Orange Amps

The colour of Rock ‘N’ Roll is orange! Seit genau 50 Jahren stellt die Orange Music Electronic Company Verstärker und Lautsprecherboxen für E-Gitarre und E-Bass her.

Orange Amp Logo
Das Logo von Orange Amplification

Zu den bekanntesten Serien aus dem Hause Orange zählen Rockerverb, Tiny Terror oder auch Orange Crush. Den günstigsten Orange Amp – der Orange Micro Crush PiX 3 Minigitarren-Combo – bekommt man schon für 49 Euro. Für einen Orange Rockerverb 100H MK III zahlt man über 2.000 Euro.

Erfahre hier alle technischen Details der Orange-Klassiker und die spannende Firmengeschichte des britischen Traditionsherstellers!

<<< Inhaltsverzeichnis >>>

Die Firmengeschichte von Orange Amps

Orange Rockerverb 50 Combo im Test

Orange Tiny Terror im Test

Orange Crush 12/20RT/35RT im Test

Die Firmengeschichte von Orange Amps

>>>Inhaltsverzeichnis <<<

1968 – Die Anfänge

Alles auf Orange

Cliff meets Mat

1970 – Beat-Club Affären

1971 – Orange Pur

1976 – It’s time for Master Volume

Irrungen & Verwirrungen

1980 – Das vorläufige Ende

1990 – Erste Reissueversuche

1997 – Neubeginn

2001 – Orange Crush

Das neue Jahrtausend

Die Orange Produktion heute

Symbolisches zum Schluss: Das Orange Wappen

1968 – Die Anfänge

Die orange Zeitrechnung beginnt im Frühsommer 1968 in London, 3/4 New Compton Street. Mit nichts weiter als einer Revox Bandmaschine und einem Vox Hallgerät bewaffnet, eröffnet Cliff Cooper sein Orange Recording Studio im Kellergeschoß des Hauses im Londoner West End. Cooper hat jede Menge Enthusiasmus und eine große Vision: Mit seiner neu ins Leben gerufenen Marke soll das gesamte Musik-Business aufgerollt werden.

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40th Anniversary Modelle (Bild: Klaus Schmidt)

Zu diesem Zweck wird ein ganzer Bauchladen von Abteilungen gegründet: Orange Publishing, Orange Agency, Orange Records, Orange Music und das bereits erwähnte Orange Recording Studio. Aber es soll alles ganz anders kommen. Cliff Cooper: „Ich spielte Ende der 60er Jahre als Bassist und Sänger in einer Band namens ,The Millionaires‘. Wir hatten mit ,Wishing Well‘ einen kleinen Hit, der es immerhin auf Position 12 der englischen Charts schaffte.

Parallel dazu startete ich 1968 ein Aufnahmestudio in der 3/4 New Compton Street. Aber die Sache mit den Millionaires und dem Studio lief dann nicht so erfolgreich wie ich es gerne gehabt hätte. So musste ich mein gesamtes Equipment verkaufen, um den Laden am Leben zu erhalten. Mein eigener Vox AC30, den ich bei den Millionaires gespielt hatte, ging auch sofort weg. Und da wurde mir klar, dass ein Riesen-Potenzial im Verkauf von Instrumenten und Verstärkern steckt.

Aber die damals angesagten Instrumente von Fender, Gibson & Co. bekam ich nicht her, weil der Verkauf einigen wenigen Shops vorbehalten war. So blieb mir nur der Second-Hand-Markt, was mich auf Dauer nicht zufriedenstellte, da die Nachfrage nach gutem Equipment enorm war. Das brachte mich letztendlich auf die Idee, einen eigenen Gitarrenverstärker zu entwickeln.“

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Alles auf Orange

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Orange Overdrive 120 – Der erste britische Master-Volume-Amp (Bild: Klaus Schmidt)

Nicht kleckern, sondern klotzen, hieß dann auch Coopers Motto, deshalb sollte anstelle der damals gängigen 50 Watt gleich ein Gitarrenverstärker mit 100-Watt-Leistung her. Und gut aussehen sollte er darüber hinaus natürlich auch noch. Cliff Cooper erinnerte sich hier an den Leitspruch von Les Paul: „People hear with their Eyes.“

So wurde aus dem Namen letztlich Programm. Dem einheitlichen Schwarz, das die Gitarrenverstärker von damals zierte, setzte Cooper einen Tolex-Bezug in schrillem Orange entgegen, mit einer weißen Front-Platte und klobigen Reglern, die ganz im kultigen 50s-SciFi-Stil daherkamen. Cliff Cooper: „Orange war und ist meine Lieblingsfarbe. Deshalb nannte ich auch meinen Laden Orange Shop, strich diesen mit leuchtend oranger Farbe an und verzierte ihn noch mit einem psychedelischen Schriftzug. Das war noch nie da gewesen, schon irgendwie ein bisschen revolutionär. Die knallige Farbe des Shops brachte die gewohnte Ordnung von damals ganz schön durcheinander und war vielen ein Dorn im Auge.

Es folgten Beschwerden und Klagen, es drohte, dass wir unsere Pacht verlieren, wir hielten aber wacker stand und waren hinterher stärker denn je. Es waren eben orange Zeiten (lacht). Alles war irgendwie orange, mein Shop, meine Amps, mein Liefer-LKW, ja, wir hatten sogar einen orangen Beach Buggy. Es war übrigens nicht so, wie oftmals behauptet wird, dass ich wegen Beschaffungsproblemen auf orangen Tolex zurückgegriffen habe. Nein, keineswegs, tatsächlich war es eine ganz bewusste Wahl. Das grelle Outfit der Amps sollte unser Markenzeichen werden und uns von allen anderen Herstellern abheben.“

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Cliff meets Mat

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Orange Mixer Unit (Bild: Klaus Schmidt)

Das Design der neuen Orange Amps war da, nun musste nur noch die technische Seite realisiert werden. Zu diesem Zweck wandte sich Cliff Cooper im Herbst 1968 an Matthew „Mat“ Matthias, der im fernen Huddersfield bereits Gitarren-Amps unter dem Namen Matamp produzierte, unter anderem den in Gitarristenkreisen hoch geschätzten Matamp Series 2000.

Die neu entwickelten 100-Watt-Boliden wurden unter dem Namen Orange Matamp gelauncht, ein Zugeständnis an Mat Matthias’ Arbeit. Die ersten sechs produzierten 100 Watt Orange Matamps gingen an Peter Green und seine Band Fleetwood Mac, die diese als Endorser auf ihrer anstehenden USA-Tour einsetzten. In England waren es Jimmy Page und der Blues-Rocker John Mayall, die mit Orange Matamps auf die Bühne gingen. Für die 69er Tour von Fleetwood Mac wurde noch eins draufgepackt, und Peter Green erhielt ein 200 Watt Ton-Monster, das zwar höllisch laut war, ihm persönlich aber zuwenig Verzerrung lieferte. Das spornte Cliff Cooper an, den Sound der Orange Matamps unter Mitwirkung prominenter Gitarristen wie Eric Clapton, Marc Bolan, Paul Kossoff und Gary Moore, die im Orange Shop zu dieser Zeit ein- und ausgingen, ständig zu verbessern und weiterzuentwickeln.

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1970 – Beat-Club Affären

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120 Slave – für noch mehr Power on stage (Bild: Klaus Schmidt)

Die Nachfrage nach Orange Matamps stieg Anfang der 70er-Jahre beträchtlich. Vor allem in den USA und in Deutschland, wo Cliff Cooper durch einen geschickten Marketing-Schachzug seine Amps werbewirksam als Backline in der legendären Musiksendung Beat-Club (später Musikladen) positionierte, waren die orangen Kisten heiß begehrt.

Cliff Cooper: „In der Tat war Deutschland zu Beginn der 70er-Jahre unser zweitgrößter Markt weltweit. Das war die Zeit, wo die Hippie-Ära gerade ihren Höhepunkt hatte. Mike Leckebusch, der damals bei Radio Bremen Regisseur der Musiksendung Beat-Club war, suchte eine passende Backline für seine Show, und so kamen wir zusammen. Mike war bekannt für eine künstlerisch-visuelle Gestaltung seiner Musikvideos in psychedelischen Farben und Formen und wollte deshalb etwas haben, das hip und fashioned aussehen sollte. Da kamen ihm meine orangefarbenen Kisten gerade recht, zumal sie natürlich auch als Backline einen klasse Sound ablieferten.

Es sollte sich im Nachhinein als super Deal herausstellen, denn viele der englischen und vor allem auch amerikanischen Bands, die im Beat-Club gastierten, orderten daraufhin Orange Equipment. Mir fallen da spontan Tony Iommi von Black Sabbath und Paul Kossoff von Free ein, sowie aus den USA kommend Stevie Wonder, James Brown, Chicago, B.B. King und Ike & Tina Turner.“

Deutschland hatte in den frühen 70er-Jahren für Cliff Cooper ohnehin eine besondere Bedeutung. „Wegen der großen Nachfrage nach Orange Amps eröffneten wir in den 70ern einen eigenen Shop in Frankfurt. Da steckte ich eine Menge Geld und Arbeit rein und lebte deshalb auch eine Zeit lang dort. Na ja, ein bisschen persönliche Gründe hatte es natürlich auch, weil ich zu dieser Zeit mit einer Deutschen liiert war. Wie das eben so ist (lacht).

Aber lass mich in dem Zusammenhang einige Worte über die deutsche Rock-Musik in den 70er-Jahren sagen. Die machten progressiven Rock auf wirklich hohem musikalischen Niveau und wurden meiner Meinung nach total unterschätzt. Das waren tolle Jungs damals, Amon Düül und so, ich stand total auf deren Musik. Ich besuchte viele Konzerte in dieser Zeit, und da ich nebenbei auch noch ein Record-Label hatte, kamen bei der Gelegenheit einige Plattenverträge mit deutschen Rock-Bands zustande.“

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1971 – Orange Pur

Die sprunghaft gestiegene Nachfrage nach Orange Matamps zu Beginn der 70er-Jahre überstieg schon bald Mat Matthias’ Produktionskapazitäten. Es musste etwas geschehen, und zwar schnell. Matthias wollte nicht wirklich ins große Geschäft einsteigen, und so wurde eine Trennung unausweichlich. Cliff Cooper: „Ich begann, eine Menge Zeit und Geld in das Business zu investieren, um sowohl die technische Entwicklung der Amps als auch das Marketing voranzutreiben. Und wir waren erfolgreich!

Mit der zunehmenden Nachfrage nach Orange Matamps stieg auch der Druck, keine Frage. Ich erinnere mich noch gut, dass ich an manchen Tagen bis zu 16 Stunden für Orange arbeitete und dann auch gleich im Shop übernachtete, ja (lacht), in einem Vox Cabinet Cover, das ich als Schlafsack benutzte. Und am nächsten Morgen um sechs ging es dann sofort weiter.

Es zeichnete sich da schon ab, dass Mat nicht mehr in der Lage war, diese große Menge an Verstärkern zu produzieren, die inzwischen nachgefragt wurde. So kam es wie es kommen musste. Wir trennten uns im Jahr 1971 und ich beschloss, unter dem Markennamen Orange mein Geschäft auf eigene Faust weiter zu betreiben.“

Cooper begann daraufhin, in der neuen Fabrik in Bexleyheath im großen Stil Amps und Boxen herzustellen. Und es ging rapide aufwärts. Der erste reine Orange war der 1971 vorgestellte Pics Only Amp. Pics Only deshalb, weil die Front-Platte des Amps ohne jegliche Textbeschriftung auskam. An deren Stelle standen selbsterklärende Symbole, die ab diesem Zeitpunkt das kultige Markenzeichen werden sollten.

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Absoluter Kult: Orange Pics (Bild: Klaus Schmidt)

Cliff Cooper: „Die Inspiration dazu bekam ich bei einem Spaziergang durch London. Verkehrschilder, das war es! Es wäre doch eine super Idee, dachte ich mir, Symbole anstelle einer Beschriftung auf der Front-Platte eines Amps anzubringen. Es war ja so, dass wir inzwischen in viele Länder unsere Amps auslieferten, wo man überhaupt kein Englisch verstand. Die Zeichen- bzw. Symbolsprache, wie man sie von Verkehrsschildern her kennt, ist jedoch international und für jeden verständlich. Der Pics-Only-Verstärker von 1971 war der erste, der diese schmucken Pictogramme verpasst bekam. Hier ließen wir die Beschriftung konsequent weg.“

Dem Pics Only folgte alsbald die 80 und 120 Watt Graphic OR-Serie, bei der ergänzend zu den Bildern eine Beschriftung angebracht wurde. Mit eben jenen Amps begann die erfolgreichste Zeit der Orange Amps.

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Orange Produktpalette von 1973 (Bild: Klaus Schmidt)

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1976 – It’s time for Master Volume

Doch Cooper ruhte sich nicht auf seinen Lorbeeren aus. Er war in ständigem Kontakt mit Gitarristen, um deren Wünsche nach Verbesserungen an seinen Amps zu hinterfragen. Mitte der 70er-Jahre kam der Ruf nach mehr Verzerrung für die Orange Amps.

Die Dinger waren schweinelaut, aber wollten bei niedrigeren Lautstärken nicht richtig in Sättigung gehen und bei geringerer Lautstärke verzerren, so wie das bei den Marshall Amps der Fall war. Deshalb entwickelte Cooper im Jahr 1976 einen Orange Amp mit Master Volume und gab diesen den klingenden Namen Orange Overdrive 120.

Dieses Feature ist ja heutzutage Standard bei vielen Gitarren-Amps, doch zu dieser Zeit konnte Cooper für sich in Anspruch nehmen, der erste britische Hersteller gewesen zu sein, der einen Master-Volume-Amp auf den Markt brachte.

Irrungen & Verwirrungen

Erinnern wir uns an Coopers Vision von 1968. Er wollte im gesamten Musik-Business mitmischen. Durch den großen Erfolg der Orange Amps in den 70er-Jahren angespornt, erinnerte er sich wieder daran und brachte eine Menge an kuriosen Produkten und Dienstleistungen auf die Bahn. Man konnte nun Gitarren, Saiten, Mikrofone, Mischpulte, P.A.-Systeme, Lichtanlagen, Disco-DJ-Anlagen und sogar ein Schlagzeug aus dem Hause Orange erwerben.

1975 wurden zudem zwei weitere Verstärker-Marken ins Leben gerufen: OMEC (Orange Musical and Electronic Corporation) und Jimmy Bean. Beide Marken versuchten sich an Neuerungen, wie z. B. OMEC mit dem ersten digital programmierbaren Verstärker, der über vier Presets verfügte, oder Jimmy Bean mit einem Vorstoß in die Transistor-Technologie.

Im Orange Recording Studio wurden weiterhin Künstler aufgenommen, und das hauseigene Orange Label übernahm Plattenproduktionen aller Art. Die Vermarktung der Künstler erfolgte durch die Orange Entertainments Agency, abgerundet wurde das Ganze noch durch das Orange Publishing Geschäft.

Cliff Cooper: „Mag ja sein, dass die ein oder andere Sache lukrativ war. Aber ich muss im Nachhinein selbst zugestehen, dass ich mich doch etwas verzettelt hatte mit zu vielen Geschäftsfeldern. Ich hatte zwar eine riesige Produktpalette, verdiente aber letztlich kein Geld damit, das war das Problem. Und du musst Geld mit deinen Produkten verdienen, darum geht es ja letztendlich. Deshalb reduzierten wir unsere Produktpalette nach und nach wieder auf das Wesentliche: die Amps.“

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1980 – Das vorläufige Ende

Es waren in der Hauptsache zwei Gründe, die Cliff Cooper im Jahr 1980 veranlassten, den Laden dicht zu machen. Zum einen hatte sich Ende der 70er-Jahre die Musikszene radikal verändert. Punk und New Wave waren nun die angesagten Musikstile. Alles, was an die früheren Hippiezeiten erinnerte, wurde radikal abgelehnt. Das schrille psychedelische Outfit der Orange Amps war nun total out. Zum zweiten, und das wirkte sich eigentlich noch viel gravierender aus, wurde der Markt überschwemmt von günstigen Transistor-Verstärkern, die nur einen Bruchteil eines Röhren-Amps kosteten. Das bedeutete zwangsläufig das wirtschaftliche Aus für Orange.

1990 – Erste Reissueversuche

Die 80er-Jahre gingen komplett an der Firma vorbei. Doch das darauf folgende Jahrzehnt brachte glücklicherweise den Wandel. Bands wie Nirvana, Pearl Jam, Oasis und Blur machten den Rock wieder salonfähig, und so sah man wieder die alten Orange Amps auf der Bühne stehen. Angesichts dessen gab Cliff Cooper im Jahr 1994 die Lizenz zum Produzieren von Orange Amps an die Gibson Corporation in Amerika.

Gibson brachte Re-Issues der erfolgreichen 70er-Jahre-Oranges auf den Markt, deren Qualität jedoch nicht an die Originale von damals heranreichen sollte. Schon bald verlor Gibson das Interesse am Vertrieb der Amps.

1997 – Neubeginn

Im Jahr 1997 sah Cliff Cooper die Chance, Orange endlich wieder in die eigenen Hände zu bekommen und fand mit Adrian Emsley einen fähigen Amp-Designer. Als erstes nahm Cooper ein komplettes Re-Design der Modellreihe vor und stellte die Produktion der 70s-Re-Issues konsequenterweise ein. Das 30. Jubiläumsjahr 1998 wurde mit dem Start der neuen AD-Serie gefeiert. Diese war so populär, dass sie alsbald um weitere Modelle, einen 30 bzw. 140 Watt Zweikanaler sowie einen 200 Watt Bass-Amp, aufgestockt wurde.

Cliff Cooper: „Warum habe ich das alles wieder auf mich genommen? Ganz einfach: Ich liebe Verstärker, sie waren und sind noch immer eine Passion für mich! Und ich habe das Business vermisst, definitiv. Im Vergleich zu damals hat sich eigentlich nicht viel verändert. Natürlich haben wir heute wesentlich mehr Erfahrung als damals. Von vielen der Fehler, die wir damals gemacht haben – und wir haben einige gemacht (lacht) – hoffe ich, dass wir sie nicht noch einmal machen. Wir sind heute ein Stück weit weiser, aber immer noch mit der gleichen Begeisterung und Energie bei der Sache!“

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2001 – Orange Crush

Oranges erster Streich im neuen Jahrtausend war die in Korea produzierte Einsteiger-Serie Crush. Diese kleinen Orangenkisten kamen ganz im Look der Großen daher und fanden auf diese Weise optisch wirkungsvoll Einzug in alle Musikgeschäfte dieser Welt.

Cliff Cooper: „Seit jeher war mein oberster Leitsatz: Du musst auf dich und deine Produkte aufmerksam machen! Das war einer der Hauptgründe für die Entwicklung dieser Einsteiger-Serie. Wir wollten in jedem noch so kleinen Shop auf dieser Welt präsent sein. Das ging natürlich nicht mit unseren Röhren-Amps, denn die waren zu teuer für kleine Shops. So kamen wir auf die Idee, mit der Einsteiger-Serie die Türe für den Verkauf der Großen zu öffnen. Die ganze Sache war also ein Stück weit Marketing.

Du kommst in einen kleinen Shop rein und siehst da diese niedlichen orangen Crush-Amps stehen und weißt: Aha, Orange is back! Und das hat funktioniert! Die kleinen Verstärker waren sehr erfolgreich, zumal sie auch noch richtig gut klingen und sehr zuverlässig sind. Und sie haben natürlich ihren eigenen, typischen Sound!“

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Das neue Jahrtausend

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Orange Produktpalette von heute (Bild: Klaus Schmidt)

So langsam machte es wieder die Runde: Orange Amps sind wieder da, und sie klingen besser als je zuvor! Als Folge davon griffen auch wieder namhafte Künstler wie z. B. Prince, Monte Pittman (Gitarrist von Madonna), The Edge von U2, die Brit-Rockgruppe Kaiser Chiefs, Alex Turner von den Arctic Monkeys oder die Gitarristen von Christina Stürmer auf die Verstärker zurück.

Doch bei Orange ruhte man sich nicht auf den Lorbeeren aus. In ständiger Entwicklungsarbeit wurde und wird der Sound der Amps laufend verbessert.

Cliff Cooper: „Das zentrale Ziel für uns war immer, die Bedürfnisse der Gitarristen nach einem optimalen Sound zu befriedigen. Egal, ob du nun einfache Akkorde oder auch schwierige Soli spielst, es muss einfach in allen Situationen richtig gut klingen. Dieses wunderbare Feeling beim Spielen muss einfach da sein und stimmen.

Wir haben viel Zeit und noch mehr Geld in die Forschung und Entwicklung gesteckt und fanden heraus, dass einer der zentralen Punkte für einen guten Sound die Beschaffenheit der Transformatoren in einem Amp ist. Speziell durch die Optimierung der Windungen des Output-Transformators konnten wir eine enorme Verbesserung des Sounds erzielen.

Ich traute zunächst meinen Ohren kaum, als ich das Ergebnis zum ersten Mal bei den Rockerverbs und Thunderverbs zu hören bekam. Jetzt hatten wir endlich den speziellen Orange-Sound gefunden, den wir schon immer gesucht haben, mit absolut wohlklingenden harmonischen Obertönen und jeder Menge Sustain. Darauf bin ich richtig stolz!“

2004 wurde mit der Rockerverb-Serie eine weitere Neuentwicklung erfolgreich auf den Weg gebracht. 2006 dann der gewaltige Thunderverb 200H, dessen Power und Wucht ganze Häuser zum Einstürzen bringen kann. Im selben Jahr wurde auch ein Tragetaschen-Amp namens Tiny Terror vorgestellt; ein kleiner, aber klanggewaltiger 15-Watt-Class-A-Röhrenverstärker.

Und ebenfalls 2006 war es, als Cliff Cooper zur Königin von England in den Buckingham Palast geladen wurde. Große Sache! Dort durfte er als Ehrung den „Queen’s Award for Enterprise“ für seinen erfolgreichen Beitrag zum internationalen Handel entgegen nehmen. 2007 brachte man mit dem Thunderverb 50H eine etwas alltagstauglichere Version des großen 200H heraus, für diejenigen, die eben kein Haus mit dem Teil einreißen müssen.

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Die Orange Produktion heute

Die Produktionsstätten von Orange sind heute in der Nähe von London angesiedelt. Die Verarbeitung der Hölzer für die Verstärker- und Lautsprechergehäuse geschieht mit modernster CNC-Technik. Als Rohmaterial dient hierfür 18 mm starkes, 13-lagiges hoch verdichtetes Birkensperrholz von höchster Qualität. Besonderen Wert wird in dem Zusammenhang auf die akkurate Bespannung mit orangem Tolex sowie eine saubere Hardware-Montage der Griffe, Füße, Ecken usw. gelegt.

Das Metallgehäuse-Chassis wird mittels CNC-gesteuerter Maschinen gestanzt, gebogen und nach dem Feinschliff weiß lackiert. Die Front-Platte erhält mit einer speziellen Vorrichtung, die Layout-Vorlagen der einzelnen Verstärker-Modelle bereit hält, den Orange-typischen Anstrich. Im Anschluss daran werden die elektronischen Bauteile in Handarbeit montiert. Der fertig verdrahtete Verstärker wird daraufhin einem vier Stunden dauernden Testlauf unterzogen. Während dieser Zeit werden ständig die elektronischen Werte beobachtet und protokolliert, damit sichergestellt wird, dass alle Bauteile einwandfrei arbeiten.

Hat der Amp erfolgreich diesen Testlauf bestanden, geht es weiter an die Endmontage, wo die Gehäuse bereits auf ihren Inhalt warten und wo auch die Celestion-Speaker in die Boxen eingebaut werden. Der fertiggestellte Amp wird abschließend noch einem weiteren Check unterzogen, dem sogenannten musikalischen Test. Mittels Anspielen wird geprüft, ob er auch wirklich rund und gut klingt. Dieser individuelle menschliche Test ist Orange sehr wichtig, denn Messwerte sind das eine, das Gehör eines erfahrenen Musikers aber immer noch die letzte Instanz. Wenn der Amp für OK befunden wurde, erhält er seine Seriennummer, wird sicher verpackt und ist dann Ready to Rock.

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Symbolisches zum Schluss: Das Orange Wappen

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40th Anniversary Psychedelic Logo (Bild: Klaus Schmidt)

Was hat Orange mit den guten, alten Ritterzeiten gemeinsam? Ganz einfach: Nehmt mal einen Orange Amp oder eine Box genauer unter die Lupe, und ihr werdet da ein verschnörkeltes Wappen finden. Nun ist das nicht einfach reine Zierde, sondern jedes einzelne Symbol auf dem Wappen hat seine ureigene Bedeutung. Das Wappen als Ganzes steht für die Ziele und Standards von Orange, vor allem für die hohe Qualität der Orange-Produkte.

Ganz oben das Fass, aus dem üppiges Blätterwerk in Hülle und Fülle herausquillt. Das soll bedeuten, dass zu jeder Zeit eine Vielzahl an Orange Amps in der Produktion und im Verkauf sind. Links zu sehen ist Naturgott Pan, er steht für das Hypnotische in der Musik, zu seiner Rechten Britannia, die symbolisch für den hohen Stellenwert von Orange in der britischen Industrie steht.

Orange 50 Jahre

Die Sonne und der Mond symbolisieren die ständige Präsenz von Orange auf dieser Welt: Wenn ein Orange-Händler seinen Shop am Abend schließt, öffnet gleichzeitig irgendwo auf der Welt ein anderer Shop seine Türen, um Orange Amps zu verkaufen. Die Waage über dem Wasser steht für einen regen Handel in Übersee, und der Orange Tree, ja, der wächst natürlich überall in der Welt. Der Löwe, der (auf dem Wappen nicht richtig sichtbar) durch starke orange Ketten gehalten wird, repräsentiert die unheimliche Power und Stärke der Amps, die nur darauf wartet, dass der neue Eigner sie freilässt.

Die darunter befindlichen Hammer und Meißel sind Symbole für die Handwerkskunst, die Orange auszeichnet. Die musikalischen Symbole < (crescendo) und > (diminuendo) sollen verdeutlichen, dass die Verstärker sowohl laut als auch leise richtig gut klingen. Zu guter letzt natürlich wird alles getragen von dem darunter stehenden Leitsatz „Voice of the World“. Cliff Cooper: „Ich kannte eine Firma in den USA, mit dem Slogan ,We are the Voice of America‘. Gut, dachte ich mir, das lässt sich ja noch locker toppen, und so kamen wir zu ,Voice of the World‘.“

Story & Fotos: Klaus Schmidt (erschienen in Gitarre & Bass 12/2008)

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Orange Rockerverb 50 Combo im Test

Tradition hin, Tradition her, manchmal muss einfach Neues her! Die Orange-Rockerverb-Serie bietet seit 2005 eine heiße Hot-Rod-Variante der kultigen Röhren-Amps aus England. Alte Stärken und neue Zerrfähigkeiten finden hier überzeugend zusammen, das stellte das Rocker verb-100-Top bereits lautstark unter Beweis. Eine Nummer kleiner gibt’s den Rocker ebenfalls als 2×12″-Combo oder als Top, und das mit durchaus eigenständigem Tonverständnis.

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Konstruktion

Praxis

Resümee

Daten & Fakten

Konstruktion

Orange hat sich beim Rockerverb 50 für eine andere Endröhrenbestückung entschieden: An die Stelle der EL34 des Rockerverb 100 rücken vier der kleinen 6V6-Endpentoden – und damit ein Klangcharakter, der entgegen offensiver Schlagkraft eine gediegene Kultiviertheit mit sich bringt. Der Amp kann auf Lautstärken, die eher für Clubs und kleinere Bühnen angemessen sind, schön zum Singen gebracht werden. Dynamisch darf man seine Crunch-Qualitäten nutzen – eine interessante Amp-Konzeption!

In der zweikanaligen Vorstufe hat sich nichts geändert, der Aufbau ist identisch mit dem 100-Watt-Top. Ein anderes Gehäuse war natürlich notwendig, damit die Regler und Schalter beim Combo von oben bedient werden können. Das Amp-Chassis ist nun hängend an der oberen Rückwand verschraubt, die wiederum mit vier Spax-Schrauben am Combo-Gehäuse befestigt ist. Ein Lüftungsgitter auf der Oberseite gewährleistet, dass die 6V6-Entpentoden Wärme nach außen abgeben können. Sinnvoll: Durch ein weiteres Wandstück ist die Rückseite zu Dreiviertel geschlossen. Das Anschlussfeld befindet sich auf der Unterseite des Amp-Chassis. Bitte einmal bücken, es liegt 30 cm oberhalb der Bodenkante.

Um die Beschriftungen der Buchsen zur erkennen, muss man den Koffer ein wenig kippen. Dazu kommen die Haltebügel auf dem Bedien-Panel wie gerufen, alles in allem ist es aber ein wenig unkomfortabel, was Orange da einem abverlangt. Der Combo wirkt robust wie ein Panzer. Dass die Chassis-tragende Rückwand von der Materialstärke her nicht ganz so kräftig wie das übrige Gehäuse ist, sollte man beim Transport allerdings berücksichtigen. Die seitlich eingelassenen Metall-Griffschalen sind natürlich eine gute Idee, der Combo ist vom Gewicht her ein Brecher.

Ein fett dimensionierter Netztrafo und Ausgangsübertrager sowie zwei Celestion-Vintage30-Lautsprecher tragen dazu bei. Von vorne schützt die Speaker ein strapazierfähiger Korb-Bespannstoff wie bei der legendären Orange 4×12″-Box, die wahrscheinlich jeder kennt. Wie bei den Boxen befinden sich auf der Unterseite des Combo-Gehäuses keine Gummifüße oder Rolleneinsätze, sondern die sogenannten Skid-Holzplanken, die eine optimale Schwingungsübertragung zum Boden gewährleisten und das Klangvolumen fördern. Auf dem Combo-Boden selbst ist ein großes Accutronics-Hallsystem (42,5 cm/3 Federn)

in einer Tasche montiert. Bei den Topteilen muss aus Platzgründen die kleine Ausführung (23,5/3 Federn) genügen. Im Inneren des Chassis zeigt sich ein sauberer Platinenaufbau. Das Bedien-Panel gestaltet sich sehr übersichtlich. Der Clean-Kanal gibt sich mit den Reglern Volume, Bass und Treble betont schlicht, er kann dennoch mehr als man denkt. Beim Dirty-Channel gehören getrennte Gain- und Volume-Steller und eine Dreiband-Klangregelung zum guten Ton. Der Reverb-Regler kontrolliert gemeinsam den Hallanteil für beide Kanäle. Es folgt ein solider Channel-Schalter, wie gewohnt ohne Status-Anzeige. Power und Standby sind in einem dreistufigen Schalter zusammengefasst. Als Betriebsanzeige (Power) dient eine orangefarbene Pilot-Lamp.

Unter den Anschlussmöglichkeiten finden sich der Send und Return der seriellen Effekt-Loop, die Fußschalteranschlüsse für Channel und Reverb, drei Lautsprecherausgänge (2×8 Ohm, 1×16 Ohm) sowie die Euro-Netzbuchse mit integriertem Sicherungshalter. Beim Rockerverb 100 hatte man die Möglichkeit, andere Röhrentypen zu verwenden, das muss beim 50er-Modell entfallen – der Amp ist eine klare SoundEntscheidung! Den Platz hat Orange für ein zweistufig schaltbares Speaker-Damping genutzt, ein nützliches Features. Das neue „Tube Failure Protection“-System darf nicht fehlen; es verhindert, dass bei einer defekten Röhre der Combo komplett ausfällt – statt dessen kann man mit halber Leistung weiterspielen.

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Praxis

Die Kanäle Clean und Dirty kombinieren sehr unterschiedliche Sound-Prägungen. Den Clean-Channel kann man als traditionellen Non-Master-Amp betrachten, weiter aufgerissenen versteht er es, tolle Crunch-Sounds zu liefern.

Zunächst stehen schön warme Clean-Sounds mit vitaler Impulskraft und Druck im Mittelpunkt, der Ton entfaltet sich musikalisch raumgreifend. Die gegenseitige Beeinflussung der Klangregler Bass und Treble ist ausgeprägt, am besten dreht man beides voll auf und hört sich die Nuancen an, die sich durch kleine Änderungen der Reglerverhältnisse auftun.

Ob es nun an der Endstufe und/oder der Speaker/Gehäuse-Kombination liegt? Der Combo zeigt gegenüber dem Rockerverb100-Top eine speziellere Mittenbetonung. Eine cleane Strat mit Singlecoils erhält einen reizvollen Nöck im ihrem Klangbild. Genau der richtige Sound, um beispielsweise eine wavig angehauchte Clean-Gitarre zu dengeln.

Bei Humbucker-Gitarren kann jedoch leicht ein topfiger Eindruck entstehen. Der Übergang zum Anzerren erfolgt ab der Mitte des Volume-Regelweges und ist gutmütig und dynamisch prima zu kontrollieren. Mit zunehmenden Übersteuerungen geht eine beeindruckende Kraftentwicklung einher, der Sound drückt und schiebt ohne Ende. Vor allem, wenn das Speaker-Damping auf „Low“ eingestellt ist und der Rockerverb in den unteren Frequenzen ungebremst läuft. Das ist Crunch vom Feinsten, und die Speaker kommen richtig ans Arbeiten.

Was beim 100-Watt-Top mit seinem Headroom zu einem mörderhaften Schallpegel führt, bleibt an dieser Stelle allerdings erträglich. Dennoch muss man nicht denken, dass die gepflegt harmonische Qualität der 6V6-Endstufe dem Sound die Zähne zieht. Nein, der Ton behält etwas Ungehobeltes bei, das einlädt, sich auf der Gitarre auszutoben, was an traditionelle Sounds von Pete Townshend bis zu den Stranglers, oder The Clash erinnert. Im Dirty-Channel steigert sich das Zerrvermögen von orange zu glutrot – volles LeadSustain kein Problem!

Der wahre Anhänger der Verstärker-Marke wird kaum missen, dass der Metal-Charakter außen vor bleibt. Das aggressiv sägende oder „gescoopte“ im Klangbild ist einfach nicht zu erreichen, dafür aber eine breite, fette Zerrung, die unterstützt vom Endröhren-Charakter bei aufgedrehter Lautstärke wunderbar singt. Man sollte es mit der Gain-Einstellung nicht übertreiben, über eine Regler-Position von 7 hinaus entwickelt der Rockerverb 50 mehr Nebengeräusche. „Less gain, more tone“, so lautet die Devise dieses Briten. Und das entspricht den Sound-Kategorien Alternative-, College-, Punk- bis Retro-Rock.

Der Amp bringt das Temperament und die Ausstattung mit, die man im Live-Einsatz benötigt. Der röhrengebufferte Effektweg und der Hall funktionieren einwandfrei. Mich persönlich stört ein wenig, das der Effects-Return parallel zum Hall verläuft. Eingeschliffene Effekte wie ein Delay fügen sich nicht mit dem Reverb zusammen. Ein Kompressor funktioniert in der Verschaltung erst gar nicht. Gut, aber das sind auch nicht die Sounds, die man von einem Orange-Amp hören möchte.

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Resümee

Entweder man mag Orange-Amps oder nicht, dazwischen gibt es keine weitere Schublade. Auch die Rockerverb-Serie will nicht die Bandbreite der modernen Musik bedienen – das überlässt man lieber einen der vielen Verstärker in Schwarz und liefert Charakter-Amps. Der Rockerverb 50 besitzt gegenüber dem leistungsstärkeren Modell definitiv eigene Wesenszüge.

Die 6V6- Endstufe fördert einen wärmeren Ton mit erhöhtem Vintage-Faktor. Um einiges schneller sind wohlklingende Sättigungsfärbungen zu erhalten, die ihren Einfluss auf den Clean- wie Dirty-Channel positiv geltend machen. Trotz High-Gain-Kapazitäten ist der Rockerverb kein gefälliger Mainstream-Amp, aber ein gelungener Brückenschlag aus alt und neu. Sein Preis ist angemessen.

Plus Minus
+ Sound – Keine Kanal-Anzeige
+ Druck – Rückseitige Anschlüsse
+ Klangfülle
+ Harmonisches Klangverhalten
+ Umsetzung von Spieldynamik

Daten & Fakten

  • Fabrikat: Orange
  • Modell: Rockerverb 50 Combo
  • Herkunftsland: England
  • Gerätetyp: Gitarrenverstärker, Röhrentechnik, 4× 12AX7 (Preamp), 2× 12AT7 (Reverb/FX-Loop), 4× 6V6 (Poweramp)
  • Leistung: 50 Watt an 8/16 Ohm Gehäuse: 18 mm Birkensperrholz, 8 Stahlecken, Gummifüße, Tragegriffe auf Frontpanel, Griffschalen
  • Lautsprecher: 2× Celestion Vintage 30
  • Anschlüsse: Input, Footswitch, Speaker-Out, 1× 16 Ohm, 2× 8 Ohm, Netzkabel
  • Regler: Clean Channel: Volume, Bass, Treble; Dirty  Channel: Gain, Volume, Bass, Middle, Treble; Global: Reverb
  • Schalter: Power, Standby, Channel; Rückseite: Speaker-Damping
  • Getestet mit: Schmitz Power-Strat, ESP-Strat, Les Paul, diverse Marshalls, Orange-Rockerverb-100- Top, Fender Twin Reverb, Mesa Triple Rectifier & Box, Marshall-1960AV-Box, Orange 4×12er
  • Maße: 660 520 300 BHT/mm Gewicht: 38 kg
  • Vertrieb: Orange Musical Electronic Company, Borehamwood, Hertfordshire WD6 1AY, England

Text: Stephan Neumeier

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Orange Tiny Terror im Test

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Konstruktion

Praxis

Resümee

Daten & Fakten

Orange Tiny Terror im Test

Konstruktion

Fünfzehn Watt aus zwei EL84/JJ in Class-A-Beschaltung. Das ist ein halber AC30. Was erklärt, warum man von der Leistung Einiges erwarten kann. Wahlweise drückt der Tiny Terror nur die Hälfte aus den Röhren, weil er umschaltbar ist auf sieben Watt. Die Ausstattung des Amps ist äußerst spartanisch. Gain, ein passiv arbeitender Ton-Regler, und Volume an der Front. Hinten drei Lautsprecherausgänge (8/8/16 Ω), die Netzbuchse und ein Sicherungshalter, das war’s.

Die Verstärkung des Gitarrensignals in der Vorstufe reduziert sich auf eine ECC83, ein zweite fungiert als Phasentreiber vor der Endstufe. Auch hier ist JJ der Lieferant. Das Stahlblech-Gehäuse ist superstabil und mit einer Wandstärke von ca. 1,5 mm geradezu überdimensioniert. Die Elektronik befindet sich unten in einem flachen Rechteckchassis. Daran ist mit zehn Schrauben das mit Lüftungsschlitzen durchzogene Oberteil montiert. Innen finden sich ausschließlich hochwertigste Bauteile. Wer aber auf freie PTP-Verdrahtung hofft sieht sich enttäuscht.

Die Schaltung ist komplett auf einer großen Platine aufgebaut, inklusive der Potis, die aber zusätzlich an der Front-Platte verschraubt sind und insofern mechanisch unkritisch sind. Die Ausgangsbuchsen liegen extra, ebenfalls auf einem Printboard. Nur die Schalter, die Netzbuchse und die Kontrolllampe sind frei verdrahtet. Dies vorbildlich mit isolierten Alles in allem ist die Verarbeitung und die qualitative Anmutung sehr gut. Tja, Orange, England, ist eben ein europäisches Qualitätsprodukt. Denkste, von wegen, „Made in Korea“ steht drauf; der Know-How-Transfer nach Asien zeigt hier seine (bitter-?) süßen Früchte.

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Praxis

Es versteht sich von selbst, dass ein Amp mit so geringer Leistung nur bedingt für Clean-Sounds taugt. Ja logisch, im Prinzip kann der Tiny Terror durchaus unverzerrte Klänge von sich geben. Allerdings nur in verhaltener Lautstärke. Für den Einsatz in einer Band reicht das nicht. Man muss zudem feststellen, dass der Höreindruck nur bedingt dem entspricht, was man gemeinhin von einem guten ausgewogenen Cleansound erwartet. Eine nasige Hochmittenbetonung, raue Höhen und wenig Volumen in den Tieffrequenzen erzeugen ein recht eigenwilliges Klangbild.

Diese Charakterzüge verschwinden nicht, wenn man den Verstärker in die Verzerrung steuert, aber sie harmonieren mit dieser Klangebene wesentlich besser. Der Tiny Terror geht schön feinfühlig ins Zerren über und wird erst richtig lebendig, wenn die Endstufe ordentlich arbeiten muss. Insofern ist auch schon einmal klar, dass der kleine Orange nicht der ideale Bedroom-Amp ist. Da hilft auch die Umschaltung auf sieben Watt nicht. Subjektiv wird er dann nur wenig leiser, eher der Klang ändert sich, wird schlanker in den unteren Mitten.

Gute Wahl für fette Humbucker, falls die unten herum zu schmutzig klingen sollten. Schon im Crunch-Bereich zeigt der Tiny Terror eine starke Neigung dazu in Obertöne umzukippen. Mit höherem Gain wird diese Eigenschaft noch dominanter. Dies ist eine der besonderen Stärken des Amps: Bei moderaten Lautstärken agiert er so, wie sonst nur ein erwachsenes voll aufgerissenes Vintage-Stack, das macht Spaß.

Außerdem hat der Tiny Terror in Sachen Gain-Reserven die Nase weiter vorn als die meisten seiner Konkurrenten auf dem Markt. Er erzeugt bei Bedarf wirklich Hi-Gain-Distortion. Bei alledem erweist er sich schließlich doch als arger Wüterich. Als wolle er seinem Namen unbedingt gerecht werden sind die Verzerrungen zwar in ihrer Struktur schön harmonisch, im Klang erweist sich der Amp aber als tendenziell bissig, aggressiv, in den oberen Mitten fast schon aufdringlich. Der Tonregler kann da kaum eingreifen.

Er stellt eine simple Höhentonblende dar und bewirkt nicht viel. Ob diese Eigenschaften Blues-Spielern zusagen, darf bezweifelt werden. Daran finden doch eher Retro-Rocker Vergnügen. Denen kommt sicher auch entgegen, dass der Tiny Terror an der Leistungsgrenze wenig „Sag“ entwickelt, also bei Impulsen kaum in die Knie geht. So bleibt letztlich nur noch anzumerken, dass der Amp basslastige Cabinets mag bzw. braucht. Was er im Bassbereich abliefert ist generell mager, zuweilen sogar etwas undifferenziert.

Eine offene 1×12-Box ist daher kein guter Partner, auch wenn man sich das im Sinne eines kompakten, leicht transportablen Pakets wünschen mag.

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Resümee

Hoppla, was geht hier vor, Zwergenaufstand? In der Tat, der Knirps reißt die Klappe auf wie ein Großer. Wer einen puristischen Röhren-Amp sucht, der gut kontrollierbar die Finessen der Endröhrenübersteuerung abliefert, ist beim Tiny Terror an der richtigen Adresse. Im Charakter eigensinnig, eher giftig denn lieblich, eignet sich der handliche Amp bevorzugt für härtere Gangarten. Und er ist mit seinen fünfzehn Watt in der Tat voll bühnentauglich. Sehr gute Verarbeitung und Bauteile, attraktives Design, Transporttasche inklusive, eigentlich könnte man mit dem Preis-/Leistungsverhältnis ganz und gar zufrieden sein. Nur leider dämpft die etwas schlappe Basswiedergabe den positiven Eindruck etwas.

Plus Minus
+ Sound – Schwache Wiedergabe im Bassbereich
+ Ansprache, obertonfreundlich
+ Gain-Reserven
+ Relativ hoher Schalldruck
+ Geringe Nebengeräusche
+ Verarbeitung/Qualität der Bauteile

Daten & Fakten

  • Fabrikat: Orange
  • Modell: Tiny Terror
  • Made in: Korea
  • Gerätetyp: E-Gitarren-Verstärker, Topteil, einkanalig, Vollröhrenbauweise, Siliziumgleichrichtung, Class-A-Kathodenbias-Endstufe m. 2× EL84 (JJ); Vorstufe: 2× ECC83S/JJ
  • Leistung: max. ca. 15 Watt (Herstellerang.)
  • Mechanik: Gehäuse und Chassis aus Stahlblech (ca. 1,5 mm), Lüftungsschlitze oben u. a. d. Seiten, Gummifüße, Tragegriff a. d. Oberseite, Röhren mit Blechhülsen bzw. Federklammern gesichert
  • Anschlüsse: Front: Input; Rücks.: 3 Lautsprecher-ausgänge (8/8/16 Ω), Netzbuchse
  • Regler: Front: Gain, Tone, Volume
  • Schalter: Front: On/Off/Standby, 15/7 Watts
  • Effekte: Nein
  • Einschleifweg: Nein
  • Gewicht: ca. 5,7 kg
  • Maße: ca. 303 × 158 × 132 (BHT/mm)
  • Zubehör: gepolsterte Tragetasche m. Schulterriemen und Zubehörfach
  • Zum Hören: Diezel VH-4S, MesaTriaxis/Strategy-400, alte AC30, Diezel-Cabs u. a., Steinberger GL4T/EMG/ Duncan, Morgaine Mintage’61/Fralin, Vovox-Kabel

Text: Ebo Wagner

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Orange Crush 12/20RT/35RT im Test

Kam Kumpel Ritchie letztens rein, sieht die Crushies, dreht sich um, grinst, und blubbert „…irgendwie sehen die doch echt cool aus, oder?!“ Okay, Geschmackssache, wer es nicht mag, kann ja schwarze Orangen bekommen. Und überhaupt, gut aussehen mag für GNTM reichen, es zählen aber primär die inneren Werte. Und die dürfen die Klein-Combos jetzt und hier beweisen.

<<<Inhaltsverzeichnis >>>

Konstruktion

Praxis

Resümee

Daten & Fakten

Orange Crush 12/20RT/35RT
Tone & Style: Orange Crush 12/20RT/35RT

Konstruktion

Die wichtigste Information zu allererst: Die Combos dieser neuen Crush-Serie bedienen sich nicht der digitalen Modeling-Technik, sondern verstärken das Gitarrensignal analog. Und zwar mit Halbleitern, ICs und Transistoren − keine Röhren am Start. Und schon der kleinste im Bunde, der mit einem 6-ZollLautsprecher bestückte Crush 12, leistet sich einen vollwertigen Preamp-Kanal mit Dreibandklangregelung, Gain, Volume und einem zusätzlichen Overdrive-Poti. Ein Kopfhörerausgang mit Speaker-Simulation rundet die Ausstattung ab. Den hat der nächste Combo auch. Der Crush 20RT (20 Watt, 8″-Speaker) ist außerdem bereits zweikanalig ausgelegt. Er hat einen eigenen Clean-Lautstärkeregler, und der Sound-Wechsel kann manuell oder über den Fußschalteranschluss ausgeführt werden. Zusätzlich ist ein LED-Stimmgerät integriert, sowie ein Aux In (3,5 mm Klinke) zum Einspielen von Playbacks oder Ähnlichem. Obendrein ist ein digitaler Reverb an Bord.

Man kann den Crush 20 auch ohne den Raumeffekt bekommen und spart dann € 54. Nummer drei bietet alles was der 20RT vorzuweisen hat plus einen seriellen Effektweg. Und der Crush 35RT ist mit 35 Watt und einem 10-Speaker der stärkste im Bunde. Mit der opulenten Ausstattung könnte er sogar schon auf der Bühne zum Einsatz kommen?! Na, das werden wir gleich sehen.

Vorher der obligatorische Blick hinter die Kulissen. Die Gehäuse sind aus Spanplatten gefertigt. Sauber gemacht, keine Einwände. Die Elektronik ist bei allen Modellen an einem L-förmigen Blech montiert. Aufbau und Verarbeitung machen einen grundsoliden Eindruck. Von daher können wir für die Substanz schon einmal ein dickes Plus verbuchen.

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Praxis

Knöpfen wir uns als erstes den Kleinsten vor. Minigehäuse und kleiner Lautsprecher, ganz klar, da brauchen wir gar nicht lange drum herum zu reden, konstruktionsbedingt muss der Crush 12 topfig klingen. Und Bässe hat er natürlich auch nicht. Trotzdem, mit seinem Klang darf man sehr zufrieden sein. In der Wiedergabe bildet sich eine leichte Röhrenpatina aus, Details kommen sehr gut zum Vorschein, was man zum Beispiel daran merkt, wie charakterstark die Sounds einer Vintage-Strat rüberkommen.

Die Verzerrungen klingen harmonisch, schwingen homogen aus, reagieren gut auf die Bedienung des Guitar-Volume, und können sehr intensiv sein; das reicht mindestens für satte Blues-Soli. Treble und Middle arbeiten intensiv. Der Combo ist also auch ziemlich variabel. Ein dickes Plus generiert der Headphones-Ausgang. Elegante Speaker-Simulation, das hört sich unter den Kopfhörer gut an und macht vor allem viel her, wenn man das Signal für D.I.-Recording benutzt. Dann klingt der Crush 12 fast schon wie ein erwachsener Verstärker.

Mit diesen Grundanlagen trumpfen auch die anderen beiden Combos auf. Und schon der nächstgrößere Crush 20RT erfreut mit voluminösem Klang. Viel Bass gibt es nach wie vor nicht, aber die Balance in sich ist doch schon erfreulich stimmig. Der Hall klingt angenehm und lässt sich gut dosieren. Das macht schon richtig Musik. Nur der Tuner überzeugt nicht vollends. Er arbeitet zu gutmütig bzw. zu tolerant, zeigt schon „OK“ an, wenn die Saite noch gar nicht präzise die Tonhöhe erreicht hat.

Der Crush 20RT kann schon lauter sein als es Wohnnachbarn lieb ist, für eine Band reicht er jedoch nur sehr bedingt. Der große Bruder kommt da durchaus schon infrage. Mit seinen 35 Watt und dem 10″- Speaker macht er bei Bedarf ordentlich Alarm. Dank Kanalumschaltung, Reverb und Einschleifweg hat er ja auch alles was man auf der Bühne als Grundausstattung braucht. Der Tuner tuned, aber wieder nicht präzise, ansonsten ist das Paket stimmig und macht schlicht schon richtig Spaß.

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Resümee

Die analoge Signalbearbeitung zahlt sich aus. Tonal steckt in den Combos Kultur. Empfehlenswert sind alle, doch der BestBuy-Tipp geht an den Crush 20RT. Er bietet einfach den höchsten Gegenwert fürs Geld. Nur knapp dahinter folgt der Crush 12. So musikalisch korrekt seine Wiedergabe ist, eignet er sich unter anderem auch für preisbewusste Einsteiger. Den Crush 35RT muss man bereits als Vollwertcombo einstufen, wobei sein relativ geringes Gewicht und die kompakten Abmessungen als zusätzliches Plus auf sein Konto gehen.

Plus Minus
+ Sound, Variabilität – Tuner arbeitet ungenau
+ Ansprache
+ Harmonische Verzerrungen
+ Klang Headphones-Ausgang
+ Verarbeitung/Qualität der Bauteile

Daten & Fakten

  • Fabrikat: Orange
  • Modell: Crush 12, 20RT, 35RT
  • Gerätetyp: E-Gitarren-Kofferverstärker
  • Herkunftsland: China
  • Technik: Halbleiterschaltung, analoge Signalbearbeitung Leistung: max. ca. 12, 20, 35 Watt (siehe Modellbez.)
  • Gehäuse: Schichtholzplatten, geschlossen
  • Chassis: Stahlblech
  • Anschlüsse: 12: Input, Headphones, Netzbuchse; 20RT: zus. Aux In, Channel Switch; 35RT: dito zus. Send, Return
  • Effekte: Reverb, digital (20RT, 35RT)
  • Einschleifweg: nur 35RT: ja, seriell
  • Gewicht: ca. 4,7 kg (C12), 7,2 kg (C20RT), 11 kg (C35RT)
  • Maße: ca. 305 × 290 × 175 (C12), ca. 375 × 325 × 197 (C20RT), 440 × 400 × 230 (BHT/mm, Gehäuse)
  • Vertrieb: Trius GmbH 49477 Ibbenbüren
  • Zubehör: Netzkabel

Text: Ebo Wagner