Alles drin, alles dran

Boss VE-8 Acoustic Singer im Test

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Die Ansprüche und die Medienpräsenz von Akustik-Gitarre spielenden Sängern steigen beständig. Die Industrie sucht und findet interessante Antworten auf die besonderen Anforderungen. So natürlich auch die Tüftler im Hause Boss.

(Bild: Dieter Stork)

Ich freue mich aufs Auspacken, Einstöpseln und Losspielen – und muss dann erkennen, dass das beim VE-8 so nicht läuft. Es kann einfach so viel. Da wurde dann erst mal die Bedienungsanleitung mein bester Freund – die ist gut aufgebaut und weist auch einem Editier-Allergiker wie mir den Weg zum guten Gesamt-Sound. Bei Tasten, die in vier verschiedenen Farben blinken können und in Verbindung mit zwei anderen Tasten – einfach, doppelt oder lange gedrückt irgendwelche Funktionen auslösen, winke ich i.d.R. frustriert ab, aber bei diesem Boss-Alleskönner beschleicht einen das Gefühl, dass sich der Aufwand lohnen könnte.

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Erst lesen …

Typisch Boss ist auf jeden Fall die megastabile Gesamterscheinung des güldenen Faltblech-Kastens, der auf der Stirnseite zahlreiche Anschlussmöglichkeiten bietet: Klinke-In für Gitarre, XLR-In für Mikro, 2x Klinke-Out zu einem Amp, 2x XLR-Out zur PA. Das Ganze wählbar Mono/Stereo und Summe oder Mic/Git getrennt. Ein USB-Anschluss ist natürlich auch vorhanden. Zusätzliche Fußschalter und Abspielgeräte lassen sich auch ankoppeln.

Betrieben wird das VE-8 per beiliegendem Netzteil oder mit sechs AA-Batterien. Der Acoustic Singer ist sehr übersichtlich in drei Sektoren aufgeteilt. Links wird sich um die Gitarre gekümmert – vier Effektbereiche stehen hier zur Verfügung: Resonance bietet vier Varianten, um den Korpus-Klang räumlicher und natürlicher zu gestalten. Reverb liefert vier verschieden tiefe Hall-Simulationen. Notch sorgt für die Eliminierung von Feedbacks. Und Chorus bietet den Boss-Effekt schlechthin, aber auch noch 7 andere FX wie Tremolo, Phaser, Delay, Octave usw. – bis zu drei davon gleichzeitig.

Alle Effekte sind über Drehregler feinjustierbar, auch an diverse Sub-Parameter kommt man ran – der große Fußschalter auf dem abgeschrägten Frontbereich schaltet den ganzen Sektor an/aus, drückt man ihn länger, gelangt man in den Tuner-Modus. Der mittlere Sektor widmet sich dem Sänger. Mittels Enhance hat man auf die Dynamik Zugriff, daneben ist die Reverb- Abteilung. Darunter wird es richtig interessant: man kann verschiedene coole Effekte wie z. B. „Distortion“ oder „Radio“ für herrliche LoFi-Sounds nutzen, oder man holt sich einen Chor auf die Bühne: anhand der Gitarren-Chords werden verschiedene passende Stimmkombinationen unter und/oder über der Lead-Stimme generiert.

Auch im rechten Drittel – Output benannt – bleibt es trickreich. Mit den beiden Drehreglern wird das Lautstärkeverhältnis zwischen Stimme und Gitarre geregelt, soweit simpel. Darunter befindet sich die Abteilung Editieren&Speichern – ja genau, man kann Sounds auch speichern, 50 Plätze stehen zur Verfügung. Die drei großen Fußtaster machen sich wahlweise als An-/Ausstomper oder als Speicherplatz-Suchgeräte im Memory- Modus nützlich. Das Besondere am rechten Stomper ist aber die Loop-Funktion, die hier sehr easy auszuführen ist. Das Tolle ist, dass sich anwählen lässt, ob man Mikro oder Gitarre loopen möchte – oder beides.

… dann spielen

Hat man sich seine Basic-Sounds eingestellt, beginnt der „Fun-Part“. Die Sounds sind alle erstklassig und praxistauglich, die Bedienung in der Live-Situation ist gut zu bewältigen. Ein Tritt und der Chor steigt ein, noch ein Kick und ein sahniger Tremolo-Sound veredelt die Gitarre. Und wenn man beim Looper Gitarre und Mikro anwählt lassen sich im Handumdrehen fette Playbacks herstellen, mit mehrstimmigem Chor in einem „Rutsch“, Korpus-Percussion, whatever … Die vielfältigen Anschlussmöglichkeiten erlauben eine Anpassung an jede erdenkliche Live-Situation. Von „einfach per Mono-Klinke in den Acoustic-Amp“ bis zu „getrennt per XLR zum FOH und per Klinke zusammen auf Monitor plus USB zum Live-Recording“ geht da alles.

(Bild: Dieter Stork)

Resümee

Das VE-8 ist ein tolles, wohl durchdachtes Gerät in gewohnter Boss-Qualität mit üppigen Möglichkeiten, die hier nur grob umrissen werden konnten. Es ist von daher auch nicht selbsterklärend – „rtfm“ (read the f%&ing manual) ist unvermeidlich. Hat man sich da einmal durchgebissen, sind ein hoher Nutzen auf großen und kleinen Bühnen und erheblicher Spielspaß garantiert. Man bekommt, was auf dem Karton steht: Eine „All-in-one solution for singing guitarist“. Und wenn ich bedenke, was ein Boutique-Verzerrer mitunter kostet, erscheint mir der Preis für das hier Gebotene extrem unkritisch.

Plus

  • Konzept, Design
  • roadtaugliche Stabilität
  • Flexibilität
  • Qualität und Praxistauglichkeit der Effekte
  • Klang- und Effekt- Parameter komplett regelbar
  • leicht zu bedienender Looper

Minus

  • aufgrund der Komplexität nicht rein intuitiv zu ergründen
  • kein Boost für Soli etc. vorhanden

Aus Gitarre & Bass 01/2017

Produkt: Gibson Guitars Special
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Kommentar zu diesem Artikel

  1. Ich habe das Gerät bei Thomann vor einigen Jahren gekauft. Hatte aber noch keine Zeit mich damit konkret auseinander zu setzen. Es ist sagenhaft umfangreich und man braucht Zeit um alle Funktionen herauszufinden, die für Gitarre und Mikrophon persönlich nützlich sind. Was mich stört ist die Gebrauchsanleitung. Sie ist zwar gut in der Erläuterung, aber zu klein gedruckt. Ich hätte gern eine PDF- Datei als Gebrauchsanleitung, damit man es am PC besser sichten kann. Gibt es die???

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