Meilenstein 1971

Black Sabbath: Master of Reality

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Die 1969 im englischen Birmingham gegründete Rock-Band Black Sabbath konnte 1970 mit ihren beiden Alben ,Black Sabbath‘ und ,Paranoid‘ für sehr großes Aufsehen sorgen. Album Nr. 2 erreichte in England Rang 1, in den USA kletterte es bis auf Platz 8 der Charts. Die Musikwelt wurde hier mit einer der ersten Hardrock-Bands konfrontiert, die – mit viel britischem Humor – den Beelzebub und weitere okkulte Themen als Marktlücke für sich entdeckt hatte.

Meilenstein 71_Black Sabbath (1)
(Bild: UNIVERSAL, SANCTUARY)

Den Herren Ozzy Osbourne (voc), Tony Iommi (g), Geezer Butler (b) und Bill Ward (dr) verdankt der Musikjournalismus die Floskel „rockt wie die Hölle“. Nach dem schnellen Einstiegserfolg stand jetzt also Album Nr. 3 an. Am 21. Juli 1971 – 45 Jahre und einen Tag vor Veröffentlichung dieser Gitarre-&-Bass-Ausgabe – erschien ,Master Of Reality‘. Und das beginnt mit einem mehrfach wiederholten Hustenanfall (übrigens von Iommi und nicht von Ozzy), an den sich direkt eines der markantesten Riffs der Band anschließt. Langsam rollt ,Sweat Leaf‘ über den Hörer hinweg, dann ein Break und plötzlich wird dynamisch abgerockt, bevor das Riff wieder das monotone Kommando übernimmt.

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Nach einem psychedelischen Intro wird das Tempo in ,After Forever‘ angezogen. Hier kann man sehr schön studieren, wie die Aufteilung zwischen Gitarrist Iommi und Bassist Butler funktioniert. Beide spielen unisono ihre Riffs, und der Bass legt klassisch ein Achtelfundament unter das Solo. Wenn die Gitarre Powerchords ausklingen lässt, dann umspielt Geezer sie gerne mit melodischen Licks. Bill Ward war mit seinem lebendigen und geradezu jazzigen Spiel nicht der Prototyp eines straighten Rock-Drummers. Schließlich agierte Ozzy Osbourne mit Druck und Leidenschaft in der Kehle und gab auf der Bühne die Rampensau.

Sucht man nach den Ursprüngen des Heavy Metal, dann landet man zwangsweise bei ,Children Of The Grave‘. Im Shuffle-Beat rockt die Band scharf nach vorne. Das hypnotische Riffing der Gitarre kann man nur als klassisch bezeichnen. Iron Maiden haben ein Jahrzehnt später so etwas auf Tempo gebracht. Am Ende klingt der Song ruhig mit einer hörspielartigen Geräuschkulisse aus. ,Lord Of This World‘ bietet ein weiteres legendäres düsteres Riff, und die Nummer zeigt aber zugleich, dass auch Black Sabbath wie viele britische Bands Wurzeln im Blues hat. Schließlich verabschiedet sich Sabbath mit ,Into The Void‘ – noch so ein großartiger Brecher, der mit einem schleppenden Riff beginnt und plötzlich in eine knackige Strophe wechselt.

Auf ,Master Of Reality‘ gingen die Herren von Black Sabbath musikalisch einige musikalische Schritte weiter als andere Rock-Acts ihrer Zeit: Klangexperimente und immer irgendwie mitschwingende Geräusche gibt es jede Menge zu entdecken. Und da ist natürlich dieser ultradeepe Gitarren- und Bass-Sound. Laut Iommi wurde die Gitarre erstmals um drei Halbtöne nach unten gestimmt. Das Down-Tuning war auch das Resultat eines Fabrikunfalls in jungen Jahren, bei dem Iommi die Kuppen seines Mittel- und Ringfingers der rechten Hand verlor – also der Greifhand des Linkshänders. Tony fertigte sich selbst Kuppen aus Kunststoff an, später wurden sie aus Leder hergestellt.

Durch die schwächere Saitenspannung bei tieferen Stimmungen, mit denen er fortan experimentierte, wurde seine Gitarre für ihn leichter spielbar. Hinzu kam, dass Tony die reguläre B- und hohe E-Saite gegen dünne Banjo-Saiten austauschte. Angeblich setzte er für das Eb-Tuning Saiten in den Stärken .008, .008, .011, .018 .024, und .032 ein, für das Db-Tuning benutzte er die Stärken .009, .010, .012, .020, .032 und .042. Iommi spielte in der Frühphase von Black Sabbath eine 1965er Gibson SG Special und ein Laney-100-Watt-Stack, dazwischen wurden ein Treble-Booster von Dallas Rangemaster und ein Tyco- brahe-Parapedal Wah geschaltet.

Black Sabbath 1971: Ozzy Osbourne, Tony Iommi, Geezer Butler und Bill Ward
Black Sabbath 1971: Ozzy Osbourne, Tony Iommi, Geezer Butler und Bill Ward (Bild: UNIVERSAL, SANCTUARY)

Geezer Butler setzte anfangs einen Fender Precision Bass ein, danach auch einen Dan Armstrong. Beim Debüt-Album verstärkte er noch mit einem 70(!!!)- Watt-Laney-Topteil und einer Park-Box mit nur drei Lautsprechern. Später spielte er zwei Laney 4×12-Cabinets und zwei Laney-100-Watt Bassverstärker, und schließlich dann auch Ampeg-SVT-Amps mit verschiedenen Boxen-Kombinationen. Dazu setzte er ein Tycobrahe-WahWah ein. Laut eigener Aussage schlägt er die Saiten normalerweise mit den Fingern an, in schnelleren Songs benutzt er ein Plektrum. Butlers Sound war angezerrt und er kam speziell auf diesem Album der Gitarre in die Quere – oder umgekehrt.

Geezer sagte einmal in einem Interview mit dem Vintage-Guitar-Magazine über seinen Sound: „Ich habe als Rhythmusgitarrist angefangen, aber wir brauchten in dieser Band keinen, also wechselte ich zum Bass. Viel Leute denken, ein Bassist sollte melodischer klingen, so wie Paul McCartney, der all diese netten Dinge spielt um allem mehr Tiefgang zu geben. Aber das konnte ich nicht, also folgte ich Tonys Riffs. Hinzu kam, dass es im Studio immer hieß ich könnte nicht so viel Verzerrung auf dem Bass haben, weil Bassisten das nicht machen würden. Aber das bin ich, das ist mein Sound! Wir hatten für gewöhnlich Kämpfe mit Produzenten und Tontechnikern über Verzerrung und wie ein Bass klingen solle. Es gab zu jedem Album eine Diskussion.“

Und Iommi ergänzte im selben Interview: „Sie verstanden nicht, dass der Sound, den wir zusammen erzeugten, das war was wir wollten. Du kannst nicht anfangen und unsere Parts einzeln anhören, weil sie erst zusammen unseren Sound ergeben.“ Wohl wahr! Und damit sind wir bei einer weiteren Qualität von ,Master Of Reality‘: Hört man sich die acht Songs in der originalen LP-Reihenfolge an, wird offenbar, dass die kurzen Instrumentals ,Embryo‘ und ,Orchid‘ so etwas wie Bindeglieder zwischen den Stücken sind. Und auch die Ballade ,Solitude‘ setzt gegen den Heavy-Rock mit Flöten und cleaner gezupfter Gitarre eine getragene, hippieske Atmosphäre.

Keine Frage, ,Master Of Reality‘ besitzt in seiner Gesamtheit einen dramatischen Aufbau. Und Tony Iommis damals neuer Sound unterschied sich, im wahrsten Sinne des Wortes, massiv von zeitgenössischen Gitarristen wie Jimmy Page und Ritchie Blackmore. Iommi hatte jedenfalls einen immensen Einfluss, auf die New Wave Of British Heavy Metal der 80er, genauso wie auf die Grunge-Szene und die Stoner-Rocker der 90er-Jahre. Dass Kultproduzent, Sänger und Gitarrist Chris Goss seine eigene Band „Masters Of Reality“ genannt hat, ist sicher kein Zufall. Und aktuelle Bands wie die Schwedenrocker Lugnet oder Wolfmother aus Australien legen sicher gerne mal ein altes Sabbath-Album zur Inspiration auf.

Seit 45 Jahren wegweisend: Master Of Reality
Seit 45 Jahren wegweisend: Master Of Reality (Bild: UNIVERSAL, SANCTUARY)

Aktuell hat Black Sabbath in der Besetzung Ozzy, Tony, Geezer plus Drummer Tommy Clufetos ihre „The End – The Final Tour“ absolviert. Die letzten Europa-Gigs gingen  am 2. und 4. Februar in der Genting Arena im heimischen Birmingham über die Bühne. Am 12. November 2017 soll im AT&T Center in San Antonio, Texas definitiv das letzte Konzert stattfinden – bis zum nächsten Comeback jedenfalls.

Am 4. Februar 2017 spielte Black Sabbath den letzten Song:

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