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Test: Blackstar HT Stage 100H MKII+HT Club 50H MKII

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(Bild: Tom Schäfer)

Die HT-Venue Serie ist ein Longtime-Dauerbrenner bei Blackstar. Solide analoge Röhrentechnik, gepaart mit Luxus in der Ausstattung zu moderaten Preisen, klar, das lockt. Man sieht es den neuen Modellen der MKII-Generation äußerlich kaum an, aber sie sind doch in wesentlichen Punkten überarbeitet und optimiert.

Wo „HT“ dransteht, war am Anfang bei Blackstar klassischer Toncharakter und moderne Technik drin. Es gesellte sich später eine Serie mit dem Beinamen „Metal“ dazu, die demgemäß radikalere Töne anschlug. Beide Modellreihen sind nach wie vor im Programm, aus beiden haben wir die 100-Watt-Flaggschiffe im Test gehabt.

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Die Venue MKII-Serie umfasst – wie der Vorläufer – eine ganze Reihe von Modellen. Allein schon drei Combos, 1×12 mit 40 Watt, 1×12 mit 60 Watt und 2×12 mit 60 Watt. Daneben stehen die beiden Topteile zur Wahl, die wir hier im Test haben, und drei Cabinets. Hinten offen 1×12 und 2×12, sowie eine klassische 4×12-Box, alle bestückt mit Speakern von Celestion. Vom 100-Watt-Topteil abwärts bis zum 40-Watt-Combo ändert sich die Ausstattung, sie reduziert sich stufenweise. Aber selbst der Club 40 MKII ist noch ein vollwertiger Zweikanaler mit separaten Klangregelungen in den Kanälen. Und er hält – wie erfreulich – an der Rückseite fast genau dieselbe Anschlussperipherie bereit wie das große Topteil, inklusive USB-Out und der Speaker-Simulation-Sektion mit zwei Ausgängen (Klinke und XLR).

modellpflege

Wir beginnen mit dem HT Stage 100 MKII. Der von vorne betrachtet tatsächlich nicht anders aussieht als sein Vorgänger. Hinten an der Rückseite werden Veränderungen und Unterschiede allerdings gleich deutlich. Da fällt der besagte USB-Audio-Anschluss auf, der auf Reamping umgestellt werden kann. Anstelle eines D-Sub-Anschlusses für das mitgelieferte Schaltpedal ist eine zweite Klinkenbuchse getreten. In der Emulated-Output-Sektion ist der XLR-Anschluss neu, der die Signale symmetriert abgibt – perfekt für die Live-Situation bzw. wenn lange Kabelstrecken maximal störungsfrei realisiert werden sollen/müssen. Dass der Klangcharakter der Simulation umschaltbar ist (1×12/4×12), wie auch der des integrierten digital erzeugten Reverb-Effekts, ist kein Update. Das Gleiche gilt für die fünf Lautsprecherausgänge (2x 4 Ohm, 2x 8 Ohm, 1x 16 Ohm).

Blackstar verspricht neben alledem funktionale Verbesserungen durch Verfeinerung der Technik. Wie verlautet, wurde der Clean-Channel überarbeitet, mit dem Ziel – fast möchte man sagen, wie soll es anders ein – im Wechsel (Voice-Schalter) klassische amerikanische und britische Klangfarben in besonders hoch stehender Kultur zu produzieren. Die beiden Overdrive-Modes, die ebenfalls einen Voice-Wechsel erlauben, sollen sensibler ansprechen und feiner, detailreicher sein. Alle Modes/Funktionen inklusive Boost sind nun fußschaltbar. Außerdem gibt es eine Leistungsumschaltung (100/10 Watt) und die Qualität des Reverbs soll auch verbessert worden sein.

Das Konzept des 50-Watt-Topteils ist deutlich schlanker. In der Master-Sektionen gibt es die Regler Presence und Resonance nicht, es ist lediglich eine Overdrive-Sektion vorhanden, und die Lautsprecherimpedanzen sind jeweils nur mit einem Klinken-Out verfügbar – was soll‘s, ein Topteil dieser Leistungsklasse verwendet man in aller Regel ja auch nur mit einer Box, oder?!

Zeit über die Technik zu reden. Bei den Daten sticht die Röhrenbestückung ins Auge, zwei ECC83 und 4/2 EL34. Aha, also Vollröhre? Na ja, wer ein Stück weit sachkundig ist, vermutet sofort, dass allein mit diesen zwei Vorstufendoppeltrioden, sprich vier Verstärkungsstufen, ein Verstärker dieses Funktionsumfangs nicht realisierbar ist. Und so ist es denn auch. Die beiden ECC83 stehen an zentralen Stellen der Signalbearbeitung, werden aber von einer Vielzahl von Halbleitern, ICs, unterstützt (SMD, … lauter kleine achtbeinige Tron-Spider ;-). Tatsächlich handelt es sich also um einen Hybrid-Preamp mit Vollröhrenendstufe.

Die Verarbeitung ist, wie wir es seit Jahren aus vielen Tests nicht anders kennen, solide und vertrauenerweckend. Logisch, die chinesische Industrie hat schließlich schon längst gelernt wie man Hightech-Elektronik hochwertig produziert. Die technische Entwicklung der Produkte haben aber natürlich nach wie vor die Engländer im Blackstar-Hauptquartier in Northampton in der Hand. Zur Substanz ist noch zu erwähnen, dass die Trafos in Taiwan hergestellt werden und die Röhren vom renommierten US-Zulieferer Ruby Tubes (EL34) und Tubeampdoctor (ECC83WA) stammen. Sehr lobenswert: Um Brummeinstreuungen so weit wie möglich zu minimieren, werden die beiden ECC83 mit stabilisiertem Gleichstrom geheizt (eigentlich ein Feature von Highend-Produkten, das eine gesonderte, zusätzliche Gleichrichtung im Netzteil erfordert).

Blackstar HT-STAGE-100-MkII
(Bild: Paul Michael Hughes www.paulmichaelhughes.com)

flexibel

Ich unterfüttere meine Artikel ab und an mit technischen Daten und Hinweisen. Manchmal rede ich sogar über Messwerte. Das könnte einen falschen Eindruck erwecken. Technische Fakten können ergänzende Hinweise geben, vielleicht Ergebnisse untermauern usw., aber tatsächlich interessiert mich an dieser Stelle hier – wie auch bei meinen privaten Equipment-Checks – ausschließlich, wie das Material funktioniert und vor allem wie es klingt. Anders ausgedrückt, für mich spielt es im Prinzip keine Rolle, welche Technik zugrunde liegt: nur Röhren, Modeling, nur analoge Halbleiter, eine Hybrid-Mixtur … egal.

In den letzten Jahren haben Synergien zunehmend die gesamte Schaltungstechnik von Verstärkern „erobert“. War es vor einigen Jahren noch „anstößig“ im FX-Weg Halbleiter-ICs statt Röhren zu verwenden, hat die Gemeinde inzwischen gelernt, dass dort und an anderen Stellen Halbleiter ganz und gar sinnvoll Dienst tun können, ohne dem Ton zu schaden. Auch und oft als eine Art Gain-Treiberstufe vor Röhren. Blackstar macht genau dies in der Venue-Serie. Und geht sogar noch eine Schritt weiter.

Hybrid heißt hier sogar, dass partiell digitale Bearbeitung beteiligt ist. Wesentlich ist hierbei aber, dass alles, was an Verzerrung zu hören ist, ausschließlich von den Preamp- und Endstufenröhren kommt – auf diese Feststellung legt Blackstar größten Wert, verständlicherweise. Der Hintergrund dessen ist natürlich, dass nur so der hohe Leistungsumfang der Amps in dieser Preiskategorie realisiert werden kann. Wollte man einen Vollröhren-Amp in dieser Ausstattung heute neu auf den Markt bringen, müsste er vermutlich mindestens das Doppelte kosten.

Blackstar HT
(Bild: Tom Schäfer)

Stellt sich die alles entscheidende Frage: Zwingen die Venue MKII-Topteile den Nutzer, sich auf faule Kompromisse einzulassen? Definitiv nein. Zwar muss man – absolut gesehen – gemessen an den Besten der Besten, gewisse Abstriche hinnehmen, klar. Transparenz und Detailzeichnungen sind nicht vom Allerfeinsten, die Tonalität wirkt zuweilen kühl, die Ansprache manchmal etwas steif. Relativ bewertet sieht die Sache jedoch positiv aus. Partiell sogar sehr positiv.

Wie im Clean-Kanal, der mit einer flacheren, defensiven Klangfarbe und dem zweiten ausgesprochen voluminösen und brillanten Voicing nicht nur eine schöne Bandbreite reicht, sondern auch musikalisch warm tönt. Hinzu kommt, dass er bei höheren Gain-Einstellungen angenehm sättigt und so eine die Expressivität des Spiels unterstützende Nachgiebigkeit bietet. Andererseits bildet er Akkordarbeit mit der nötigen Energie ab. Und am Gain-Maximum liefert er markanten Overdrive bis Crunch. Das macht der Clean-Kanal wirklich alles ziemlich gut. Die Effizienz der Klangregelung hingegen bewegt sich knapp unter „durchschnittlich“. Den Ton regelrecht formen kann man damit jedenfalls nicht. Nur zu gut also, dass es die beiden Voice-Modes gibt.

Mit insgesamt vier Sound-Ebenen zielt die Konzeption der Overdrive-Sektion natürlich darauf ab, je nach Situation und Musikstilistik genau den richtigen Ton zu treffen. Stufenweise steigt das Gain-Niveau an, parallel dazu ändern sich auch markant die Klangfarben, mit wechselndem Volumen und Druck im Bassbereich. Hintergründig ist stets eine charakteristische Frequenzspitze in den oberen Mitten anwesend, die für Durchsetzungskraft sorgt und die man als charakterbildend sehen kann/sollte.

Blackstar HT
Luxuriöse Ausstattung, sechs Soundmodes (Bild: Tom Schäfer)

OD1/Voice-Off bewegt sich im gehobenen Crunch-Bereich und erzeugt klassische britische Klangfarben, in etwa – um einen plakativen Bezug herzustellen – wie die zweite Generation der Marshall-JCM800-Serie. Kernig, im positiven Sinne kratzig, offen. Mit Voice-On verdichten sich die Verzerrungen bereits erheblich. Der Klangcharakter bleibt klassisch, aber mit der Mittenbetonung und dem erhöhten Gain-Niveau ergeben sich bereits tragfähige Leadsounds.

OD2 vertritt eine modernere Sound-Ausrichtung. Sensitiv und „heiß“ in den Hochmitten, im Toncharakter komprimierter, ohne dies in der doch eher direkten Ansprache zu zeigen, singend, obertonfreundlich, harmonisch in den Verzerrungen, ziemlich „sweet“. Voice-On im OD2-Kanal bringt die Distortion über die Klippe, liefert viel Unterstützung im Sustain, beißt gerne mit Obertönen, und vemeidet Schmutz, indem die Bassanteile etwas zurückhaltend dosiert sind.

So geben die OD-Modes dem Spieler unterm Strich ein ziemlich breites, in der Summe weit überdurchschnittliches Sound-Spektrum an die Hand. Das auch insofern Trümpfe ausgespielt, als man dank der eleganten homogenen Abstimmung der Voices ja zwischen allen per Fußschalter wechseln kann. Der optionale FS-14 ist dafür im Übrigen sehr empfehlenswert. Mit ihm sind nämlich alle sechs Soundmodes unkompliziert anwählbar. Indem man erneut auf den gewünschten Channel Taster tritt, wechselt der Voice-Status. Tonal ist die Overdrive-Sektion ohne Zweifel gelungen.

Nicht jedermanns Sache dürfte allerdings die Ansprache sein. Sie fordert eine stabile Technik. Denn schon kleine Unterschiede in der Anschlagsintensität ziehen deutliches Changieren des Sounds nach sich, sprich die Distortion-Intensität verändert sich. Es gewinnt, wer entschlossen und präzise zulangt. Anfänger werden es mit Schrecken erleben. He, nicht entmutigen lassen, es dauert eben ein bisschen, bis man Kontrolle über das Griffbrett bekommt. In ihrer Wirkungsweise engagierter als im Clean-Kanal befleißigen sich Bass, Middle und Treble der OD-Klangregelung einer respektablen Effizienz. Die Blackstartypische ISF-Funktion (Infinite Shape Feature) reißt viel heraus, weil der Abgleich des Mittenspektrum nachhaltig profitiert. So ist ein Scoopen des Sounds möglich, womit man sich dann auch im Metal-Bereich bewegen kann. Aber den dafür arttypischen fundamentalen Druck im Bass bringt der Stage 100H nicht zustande.

Die weiteren Features erhöhen den Gebrauchswert sinnvoll. Der Halleffekt funktioniert sehr überzeugend, weil er räumlich und natürlich klingt. Von der Power/Leistungsumschaltung möchte man dem Begriff nach erwarten, dass sie hinter, bzw. in der Endstufe eine Begrenzung erzeugt, die „Sag“, das Einsacken der Ansprache, zur Folge hat. Deutlich hörbar tut sie das nicht, und technisch (ja, genau …, Messgerät raus 😉 scheint es so zu sein, dass lediglich vor der Endstufe das Signal kleiner gemacht wird – was primär bewirkt, dass man mit höheren Reglereinstellungen arbeiten kann, so man das für sinnvoll hält.

Der FX-Weg funktioniert wie aus dem Bilderbuch. Dank Pegelumschaltung ist er universell verwendbar, in der Signalqualität verhält er sich neutral. Wir schließen mit einem weiteren Highlight, der überzeugend abgestimmten Speaker-Simulation. Beide Modes 1×12 und 4×12 klingen so, wie man es von der Bezeichnung her erwartet: Ich habe beim Erstellen der Soundfiles Creambacks benutzt, und der Sound der Speaker-Simulation kam dem sehr nahe.

Die letzten Worte gelten dem 50-Watt-Topteil. Nein, es kommt mit der knappen Behandlung nicht zu kurz, denn es liefert grundsätzlich die gleichen Qualitäten wie sein großer Bruder. Letztlich ist nur die Abstimmung der Overdrive-Sektion anders. Zwei Voices statt vier, der Club 50H steigt schon etwas heißer ein und bietet ein Gemisch, das die klassische Note in den Vordergrund stellt, aber eben doch mit einem modernen Touch an einem intensiven Maximum endet. Phasenweise erschien mir das kleine Topteil in der Bass-Vehemenz sogar offensiver.

alternativen

Wegen des umfangreichen Konzepts zeigt sich ein erster Kontrahent des Stage 100H erst, wenn man bereit ist, gut 50% mehr auszugeben, also in der Region um ca. € 1500. Gemeint ist Marshalls JVM410, ähnliche Ausstattung, Vollröhre. Was sagt uns das? Tatsächlich hat der Stage 100H, und noch mehr der ca. € 250 niedriger liegende Club 50H (im Moment) keine Konkurrenz.

resümee

Blackstar gibt dem Gitarristen mit dem Stage 100H und dem Club 50H sehr leistungsfähige Alleskönner in die Hand. Einerseits bieten sie beide ein ausgesprochen breites Sound-Spektrum, andererseits bestehen sie in quasi jedweder Situation, live auf der Bühne, bei der Recording-Session und im Home-Use. Nein, und das wird wohl auch keiner erwarten, im Ton kompromisslos hochgezüchtete SoundMaschinen sind die Topteile nicht. Aber die Klangformung bietet letzten Endes doch schon viel Kultur. Und in Relation zur Preisklasse ist das Potential auf jeden Fall beachtlich. Also: Alles im grünen Bereich, der Stage 100H – und noch mehr der Club 50H – bieten absolut gesunde Preis-Leistungs-Verhältnisse. [2924]


Hinweise zu den Soundfiles:

Für die Aufnahmen kamen zwei Kondensatormikrofone mit Großflächen-membran zum Einsatz, ein AM11 von Groove-Tubes/Alesis und ein C414 von AKG, beide nahe platziert vor einer konventionellen 4×12-Box bestückt mit Celestion Creambacks.

Die Clips wurden pur, ohne Kompressor und EQ-Bearbeitung über das Audio-Interface Pro-24DSP von Focusrite in Logic Pro eingespielt und abgemischt. Das Plug-In „Platinum-Reverb“ steuert die Raumsimulationen bei.

Den Ton lieferte eine Fender-CS-Relic-Strat-1956 (m. JB-Humbucker v. Seymour Duncan am Steg).

Da sich beiden Topteile  im Ton nicht gravierend unterscheiden, wurden die Soundfiles  ausschließlich mit dem HT Stage 100H MKII  erstellt.

Ein typisches Merkmal der Amps ist, dass in jedem Kanal (hier drei, Clean, OD1 und OD2; beim HT Club 50H MKII zwei)  zwei so genannte Voices,  also Klangfarben zur Verfügung stehen. Zum Teil präsentieren die Clips daher  entsprechende Vergleiche.

Clips 1 bis 8 bitte hiernach einfügen. 

 

Im Clip 9  hören wir zwei Passagen, die den  internen Halleffekt des HT Stage 100H MKII  in den Vordergrund stellen.

Clip 10 präsentiert mein Referenz-Riff“ (RefRiff), das ich mit jedem Test-Amp/-Distortion-Pedal einspiele, damit man den Charakter (die Verzerrungen selbst sind hier gemeint, nicht die Frequenzkurve) der von uns getesteten Produkte quasi auf einer neutralen Ebene vergleichen kann.

Ich wünsche viel Vergnügen, und…,  wenn möglich, bitte laut anhören, über Boxen, nicht Kopfhörer! ;-).

Fragen, Anregungen  und  ja, auch Kritik sind wie stets willkommen. Nachrichten bitte an frag.ebo@gitarrebass.de. Es klappt nicht immer,  aber ich werde mich bemühen möglichst kurzfristig zu antworten.

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