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Die Taylor 616ce im Test

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Taylor 616ce

Bei Taylor Guitars in Süd-Kalifornien macht man sich ständig Gedanken über den Bau von Akustik-Gitarren. Eine der schwierigen Fragen: Wie schont man Tropenhölzer? Eine verblüffend einfache Antwort: Man verwendet sie nicht. 

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Oder zumindest möglichst wenig davon. Tja, und was für Hölzer wachsen vor der eigenen Haustür? Z. B. Ahorn (Maple) – ein ausgezeichnetes Klangholz, das seit Jahrhunderten für Geigen, Celli oder Mandolinen verwendet wird. Nur wenn es um Flattop- Acoustics geht, dann will niemand so recht etwas mit Maple zu tun haben. Und genau das wollen Bob Taylor und sein Chef- Gitarrenbauer Andy Powers ändern. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, eine Steelstring mit Ahornkorpus und -hals zu bauen, an der es klanglich, optisch und seitens des Umweltschutzes nichts zu beanstanden gibt, und sie wollen dieses heimische Klangholz mehr und mehr – gegen alle Vorurteile und Gewohnheiten – am Markt etablieren. Na, dann schauen wir uns die neue 616ce mal ganz unvoreingenommen an.  

k o n s t r u k t i o n

Wir haben hier ein Grand Symphony Modell vor uns, die 2006 von Taylor eingeführte Korpusform bietet etwas mehr Taille und Bauch als die Grand Auditorium und kommt mit einem weich geschnittenen Venezianischen Cutaway. Der zweiteilige Boden und die Zargen sind also wie gesagt aus massivem geriegeltem Ahorn, das Ganze wunderbar dunkeltransparent (Brown Sugar) von Hand eingetönt – getreu der Erkenntnis von Bob Taylor: „Acoustic-Players don’t like white guitars“. Die Decke aus massiver Sitka-Fichte wurde in einem speziellen Verfahren „geroastet“, um dem Ahorn warme Klanganteile entgegenzusetzten. Sie bietet als Hingucker die Schalllochumrandung aus Abalone und das Schlagbrett aus Indian Rosewood, bei dem extra darauf geachtet wurde, die Maserung so zu legen, dass die Spielspuren minimiert werden. Auch innen im Korpus wurde weiter Feintuning betrieben.

Taylor 616ce Schlagbrett

 

Für mehr freie Schwingung der Decke und ein Plus an Wärme im Klang enden die Leisten des Bracings flach auslaufend kurz vor der Zarge; diese wiederum hat eine Beleistung erhalten, um die Stabilität des Bodys zu erhöhen. Als Leim kam der neu entwickelte „Protein Glue“ zum Einsatz, der für besseren Klangtransfer zwischen den Korpuselementen sorgen soll. Die Saiten sind im Ebenholzsteg mit Pins aus gleichem Holz fixiert. Aus diesem Material ist auch das Griffbrett auf dem einteiligen Ahornhals. 20 schlanke Bünde sind, perfekt poliert und verrundet, ins Fretboard eingelassen. Orientierung geben die flügelförmigen Ivoroid-Inlays und die kleinen Dots auf der Griffbrettkante. Nach 650 mm freier Schwingung erreichen die Saiten den Sattel, der aus Tusq gearbeitet ist, und gelangen zu den hauseigenen Mechaniken auf der besonders schön gestylten Kopfplatte. Auf der Oberseite zeigt sie eine hochglanzlackierte Ebenholzauflage, ein Trussrod-Cover aus gleichem Holz und das Firmen-Logo als Mother-of-Pearl- Einlage. Auch die Rückseite ist ein optischer Leckerbissen. Ein anderes wichtiges Thema, bei dem Taylor neue Türen aufstoßen will, ist der Bereich Pickup/Verstärkung.

Taylor 616ce Halsfuß

Chef-Tüftler David Hosler wollte weg vom typischen Piezo-unter-Stegeinlage-Prinzip. Dabei wirke viel zu viel Druck auf den Piezo, der dadurch keine dynamischen, natürlichen Klangergebnisse erzeugen könne. Seine Idee: den Piezo hinter der Stegeinlage positionieren, und den Andruck an diese regulierbar machen. Das erklärt dann auch die drei kleinen Justierschrauben zwischen Stegeinlage und Saitenpins. Das Piezo-Element ist wie eine Gabel geformt, und die drei „Zinken“ können somit individuell justiert werden. Ausgangspunkt dieser Konstruktion ist die Erkenntnis, dass der Steg (bzw. dessen Einlage) sich durch Saitenanschlag hauptsächlich vor- und zurück bewegt und nicht auf und nieder. Geregelt wird das Ganze dann über drei dezente, sehr griffige Drehregler auf der Zarge, die für Volume, Treble und Bass zuständig sind und in Mittelstellung leichteinrasten. Innen an der Elektronik-Einheit gibt es noch einen Phase Switch um gegebenenfalls tieffrequente Feedbacks zu unterbinden. Was das ES2 (Expression System) kann, wird sich im Praxisteil zeigen. Zur gesamten Konstruktion der 616ce kann man bis hierher sagen, dass sie alles bietet, was man von einer Gitarre aus diesem Hause erwartet. Den (bei Taylor stets gleichbleibend) hohen Verarbeitungsstandard, die tollen Hölzer, die makellose, hauchdünne Lackierung, schöne Design-Details, und natürlich den Trademark-Sound, den Taylor wirklich immer liefert, scheinbar unabhängig davon, aus welchen Hölzern das jeweilige Modell auch gebaut sein mag.

Taylor 616ce Kopfplatte

p r a x i s

Diese Grand Symphony 616er ist ja nicht die Zierlichste, aber sie liegt bestens auf dem Schoß, und ihre ausladende Hüfte bietet eine gute bequeme Armauflage. Die linke Spielhand ist am matt belassenen Hals bestens aufgehoben. Das Halsprofil ist geschickt geshaped und vermittelt auf angenehme Weise mehr „Fleisch“ als eigentlich vorhanden ist. Griffbrett und Bundierung bieten auch keine Angriffsfläche für Kritik. In der Klang-Philosophie von Taylor ist die Ausgewogenheit des Sounds über das gesamte Griffbrett hinweg von zentraler Bedeutung. Der Sound muss „even“ sein, und das ist auch hier wieder beeindruckend gelungen. Man kann – sagen wir z. B. – ein und dasselbe f auf dem 1. Bund der hohen E-Saite spielen, oder auf dem 6. der H-, dem 10. der G-, dem 15. der D-, oder dem 20. der A-Saite, und erhält immer ein extrem ähnliches Klangergebnis. Die Zusammenstellung der massiven Korpushölzer stellt eine überzeugende Kombination aus schneller Ansprache, Brillanz und Wärme zur Verfügung. Das Ahorn sorgt hier für offensive Frische und eine fast schon analytische Klarheit in allen Frequenzbereichen, die Fichte steuert sonore Wärme und eine resonante charakterliche Reife bei.

Der Boden schwingt intensiv mit, und man ist gut beraten, die Gitarre nicht zu fest an den Körper zu pressen, um die Schwingung nicht zu beeinträchtigen. Diese Resonanzfreudigkeit sorgt dann natürlich auch für reichlich Sustain und ein wirklich beeindruckendes Maß an Dynamik, welches man so nicht oft antrifft. Diese Eigenschaften fördern und fordern aber auch präzises, ausdrucksstarkes Spiel. Was mögliche Einsatzbereiche und Stilistiken betrifft, kann man die 616 nur als einen Highend-Allrounder bezeichnen. Über alle gängigen Techniken zwischen festem Strumming und dezentem Picking hinaus, machen aufgrund der gebotenen Klangeigenschaften besonders auch Bottleneck/Slide-Sachen unheimlich Spaß. Und was kann der Pickup? Hier ist im Vergleich zu früheren Systemen tatsächlich „weniger“ „mehr“. Ein Piezo, drei Regler und eine eigene, neue Herangehensweise führen hier zu einem außerordentlich natürlichen, perkussiven E-Klang, ohne dass deshalb eine erhöhte Feedback-Gefahr in Kauf genommen werden muss.

r e s ü m e e

Zwei Dinge bekommt man bei einer Taylor-Gitarre garantiert geliefert: die immer hohe Taylor- Verarbeitungsqualität und den immer typischen Taylor-Sound. Wenn man den mag, kann man nicht verlieren, schon gar nicht bei dieser 616, die keine Schwächen offenbart und – gespickt mit vielen kleinen Neuerungen – ein überzeugendes Plädoyer für Maple-Acoustics darstellt.

Mehr über Taylors Fertigungsansatz und die Verwendung alternativer Hölzer erfahrt ihr in unserem großen Feature Taylor Guitars und Nachhaltigkeit.

 

P l u s

  • Hölzer, Hardware
  • weitestgehender Verzicht auf Tropenhölzer
  • Design
  • Verarbeitung
  • Bespielbarkeit
  • Pickup-Konzept
  • charakteristische A- und E-Sounds

Übersicht Taylor

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ich besitze seit etwa 2 1/2 Jahren eine Taylor 816 ce. Der Klang ist natürlich wirklich sehr schön und überzeugend. Allein die Haltbarkeit lässt doch sehr zu wünschen übrig. Ich bin Gitarrenlehrer und Musiker und spiele also eigendlich den ganzen Tag (In den letzten 40 Jahren habe ich mir immerhin meine Brötchen ausschließlich damit verdient). Die Taylor musste dabei allerdings schon nach etwa 2 Jahren vom Gitarrenbauer überarbeitet werden. Die Bünde hatten bereits tiefe Scharten und auch der Steg und der Sattel waren in Mitleidenschaft gezogen worden. Leider muss ich also sagen, das die Gitarre leider dem professionellen Gebrauch (also zum Broterwerb) nicht gewachsen ist. Der Gitarrenbauer von Musik Produktiv, bei denen ich das Instrument seinerzeit gekauft habe, hat zwar die Bünde und die anderen Teile wirklich hervoragend nachgearbeitet, allerdings machen sich jetzt, nach etwa einem halben Jahr wieder erste Verschleißerscheinungen bemerkbar. Ich muss mich also wohl damit abfinden eine Gitarre gekauft zu haben, die auch in Zukunft regelmäßig alle zwei Jahre zum überarbeiten in der Werkstatt landen wird. Zum Vergleich: Ich besitze auch eine uralte Takamine, die in den letzten 30 Jahren nur einmal zum Gitarrendoktor musste! Diese ist anscheinend für den professionellen Bereich (Unterricht, Bandarbeit, Studio o.ä.) wesendlich besser geignet, als die Taylor. Das finde ich sehr, sehr schade, denn sie kann in Punkto Sound der Taylor wirklich nicht das Wasser reichen. Ich vermisse also bei Taylor einen Warnhinweis: Achtung! Für den Professionellen Einsatz nur bedingt geeignet!
    Es wäre anzuregen einmal einen Langzeittest bei Gitarren vorzunehmen! Welche Instrumente sind einer Dauerbelastung durch ständiges Bespielen gewachsen, welche nicht?
    Neue Instrumente sind ja immer sehr schön aber wie bewähren sie sich auf lange Sicht bei der täglichen Arbeit? Ich kenne eine Menge Kollegen die ähnliche Probleme haben. Du gibst 2-3000 Euro, oder mehr, für ein Instrument aus und wenn du es täglich mehrere Stunden spielst ist nach spätestens 2-3 Jahren Sabbat. Bünde lassen sich ja auch nicht beliebig oft abrichten. Es wäre schön dafür von vorn herein bessere Materialien zu benutzen, zumindest in den höheren Preisklassen!
    Mit freundlichen Grüßen Joachim Rothe

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