25 Jahre Passion and Warfare

Vai’s Axes: Ibanez Universe UV77PSN, WFR, SVR im Test

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Steve Vai polarisiert: als Musiker, als genialer Gitarrist, als Selbstvermarktungs-Genie und als Gitarren-Designer.

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(Bild: Dieter Stork)

Im letzten Monat hatte ich die Gelegenheit, Steve Vai gleich zweimal live zu sehen: beim Ibanez Guitar Festival in Gutenstetten, wo er ein 3-Stunden-Set spielte und u.a. auch sein berühmtestes, bekanntestes und erfolgreichstes Album ,Passion And Warfare‘ komplett aufführte, sowie in Bonn beim G3-Konzert, das er mit den Aristocrats, deren Gitarrist Guthrie Govan und Joe Satriani bestritt. Man kann Steve Vais Musik lieben, hassen, bewundern oder einfach nur anhören, eins muss man ihm lassen: Seine Gitarren machen das, was er will. Und er hat sie von Ibanez so bauen lassen, wie er sie haben wollte – die extravagante JEM und die siebensaitige Universe.

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Vais Album ,Passion And Warfare‘ kam 1990 auf den Markt, und zum 25-jährigen Jubiläum ging er damit weltweit auf Tour, um erstmals das komplette Werk live zu spielen. Auf der NAMM-Show 2016 wurden drei limitierte 7-String Universe vorgestellt, die jetzt passend zur Tour auf den Markt kommen. Weltweit werden jeweils 77 Exemplare von jeder der drei Gitarren gefertigt; sie unterscheiden sich nur durch die Multicolour-Lackierungen, die dem Artwork und den Farben des Albums ,Passion And Warfare‘ folgend gestaltet sind und den für die drei Begriffe Passion (blau-pink), Warfare (orangegelb) und Silver (silber-blau – für 25 Jahre) stehen.

Jede der limitierten Gitarren kommt im Hartschalenkoffer mit einem signierten Zertifikat in aufwendigem Plexiglas-Rahmen, in dem auch sieben Plektren, die in den Finishes der Gitarren gestaltet sind, sowie eine der Pyramiden-Griffbrett-Einlagen Platz finden. Die für Deutschland reservierten Gitarren wurden außerdem von Steve nochmals persönlich direkt auf dem Body signiert. Seien wir ehrlich: Diese in Japan gebaute Universe ist ein teures Sammlerstück, für Fans, für Gitarrenliebhaber und für wahre Aficionados. Aber man bekommt wirklich was geboten.

Extended Range Guitars: 7string-Gitarren an sich sind nichts Neues: Immer wieder haben E-Gitarristen in den letzten Jahrzehnten mit zusätzlichen Saiten experimentiert. Aber wer hätte gedacht, dass Steve Vai nach der JEM, die 1986 vorgestellt wurde, mit der Universe 7string 1990 eine ganz neue Generation von Gitarristen und auch Gitarren ins Leben rufen würde? Ich kann mich noch daran erinnern: Als die Universe auf den Markt kam, sah man überall ratlose Gesichter. Niemand konnte sich vorstellen, was man mit einem solchen Instrument anfangen könnte. Auch Steve Vais Musik war ja viel zu komplex, um sie auch nur ansatzweise nachahmen zu können. Aber nach und nach entwickelte sich eine neue Musikrichtung nach der anderen – wie z. B. NuRock und Djent – die auf dem Sound der 7- und mittlerweile 8-saitigen Gitarren basieren. Mittlerweile gibt es ein riesiges Angebot an Gitarren, oft auch mit verlängerter Mensur oder exotisch aussehenden gefächerten Griffbrettern. Und in diesem Umfeld wirkt die Universe heute schon fast wieder normal.

Total Recall

Im Prinzip ist die Ibanez Universe eine auf 7-Saiten-Format erweiterte JEM, bei der lediglich der Monkey Grip weggelassen wurde. Die drei limitierten Gitarren sind genau so gebaut wie das erste 1990er Universe-Modell – ein Modell von 1991 ist links zum Vergleich abgebildet: Es gibt keine Unterschiede, die drei Neuen sind bis auf die Farben Replikate der Original- Universe.

Der Korpus aus amerikanischer Linde hat einen aufgeschraubten Ahornhals mit Palisandergriffbrett, die Kopfplatte ist als Matching-Headstock ausgeführt und angeschäftet. Im Griffbrett sind die typischen Vai-Pyramiden aus Mother of Pearl (früher wurden gerne bunte Einlagen verwendet) eingelegt. Die Seriennummer ist bei den limitierten Modellen ins Griffbrettende hinter dem 24 Bund gestanzt und nicht mehr auf die Halsbefestigungsplatte graviert.

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Ein Modell von 1991, bis auf Lackierung und Pickup-Farben identisch mit den neuen Modellen (Bild: Dieter Stork)

Die unterfräst eingesetzte Ibanez-Variante des Floyd-Rose-Vibratos, das Lo-Pro Edge 7, ist verbaut, genau wie die von hinten befestigte Sattelklemme für die sieben Saiten am Griffbrettende; die Saitenpaare H und E, sowie h und e werden geklemmt, sowie das Trio aus a-, d- und g-Saite. Die Universe hat einen aufsteckbaren Vibratoarm, als Alternative liegt ein zusätzlicher, extrem leichter Arm bei, der zum Großteil aus Graphit gefertigt ist. Der neue Arm wiegt nur 20 g (das Original 43 g). Typisch Vai. Das System lässt sich ganz anders bedienen und nebenbei wird der Sound ein wenig luftiger. Zwei DiMarzio-Blaze-Humbucker und ein Blaze-Singlecoil sind in einem durchsichtigen Schlagbrett befestigt. An Controls stehen ein Volume- und ein Tonregler sowie ein 5-Weg-Schalter zur Pickup- Wahl bereit. Der Volume-Regler ist wie bei der JEM so verschaltet, dass beim Runterdrehen keine Höhen verloren gehen.

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Der normale und ein zusätzlicher, ultraleichter Vibratoarm (Bild: Dieter Stork)

Der 5-Weg-Schalter wählt in den Positionen 1, 3 und 5 die Pickups einzeln, in den Stellungen 2 und 5 eine Kombination aus Mittel-Pickup und jeweils der innenliegenden Spule des Humbuckers aus, sodass typische Zwischenpositions-Sounds erreicht werden, die dennoch brummunterdrückend geschaltet sind. Im Gegensatz zu früher sind die Polepieces des Mittel-Pickups als Schrauben ausgeführt und können so in der Höhe justiert werden, wenn man die Saitenlautstärke individuell anpassen will. Macht Sinn, da viele der neuen Gitarristen mit unterschiedlichen Saitenstärken experimentieren; Steve Vai ist mit dem Werkssatz von .009 bis .052 für heutige Verhältnisse ja eher konventionell am Start.

Besser geht’s nicht

Die Verarbeitung, Einstellung und Detailausführung der Universe ist einmalig und absolut perfekt. Der Hals sitzt millimetergenau in der exakt gefrästen Halstasche. Die Lackierung ist präzise und exakt. Die Jumbo-Bünde sind perfekt eingesetzt und abgerichtet, vor allem die Bundenden sind perfektioniert. Eine ausgezeichnete Saitenlage – natürlich bei einem 17″-Radius leichter zu erzielen als bei einem stark gewölbten Vintage-Hals – machen eine ausgezeichnete Bespielbarkeit möglich. Der Hals hat ein extrem flaches D-Profil. Für die zusätzliche Saite ist er im Vergleich zu einem Sechssaiter-Hals um einiges verbreitert, man muss seine Spielweise aber nicht umgewöhnen; lediglich das Umgreifen mit dem Daumen ist schwieriger. Aber auch hier gilt: ein paar Stunden gespielt, und man fühlt sich wie zu Hause.

Auch das Vibratosystem ist perfekt einjustiert: Es ist mit drei Federn befestigt (die zudem nochmal durch einen aufgeschraubten Metallbügel vor dem Rausspringen gehindert werden), das System ist fast parallel zur Decke eingestellt, durch die Unterfräsung kann man gut eine Quart nach oben vibrieren, nach unten gehen die Dive-Bombs, vor allem bei den tiefen Saiten, bis zu deren völliger Entspannung. Und das alles stimmstabil, wenn die Saiten nach dem Aufziehen gut vorgedehnt wurden.

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Die Seriennummer ist bei der Universe ins Griffbrett eingestanzt. (Bild: Dieter Stork)

Ein besonders Lob verdient die elektrische Ausstattung: perfekte Abschirmung der bündig mit der Korpusrückseite abschließenden Deckel fürs E-Fach und die Klinkenbuchse, sauber verdrahtet und verlötet und mit guten Bauteilen (Potis + Kondensatoren) ausgestattet. Ja und natürlich wird die Klinkenbuchse in der Nähe des hinteren Gurtpins versenkt und schrägt im unteren Zargen verbaut, sodass das Anschlusskabel ohne Knick durch den Tragegurt geführt werden kann.

Klingt

Und wie klingt die Universe? Fett und brillant mit den Humbuckern, knochig und noch brillanter in den Zwischenpositionen. Der Steg- Pickup hat etwas mehr Wicklungen als früher bekommen, was aber durch stärkere Magneten ausgeglichen wird und so der Ton in keinster Weise mumpft. Die Höhen des Steg-Pickups entsprechen denen eines PAF-Humbuckers, er hat aber mehr Wumms untenrum. Der Hals- Pickup hat einen singenden, weichen Ton, aber ebenfalls mit einem guten Höhengehalt. Im Vergleich zum 1991er- Vorbild fällt auf, dass die neuen Modelle elektrisch mehr Attack und Biss haben und sich auf den tiefen Saiten besser und noch deutlicher artikulieren.


Übersicht

Fabrikat: Ibanez

Modell: Universe UV77 (PSN/WFR/SVR)

Typ: 7string E-Gitarre

Herkunftsland: Japan

Mechaniken: Gotoh, verkapselt,

Hals: einteilig Ahorn, verschraubt

Kopfplatte angeleimt, in Bodyfarbe lackiert

Sattel: Lo-Pro Sattelklemme

Griffbrett: Palisander

Radius: 16,9″

Halsform: D

Halsbreite: Sattel 48,2 mm; XII. 60,4 mm

Halsdicke: I. 19,85 mm; XII. 21,5 mm

Bünde: 24, Jumbo mit Prestige

Bundkantenbearbeitung

Mensur: 648 mm

Korpus: Amerikanische Linde

Oberflächen: glänzend, Hals matt; PSN Passion – blau-pink; WFR Warfare – orange-gelb; SVR Silver – silber-blau

Schlagbrett: durchsichtig

Tonabnehmer: 2¥ DiMarzio Blaze Humbucker, 1¥ DiMarzio Blaze Singlecoil (Hals: 14,5, Mitte 13,5, Steg: 20,5 kOhm)

Bedienfeld: 1¥ Volume, 1¥ Tone, 5-Weg- Schalter

Steg: Lo-Pro-Edge 7 Vibrato

Hardware: schwarz

Saitenlage: E-1st 1,5 mm; H-7th 1,6 mm

Saitenabstand Steg: E-1st – H-7th 63,2 mm

Saitenstärke ab Werk: .009 -.052

Gewicht: 3,9 kg

Zubehör: Hartschalen-Koffer, zusätzlicher ultraleichter Vibratoarm, Zertifikat, sieben Plektren passend zur Lackierung

Preis: ca. € 6999


Resümee

Zur Silberhochzeit bekommt man tolle Geschenke. Steve Vai hat sie sich selber gemacht und diese drei limitierten Universe- Modelle auf den Markt gebracht. Sie sind perfekt und haben alles, was ein Vai-Fan braucht – inkl. Signatur und Zertifikat. Dass Ibanez in Japan perfekte Gitarren bauen kann. Und solch hohes Custom-Shop-Niveau hat natürlich auch seinen Preis.

Plus

+ Style

+ Verarbeitung

+ Sound

+ Einstellung

+ Zubehör

Minus

– nur wenige Instrumente für Deutschland

 

>>Hier geht’s zu zum Interview mit Steve<<

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