolut hochklassiges Tonpotential auf dem Fuße. Da wird gleich klar, dass hier Chefs an der Arbeit waren, und dass in den ehemaligen Gibson-Werkhallen der alte Geist noch lebt. Leichtes Mahagoni mit Premium-Curly-Maple-Top, kombiniert mit einem tollen Hals nach 50er-Jahre-Bauweise – Motto: fetter Hals = fetter Ton – gefertigt im Bewusstsein altehrwürdiger Tradition bringt ganz folgerichtig ein Instrument von höchster Güte hervor. Alles, was das berühmte Single-Cut-Design ausmacht, was ihm den Ruf als Ikone des elektrischen Gitarrenbaus eingebracht hat, ist diesem Exemplar zu eigen, allem voran großartig aufgelöste Gitarrensounds von universaler Kraft. Da ist Applaus durchaus angebracht!

PLUS

  • traditionelles Design
  • Gewicht
  • Klangabstimmung
  • klassische Sounds
  • kräftiges 50s C-Profil
  • Bundierung
  • Spieleigenschaften
  • Verarbeitung

(erschienen in Gitarre & Bass 03/2022)

Produkt: Gitarre & Bass 2/2024
Gitarre & Bass 2/2024
IM TEST: Charvel Pro-Mod So-Cal HSS +++ Engl E670FE Special Edition +++ Ortega Guitars Tour Player +++ Ampeg Venture V3, VB112 und VB115 +++ Ibanez Iceman IC420FM +++ Walrus Audio Fable +++ Meta Guitars Veil Bass +++ Fender CS Early 55 Strat Trem & Hardtail +++ Lakland Skyline Decade

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Am bewundernswertesten erscheint mir jedes Mal die blumige Sprache, wenn es um die Beschreibung des Klanges geht, welche sich dem Instrument entlocken lassen 😉… Ein interessanter Artikel über ein feines Arbeitsgerät!

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  2. Kann dem Bericht nur zustimmen.

    Die beste LP, die ich bislang gespielt habe. Volles Lob! Habe keine Schwachpunkte gefunden. Auch die Zwischenstellung kann durch die Wahl an den Volumepotis noch einiges an guten Zusatzsounds biete. Ausprobieren!

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