Neues von Eddie sein Sohn...

EVH Wolfgang USA, USA HT & Special im Test

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Pünktlich zur NAMM Show präsentierte Eddie van Halen unter seinem Label EVH zu Beginn des Jahres u. a. einige neue Wolfgang-Modelle. Bereits 1996, damals noch als Peavey-Endorser, hatte Eddie Gitarren unter dem Namen seines Sohnes, der bekanntlich in der Band seines Vaters inzwischen den Bass zupft, auf den Markt gebracht. Hätte man also auch feiern können …

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(Bild: Dieter Stork)

Neben diversen Finishes darf man zumindest bei den Floyd-Rose-Modellen als wichtigste Neuerung vermelden, dass der Hersteller nach Kritik an der mangelnden Kompatibilität von Free Floating FR-System und D-Tuna das Vibrato nun in der Deckenfräsung aufliegen lässt. Zwar sind nun Up-Bendings nicht mehr möglich, dafür funktioniert der D-Tuna, mit dessen Hilfe man die E6-Saite blitzschnell auf D herunterstimmen kann. Perfekt − und die Stimmstabilität, durch die sich das Floyd Rose ja auszeichnet, bleibt erhalten. Während unsere beiden edleren Wolfgangs in den USA gefertigt werden, entsteht die Special im Fender-Werk in Ensenada/Mexiko.

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Konstruktion

Für die Bodies seiner Gitarren präferiert Eddie van Halen Linde (Basswood). Die gewölbten, 5-fach eingefassten Decken der USA-Modelle bestehen aus Ahorn, die von schwarzem Binding umgebene der Special ebenfalls aus Linde. In Sachen Shapings gibt man sich sparsam: Lediglich die hinteren Korpuskanten hat man verrundet, die Halsübergänge knapp 4 mm abgestuft, verrundet und facettiert, sodass der Handfläche in den höchsten Lagen nichts im Weg steht. Die Kammern von Pickup-Schalter und Elektrik wurden boden- und deckelseitig mittels Alufolie abgeschirmt, bei der Special kommt auch Graphitlack zum Einsatz.

Äußerst passgenau wenn nicht sogar stramm hat man die exakt Oberkante bündig abschließenden Kunststoffdeckel eingepasst. In den Vibratokammern widersetzen sich jeweils zwei Federn dem Saitenzug. Stabile Zargenbleche tragen die Klinkenbuchsen, große Knöpfe sichern den Gurt. Bei der Wolfgang Ivory stabilisieren eingelegte Graphitstäbe den Ahornhals, dessen Krümmung wie auch bei den Hardtail- und Mexiko-Modellen über ein zwischen Halsende und Pickup angeordnetes Rad justiert werden kann. Passgenau gefräste Taschen, die den Hälsen Neigungen von etwa 2° bescheren, und vier mit großen U-Scheiben unterlegte Schrauben garantieren gleichermaßen stabile wie schwingungsfördernde Verbindungen mit den Bodies.

Während die amerikanischen Vertreterinnen mit Ebenholzgriffbrettern, Block Inlays und schlanken Edelstahlbünden aufwarten, kommt die Mexikanerin mit Ahorngriffbrett, schwarzen Punkteinlagen und fetten Neusilber-Jumbos. Sämtliche Bünde wurden vorbildlich abgerichtet, komfortabel verrundet und poliert. Auch die von hinten verschraubten Floyd Rose Klemmsättel zeigen perfekte Einpassung und Ausrichtung. Die Saitenlage über dem ersten Bund ist optimal, bei der Special sogar noch optimaler. Niederhalter drücken die Saiten in die Sattelkerben. An den kleinen Flaschenöffner-förmigen EVH-Kopfplatten verrichten präzise und geschmeidig arbeitende Gotoh- bzw. Noname-Tuner zuverlässig ihren Dienst. Eines haben sie jedoch gemein: Sie tragen das des Öfteren an diesen Gitarren verwendete EVH-Logo. Während die Wolfgang Ivory und die Wolfgang Special mit original Floyd-Rose-Vibratos und D-Tunas ausgerüstet sind, kommt die USA HT (HT = Hardtail) mit Tune-o-matic-Steg und Fine-Tuner-Saitenhalter.

Feinstimmer deshalb, weil die Saiten im Sattel festgeklemmt werden. Selbstverständlich wandeln bei allen drei Wulfgängs auch EVH-Wolfgang-Humbucker die Saitenschwingungen, allesamt mit sogenannten Zebra-Spulen ausgestattet. Die Pickups sind jeweils vierfach direkt im Korpus verschraubt, eventuelle Höhenjustierung kann somit ausschließlich über die Polschrauben erfolgen. Verwaltet werden sie per Dreiweg-Toggle-Schalter, Master-Volume- und MasterTone-Potis. Für Erstere kommen extrem wulf… äh, leichtgängige 500-kOhm-Potis, für die schwergängigere Höhenblende 250-k-Potis zum Einsatz, allesamt vom US-Hersteller Bourns. Gemäß Eddies Gewohnheit arbeiten die PU-Schalter der US-Modelle umgekehrt, soll heißen Steg-PU oben, Hals-PU unten.

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(Bild: Dieter Stork)

Praxis

Am Gurt und auf dem Bein gibt sich die Wolfsbande perfekt ausbalanciert und bietet guten Tragekomfort. Die kleine Kopfplatte, der weit in den Korpus reichende Hals und die daher zum Korpusende hin verlagerten Stege bzw. Vibratos lassen die Gitarren recht klein und handlich erscheinen. Auch dank ihrer abgerundeten Griffbrettkanten liegen die Hälse wunderbar in der Hand, die Oberflächen bieten angenehmen Grip, und selbst die fetten Jumbo-Bünde der Special bremsen schnelle Lagenwechsel nicht aus. Meine persönlichen Favoriten sind jedoch die schlanken „Spaghetti“-Edelstahlbünde, die mit 1,2 mm eine gesunde Höhe aufweisen und ob ihrer harten und glatten Oberfläche Bendings extrem erleichtern. Einfach traumhaft! Klangunterschiede zu Neusilberbünden sind lediglich unplugged in Form von minimal erhöhter Brillanz festzustellen, am Verstärker tut sich indes nichts.

Der Verzicht auf Up-Bendings garantiert auch bei Einsatz des D-Tuna stabile Stimmung. Dieser Mechanismus ist eine Art Keil, der sich bei Standard-Tuning unter die E6-Feinstimmerschraube schiebt und diese mitsamt des Reiters zum korrekten E herunterdrückt. Aktiviert man den D-Tuna durch Herausziehen, schwenkt der Reiter nach oben und gibt die Saite bis zum (justierbaren) D-Anschlag frei. Ebenso einfach wie genial. Da die aufliegenden FR-Systeme etwas nach hinten gekippt sind, ließen sich nach entsprechender Umjustierung auch wieder Up-Bendings erzielen, dann jedoch mit den besagten Problemen bei Einsatz des D-Tuna.

Im Auslieferungszustand setzt das FR beim Loslassen auf den Body auf, was jedoch über Verstärker kaum hörbar ist. Alle drei EVHs geben sich sehr schwingfreudig, sprechen direkt, konkret und artikuliert an, zeigen rekordverdächtige lebendige Tonentfaltung und bieten standfestes, gleichförmig abklingendes Sustain. Hier erweisen sich die Unterschiede von FR-Vibrato und Hardtail als verblüffend marginal. Auch in Puncto Balance tun sich die Drei nicht viel, sie differieren lediglich in ihren Klangbildern.

So tönt die Hardtail offener und brillanter als die Konkurrentinnen, die Special liefert – möglicherweise dem massiven Lindekorpus geschuldet – ein eher warmes Klangbild, während die Ivory genau zwischen den beiden rangiert. Zudem sind alle drei gleichermaßen obertonreich unterwegs. Am Verstärker fällt sofort auf, dass die Humbucker der Ivory und der Satin-Roten mehr Output liefern als die der Hardtail-Wolfgang, die auch klanglich eher in Richtung Les Paul tendiert, wenn auch etwas brillanter und obertonreicher. Der Hals-Pickup bluest und schmatzt im Clean-Betrieb mit einer angenehmen luftigen Wärme, der Steg-HB tönt knackig, transparent und liefert straffe Bässe, seine Mitten und Höhen kommen klar und spritzig. Ohnehin übertragen beide Pickups das breite Obertonspektrum der Gitarre beinahe 1:1.

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(Bild: Dieter Stork)

Die Kombi perlt glockig und transparent und lädt zu Rhythmus- und Arpeggio-Spiel ein. Dass die Hardtail auch härtere Gangarten umzusetzen weiß, zeigt sie am zerrenden Amp, und zwar unabhängig vom gerade aktiven Pickup: Durchsetzungsstark, definiert, unverändert dynamisch, jede Menge Obertöne und Sustain. Rein charakterlich tun sich die Floyd-Rose-Modelle nicht viel, soll heißen beide geben reichlich Gas fürs Gezerre, welches sie dann auch mit Durchsetzungsvermögen, nahezu uneingeschränkter Dynamik und endlos erscheinendem Sustain in Szene setzen. Dabei lassen sich sogar noch High-Gain-Sounds mit dem Anschlag formen. Obgleich sich die FR-Wolfgangs im Obertonbereich gegenseitig nicht die Butter vom Brot nehmen, tönt die USA Ivory auch am cleanen Verstärker in den Höhen offener, klarer und irgendwie frischer. Dies verleiht ihr eine gewisse Eleganz, während die Special eher als erdiges wenn nicht sogar raubeiniges Rockbrett daherkommt.

Offenbar macht u. a. auch die Ahorndecke den Unterschied. Die Hals-Humbucker klingen fett und druckvoll mit sattem aber definiertem Fundament, warm schmatzenden Mitten und samtweichen Höhen. Derweil liefern die mittiger ausgerichteten Steg-Pickups knackig kompakte Bässe, drahtige Mitten, leicht gezügelte, nicht allzu aggressive Höhen und – wie gehabt – reichlich Obertöne. Sowohl die leichtgängigen Volume- als auch etwas zäher rotierenden

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(Bild: Dieter Stork)

Resümee

Die neuen Wolfgang-Gitarren aus der Ober- und Mittelklasse fügen sich nahtlos in das bisherige EVH-Programm ein. Alle drei wurden makellos verarbeitet, lassen sich höchst komfortabel spielen und liefern jeweils ein breites Spektrum exzellenter Blues-, Rock- und Metalsounds. Während die Wolfgang Hardtail auch klanglich eher die Paula-affinen ansprechen dürfte, werden sich Floyd-Rose- und Drop-D-Tuning-User zu der USA Ivory und der mexikanischen Special hingezogen fühlen. Wichtig: Durch die aufliegenden Vibratos sind Up-Bendings zwar nicht mehr möglich, dafür funktionieren sowohl Vibrato als auch D-Tuna völlig verstimmungsfrei.

Plus

  • Sounds (Rock!)
  • Dynamik & Sustain
  • Qualität Hölzer & Hardware
  • Edelstahlbünde (USA Modelle)
  • robuste Konstruktion
  • Spielbarkeit
  • Verarbeitung
  • Preis/Leistung (EVH Special)

 

EVH Wolfgang_profil

Produkt: Gitarre & Bass 9/2022 Digital
Gitarre & Bass 9/2022 Digital
Im Test: Soldano SLO Mini +++ Harley Benton JJ-45OP und JP-45OP +++ Jensen Speakers Impulse Responses +++ Maybach Stradovari S61 „True Specs“ Masterbuild +++ LTD Phoenix-1000 +++ Epiphone B.B. King Lucille Bone White LTD & ES-335 +++ Keeley Electronics Halo Andy Timmons +++ Universal Audio UAFX Woodrow '55, Ruby '63 & Dream '65 +++ Baton Rouge X11S/FJE-AB Acoustic

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