Bass Masterclass: Sting

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Sting auf der Bühne

In unserer Bass Masterclass fahren wir mit einer beeindruckenden Persönlichkeit fort, die scheinbar so ganz nebenbei auch noch Bass spielt: Sting. In Newcastle wurde am 2. Oktober 1951 im Arbeiterviertel Wallsend Gordon Matthew Sumner geboren, den alle Welt nur als Sting kennt.

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Er ist Vater von sechs Kindern und in zweiter Ehe mit Trudie Styler verheiratet. Sting lebt auf seinem Schloß in Wiltshire, England, nennt aber auch Apartments und Häuser in New York, London, Malibu, Kalifornien und eine Villa in der Toscana sein eigen. Auf dem Schloß in Wiltshire sind die Aufnahmen zu seinen Alben ,Ten Summoner‘s Tales‘ und ,Mercury Falling‘ entstanden.

Bevor Sting seine musikalische Karriere startete, war er Lehrer. 1976 kündigte er den Job und ging mit seiner Familie nach London und geriet mitten in die pulsierende Punk-Bewegung. Bei verschiedenen Jobs als Bassist lernte er den Drummer Stewart Copeland und den Gitarristen Andrew James Summers kennen – „The Police“, die Band mit dem markanten Sound, war geboren. Stewarts Bruder Miles wurde ihr Manager und spendete 1500 Pfund, mit denen die Songs ,Roxanne‘ und ,Can‘t Stand Losing You‘ aufgenommen wurden. Sting selbst nahm sich die Platten unter den Arm und versuchte sie in den einschlägigen Londoner Plattenläden in die Regale zu platzieren. Nebenbei musste er als Kanalreiniger arbeiten, um seinen Unterhalt zu verdienen. Im Oktober 1978 wurde die harte Arbeit endlich belohnt. Mit ,Can‘t Stand Losing You‘ stand zum ersten Mal ein Police-Song auf Rang 42 der UK-Charts. Von nun an ging es steil bergauf, denn schon ein Jahr später, im September 1979, gab es mit ,Message In A Bottle‘ den ersten Number-One-Hit. Bis 1983 nahm Sting mit Police fünf Alben auf, und der größte Erfolg war wohl das Album ,Synchronicity‘ – siebzehn Wochen lang verweilte der Longplayer auf Platz 1 der US-Charts, obwohl Michael Jackson zeitgleich den Millionseller ,Thriller‘ veröffentlichte.

Das war allerdings auch schon der Anfang vom Ende, das am 13. Juli 1985 mit Stings alleinigem Auftritt bei Bob Geldofs Live-Aid- Konzert besiegelt war. Heimlich, still und leise hatten sich die Drei getrennt, ohne öffentliche Erklärung. Hinter vorgehaltener Hand erzählte man sich, das es zwischen Drummer Stewart und Sting zu einer handfesten Auseinandersetzung gekommen sein soll. Weil Sting kompositorische Vorschläge der anderen ignorierte und blockierte, soll Copeland ihn bei einem heftigen Streit im Backstage per Faustschlag eine Rippe gebrochen haben, mit der Sting den Gig spielen musste.

1985 veröffentlichte Sting dann schon mit ,The Dream Of The Blue Turtles‘ sein erstes Solo-Album. Fortan arbeitete er mit der Crème de la Crème der besten Studiomusiker zusammen und avancierte zum absoluten Weltstar. 1986 überließ Sting Darryl Jones den Bass, um auf der ,Bring On The Night‘-Tour selbst die Gitarre zu bedienen. Darryl war kurz bevor er von Sting angeheuert wurde, noch Bassist in der Band von Miles Davis. Musiker bei Sting zu sein, hat zwei Seiten: Man ist auf jeden Fall bekannt, zumindest in der Musikwelt, und hat eine der wohl überzeugendsten Referenzen, doch Sting scheint auch ein Patriarch zu sein. Milde könnte man sagen, dass er sehr klare Vorstellungen davon hat, wie alles zu laufen hat. Beim Session-Teil von ,One World …‘ musste dies Darryl Jones erfahren. Bei den Proben zum Reggae-Teil wurde Sting sehr unzufrieden, nahm Jones den Bass aus der Hand und führte mit Drummer Omar Hakim vor, wie er sich den Groove vorstellte. Das war sicherlich nicht so einfach zu schlucken. Aber auch auf dem Video zur Tour 1993, bei der Vinnie Colaiuta trommelte, gibt es eine Situation, bei der letztgenannter hörbar seiner Spielfreude freien Lauf ließ. Wenn man genau hinschaut, sieht man, wie Sting sich nur einmal kurz umdreht und Richtung Drum-Podest gestikuliert, und schon spielte Mr. Colaiuta wieder brav seinen Strophen-Groove.

Trotzdem ist Sting als Komponist, Sänger und natürlich auch als Bassist etwas ganz Besonderes. Man muss sich mal genau anhören wie es groovt, wenn er mit Top-Drummern wie Colaiuta oder Manu Kaché zusammenspielt. Das ist schon absolute Spitzenklasse. Und nicht nur das, Sting singt ja noch dazu und das auch noch auf sehr hohem Niveau. Damit steht er auf einer Stufe mit Ausnahmekönnern wie Geddy Lee von Rush.

Die Notenbeispiele dieser Folge bringen Stings Stil und auch seine Fertigkeiten gut zum Vorschein. So kann man sich sicherlich über seine technischen Fähigkeiten streiten, aber darauf kommt es ja glücklicherweise nicht an. In diesem Fall, wie in vielen anderen Fällen, siegt die Musikalität über den Griffbrettsport.

Stings Lieblings-Bass ist ein Fender Precision von 1953. Die Firma Fender hat Sting mittlerweile auch ein Signature Modell gebaut. Sting spielt vorwiegend die Muted-Thumb-Technik, und nicht die Wechselschlag-Technik mit Zeige- und Mittelfinger. Die Daumen-Technik, ein wenig an den Daumenanschlag der Gitarristen erinnernd, ist die vorherrschende Technik der Reggae-Bassisten. Sie ist aber auch für andere Stilistiken gut verwendbar. Der mehr oder weniger stark eingesetzte Handballen der Anschlaghand ist für das Dämpfen der Saiten verantwortlich. Man kann aber auch mit Daumen und Zeigefinger einen klassischen Wechselschlag spielen und die Töne frei klingen lassen. So wie Sting es bei der Basslinie des Chorus von ,Invisible Sun‘ (Album: ,Ghost In The Machine‘, 1981) einsetzt, siehe Beispiel 1. Das besondere an dem Riff ist sicher der Abgang über die große Sexte E, der die dominantische Stimmung unterstützt.

Der Ausschnitt von ,Spirits In The Material World’ (Beispiel 2) derselben CD ist ein Beleg für Stings Aussage, Police sei eine Reggae-Punk-Band gewesen. Der klassisch im Reggae auf der zweiten Zählzeit beginnende Basslauf und die wild und punkig anmutenden Sechzehntel-Offbeats auf der dritten Zählzeit (diese können fast komplett ge- dämpft, also als Ghostnotes, bei denen der Ton gerade noch zu hören ist, gespielt wer- den) belegen dies. Die Bassdrum des Schlagzeugs auf der 2+ und auf der 4+ erschwert es, den rhythmischen Überblick zu behalten. Die wichtigen, also schweren Zählzeiten sind die Zwei und die Vier. Darauf sollte man sich konzentrieren, um als Bassist den Groove zu führen.

Beispiel 3 ist aus Stings 1993er Album ,Ten Summoner‘s Tales‘ entnommen. Der Titel ,Love Is Stronger Than Justice‘ steht im 7/8-Takt, der sich in ein 4-3 Schema zerlegen lässt. Das bedeutet, dass das Riff, basierend auf der Dur-Pentatonik, in zwei Motive teilbar ist. Um es zu üben, sollte man nicht bis sieben zählen, sondern wie oben beschrieben erst bis vier und danach bis drei. Das vereinfacht das Üben und das Verstehen. Außerdem kommt man nicht in die Verlegenheit, aus dem zweisilbigen Wort „sieben“ zwei Achtel zu bauen. Sonst würde man einen 4/4-Takt bekommen.

 

,Big Lie Small World‘ vom Album ,A Brand New Day‘ (1999) ist die Basis für das Beispiel 4. Auch bei diesem krummen 9/8-Takt lässt sich eine Unterteilung in 4/8 + 5/8 zur Vereinfachung vornehmen. Die Töne eines Powerchords, also die Intervalle Prime, Quinte und Oktave sind das Tonmaterial dieses Riffs. Der Groove klingt sehr cool und ausgeruht und ist ein Beweis für Stings geniale Fähigkeit komplizierte Rhythmen einfach und eingängig klingen zu lassen.

In Beispiel 5 habe ich dir den kompletten Walking-Bass-Teil von ,Englishman In New York‘ (von ,Nothing Like The Sun‘, 1987) herausgehört. Achte bitte auf die Tabulaturen. Die Lage der Noten habe ich so gesetzt, wie man sie auf einem Kontrabass spielen würde. Außerdem benutzt Sting den Kontrabassfingersatz, also 1,2,4 über eine große Sekunde. ■

Notenbeispiele

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