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Reverb Effekt: Welcher Hall darf’s sein?

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EHX Holy Grail

In dieser Folge schauen wir nach Alternativen zum guten alten Fender Tube Reverb. Da gibt es zahlreiche Produktgruppen, die auch Unterschiede in der Anwendung verlangen. Wer ein kleines Effektboard besitzt und neben anderen Effekten ein wenig Hall im Hintergrund zumischen möchte, kommt mit einem vorgeschalteten Effekt-Pedal klar. Ob analog oder digital, preiswert oder teuer, entscheidet der Geschmack und das Budget des Anwenders.

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Mit Reverb-Fans kann man tagelang über den vermeintlich besten Hall-Effekt streiten. Einige schwören auf Vintage-Sounds wie sie etwa der Holy Grail von Electro- Harmonix oder das Replex von Hughes&Kettner bieten, andere verlangen moderne Flexibilität, die man etwa beim Strymon Big Sky oder Eventide Space geboten bekommt. Da ich immer wieder danach gefragt werde, möchte ich auch verraten, welche Hall-Effekte zu meinen Lieblingsgeräten zählen.

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Direkt vor den Amp geschaltet mag ich eigentlich nur zwei Geräte. Mein absoluter Favorit ist der große Tube Reverb von Thomas Reußenzehn. Das Gerät erreicht ungefähr die Größe eines 100-Watt-Topteils und kostet über € 1500. Ein Schwergewicht in jeder Hinsicht. Die Klangergebnisse sind allerdings so verführerisch dicht und warm, dass man das Gerät in dieser Liga als konkurrenzlos bezeichnen könnte. Je nach Wunsch spielt man in einer Telefonzelle, im Kölner Dom oder im Frankfurter Hauptbahnhof. Die Hallräume sind riesig, dabei immer äußerst komplex, warm und wohlklingend. Als ich Thomas Reußenzehn vor einiger Zeit fragte, wie sein Reverb klingen würde, sagte er: „…wie John Lords Orgel bei ‚Child In Time‘.“ Und das trifft es ziemlich genau.

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Eine der wichtigsten Qualitäten dieses Reverbs ist sein unproblematisches Verhalten vor einem Gitarren-Amp. Hier hört man keinen Unterschied zum Direktsignal. Ein Vorzug, den kaum ein anderes Gerät bietet. Und das macht es so schwierig mit den Hallgeräten. Henrik Freischlader spielte lange Zeit einen Holy Grail von Electro-Harmonix im Einschleifweg seines Realtone-Verstärkers. Dieser Low-Fi-Hall hat seinen Charme, jedoch nur im Einschleifweg. Vorgeschaltet reagiert er etwas zickig in Verbindung mit Boostern und dämpft die Qualität des Gitarrensignals. Es gibt aber noch ein zweites Gerät, das ich vorgeschaltet recht gut ertragen kann: ein uraltes Yamaha FX- 500 Multi-Effekt. Dieses 9,5-Zoll-Gerät habe ich jahrelang bei Live-Gigs eingesetzt, sogar vor meinem 1956er Tweed Tremolux, ohne dass ich auf den crunchigen Vintage-Tone dieses Amps verzichten musste.

Irgendwann ging er halt mal kaputt und wurde ausrangiert. Der Hall war okay, wenn auch nicht von beeindruckender Güte. Immerhin blieb mein Sound damit erhalten. Kurz danach fand ich eine wahre Reverb- Perle für meinen Sound: das alte Lexicon LXP-1. Den Hall-Chip fand ich einzigartig gut. Der Sound war warm und dicht. Vor den Amp schalten ging aber nicht so gut. Der Sound veränderte sich drastisch. Daher verwendete ich einen Trick, um das LXP-1 einzuschleifen. Ich spielte zu dieser Zeit einen Marshall JTM-45 mit zwei Kanälen (High und Low) und vier Eingängen. Ich stöpselte die Gitarre in Kanal 1 (High Input). Dann ging ich mit einem Patch-Kabel aus dem Low-Input wieder heraus in den Lexicon- Hall und verband dessen Output mit dem Low-Input des zweiten Kanals.

Jetzt nutzte ich den Volume-Regler als Return- Regler für den Hall-Effekt. Das funktionierte perfekt. Keine Spur von digitaler Kälte oder Übersteuerung im Signalweg. Dafür eine unglaublich hohe Effekt-Qualität. Später ließ ich in den Marshall einen Einschleifweg einbauen, nutzte aber weiterhin die Mix-Möglichkeit über die beiden Kanäle, weil der Sound hier besser war. Man könnte den Output des Hall-Geräts auch mit einem zweiten Amp verbinden. Auch das habe ich manchmal genutzt. Man spielt dann in einem Wet-Dry-Modus, was sehr viel Raumtiefe erzeugen kann. Nach einiger Zeit bekam ich ein altes Guyatone Microverb, das ich in mein Fußboard integrieren konnte. Es hatte übrigens den gleichen Lexicon-Chip wie das LXP-1 an Bord und ist daher ein echter Geheimtipp.

Leider wird das Microverb nicht mehr gebaut. Über die beiden Kanäle eines Verstärkers eingeschleift, bringen auch das Room-Mate von TRex oder das T2 von tc electronic recht gute Ergebnisse, auch wenn sie etwas kühler und steriler als das Microverb oder LXP-1 klingen. Seit geraumer Zeit spiele ich einen Einkanaler, weshalb ich auf meinen Hilfs-Einschleifweg verzichten musste. Ich fand aber schnell eine ebenso brauchbare Lösung. Diese Schaltung habe ich bei Jeff Beck abgeschaut. Beck nutzt den Line-Out einer Load-Box (THD Hot Plate) an seinem Marshall zur Ansteuerung von diversen Effekten, die seitlich in einem Rack auf der Bühne untergebracht sind. Der Vorteil dabei ist, dass man die Effekte mit dem kompletten Signal aus der Endstufe ansteuert, was den Sound für den Effekt noch dicker und musikalischer macht.

Der Output der Effekte geht dann zum Monitormischpult und schließlich zur P.A. Und zu den Side-Fills auf der Bühne. So hat Jeff Beck gigantische Räume auf der Bühne. Larry Carlton macht es genauso, nur nutzt er statt des Line-Outs ein Mikrofon vor dem Speaker, das in ein Mischpult gespeist wird, in das die Effekte eingeschleift werden. Sehr komfortabel. Ein ähnliches Setup verwendet Pat Metheny.

Im Proberaum brauche ich hinter meinen Effekten keinen zweiten Amp, sondern gehe einfach in die Gesangsanlage. Das ergibt einen riesigen Sound. Einen Line-Out kann man ganz einfach in die Extern-Speaker-Buchse bauen. Man benötigt nur einen 270-Ohm-Widerstand zwischen Tip und Masse der Line-Out-Buchse. Dann verbindet man den Tip der Line-Out-Buchse über einen Widerstand mit dem Tip der Speaker-Buchse. Ich verwende dafür einen 22k-Widerstand, weil das Ausgangs-Signal dann in etwa dem unverstärkten Gitarrensignal entspricht.

Schließlich will man seine Effekte ja nicht übersteuern. Auch wenn man (Reverb-)Effekte auf diese Weise in seinen Signalweg einbringt, ist vor allem bei digitalen Effekten die Stromversorgung der Dreh- und Angelpunkt der Klangqualität. Will man einen besonders natürlichen und dichten Hall-Effekt, sollte man auf die beste Stromversorgung zurückgreifen. Und das ist momentan das GigRig-System mit dem Timelord-Modul. Ohne diese Versorgung wird man die Vorzüge der Strymonoder Eventide-Produkte kaum genießen können.

Die Klangunterschiede im Vergleich mit herkömmlichen Stromversorgungen haben mich buchstäblich umgehauen. Eine gute Alternative zum LineOut oder Zweikanal-Mix ist natürlich auch ein gut gebauter Einschleifweg. Auch hier habe ich in der Vergangenheit fleißig experimentiert. Doch leider gefielen mir die meisten Lösungen nicht. Das Direktsignal leidet hörbar (also könnte man den Effekt auch gleich vor den Verstärker schalten) oder es ergeben sich Probleme mit der Lautstärke-Balance.

Das kann ziemlich nerven. Sehr gute Einschleifwege fand ich nur bei den hochwertigen Verstärkern von Larry Grohmann (Larry-Amps) oder Schröter-Amps. Außerdem gefiel mir die regelbare und Röhren-gebufferte Lösung der Rivera-Fender-Amps aus den Jahren 1982 bis 1984. Dieser Einschleifweg war wirklich hervorragend, denn er ließ sich im Send und Return regeln und funktionierte klanglich wirklich verlustfrei. Heutzutage spielen viele Gitarristen jedoch kleinere 18-Watt-Amps oder kleine Tweed-Combos, bei denen kein Einschleifweg eingebaut ist. Hier kann auch die sogenannte Parallel L-Box von Burkhard Lehle Abhilfe schaffen. Hierbei handelt es sich um einen vorgeschalteten Einschleifweg mit Send-, Return- und Mix-Reglern. Der Hall-Effekt ist also nicht direkt im Signalweg, sondern parallel beigesteuert, was sehr, sehr gut funktioniert. In der nächsten Ausgabe beschäftigen wir uns mit ein paar Vintage-Hall-Legenden.

Aus Gitarre & Bass 07/2015

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Zusätzliche pedals für hall gehen natürlich. Aber so ein alter gut funktionierender “Hall-Tank” von Fender macht doch auch was her, finde ich.

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  2. Albert Lee nutzt (wie ich auch manchmal) ein altes Korg vor dem Fender twin oder bassman. Klingt gut!

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