Was alles geht

BluGuitar Amp 1 System inkl. FatCab + NanoCab im Test

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Eigentlich wollten wir in diesem Testbericht nur die beiden Lautsprecherboxen FatCab und NanoCab vorstellen, die BluGuitar als Ergänzung zum kleinen Viel-bis-Alleskönner Amp 1 entwickelt hat. Doch Überraschung, es kam anders als wir dachten. Geliefert wurde ein ganzes Setup, Boxen plus ein großes Pedalboard, alles praxisgerecht verkabelt unter Nutzung der MIDI-Fähigkeiten des Amp 1. Also nutzen wir die Gelegenheit und loten aus, was mit dem so transportfreundlichen Verstärker möglich ist.

Zwei Jahre ist es mittlerweile her, dass der allseits als „begnadeter“ Gitarrist bekannte Thomas Blug sein Projekt auf den Markt brachte. Die Idee dahinter: Bei geringsten Maßen ein Maximum an Tonqualität und Variabilität in der Anwendung zu erreichen. Unser Test in Ausgabe 10/2014 hat gezeigt, dass dieses Vorhaben gelungen umgesetzt wurde. Minimales Feintuning hat der Amp 1 in der Zwischenzeit noch erfahren. Die einzige größere Änderung ist, dass mein Einwand hinsichtlich des Speichervorgangs berücksichtigt wurde und nun die Einstellungen im MIDI-Learn-Verfahren abgelegt werden. Neben den beiden Boxen steht das Remote 1 im Fokus dieses Artikels. Das Schaltpedal erweitert die Funktionalität des Amp 1 erheblich.

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Cabs

Rufen wir uns zunächst die Eckdaten des Amp 1 in Erinnerung. Seine Ausstattung umfasst vier Sound-Sektionen, einen Booster, Hall, einen Einschleifweg, einen Recording Out mit Speaker-Simulation, ein Noise-Gate mit zwei Presets, und obendrein ist eine 100-Watt-Endstufe integriert (weitere Facts bitte der Übersichtentnehmen). Gewicht knapp über ein Kilogramm, der ideale Reisebegleiter. Denn tatsächlich braucht man nur noch eine Box, dann ist man grundsätzlich schon mit einem breiten Sound-Spektrum bedient. Üppiger, als es die meisten Combos liefern können.

Thomas berichtet, dass er schon vor langer Zeit – nicht erst jetzt wegen des Amp1 – begonnen hat, mit kleinen Boxen zu experimentieren. Schlicht weil die Anforderung da war; undenkbar, bei seinen vielen Jobs immer ein 4×12-Cab, eigentlich seine favorisierte Option, mitzunehmen. Was wir jetzt hier in diesem Testsehen, ist insofern das Ergebnis langer Forschungen.

Einer der entscheidenden Punkte bei den BluGuitar-Boxen ist nicht nur die Konstruktionsweisenach Thiele/Small-Parametern, sondern die Tatsache, dass spezielle Speaker zum Einsatz kommen, die eigens für diesen Einsatzzweck konstruiert wurden. Die „stabilen Tiefmitteneines Celestion Vintage30“ plus die „cremige Mitten-Präsenz und die seidigen Höhen der alten Greenbacks bei höherer Belastbarkeit“, das ist auf den Punkt gebracht, was Thomas hinsichtlich der Eigenschaftenseiner Speaker zum Zielhatte.

Die Gehäuse sind aufwendig in der Fertigung, weil die Holzplatten fingerverzahnt verleimt werden. Birkenschichtholz, geschraubte Rückwand, Tolex-Bezug, Metallecken, Basket-Weave-Bespannung an der Front (Thomas: „Aus Papier …weil‘s besser klingt“), oben ein großer Tragegriff. Besonderheiten: Das Anschlussfeldbietet zusätzlich zum Input einen parallelen und einen seriellen Ausgang zum Durchschleifendes Signals. An der Rückseite des kleinen Nanocab kann durch Entfernen einer kleinen Metallplatte die Wiedergabe in Richtung open-back verändert werden. Die geringen Abmessungen der Öffnung sollen garantieren, dass keine für den Sound wichtige Resonanzen verloren gehen und die Box dadurch „klein“ klingt.

Das Board

Womit wir zu dem Pedalboard kommen. Es ist nicht das, das Thomas selbst benutzt. Ein Kollege, Knut Bausch (ein nicht ganz unbekannter Gitarrist;-), hat es für diesen Testbericht zur Verfügung gestellt. Das Herz der Signalführung und -verwaltung ist nicht der Amp 1, sondern das als Zubehör erhältliche Schaltpedal Remote 1. Neben der Möglichkeit die Funktionen des Verstärkers direkt zu adressieren (DirectAccess Mode) oder Presets zu speichern und abzurufen (Preset Mode), bietet es: Schalt- und regelbaren SecondMaster, einen ebenfalls regelbaren PowerSoak, zusätzlich kann man den Gain-Pegel für alle vier Kanäle in jedem Presetseparat abspeichern. Interessant ist außerdem die Erweiterung mit dem sogenannten Looper Kit (Input, Output, 4¥Send und Return). Dieses stellt vier separate True-Bypass-Signalschleifen zur Verfügung, die in die Programmierung miteinbezogen werden können. Es würde den Rahmen sprengen, an dieser Stelle alle Möglichkeiten, die dieser Geräteverbundbietet im Detail zu besprechen.

Doch die Beschreibung des Signalverlaufs des vorliegenden Boards erklärt schon vieles: Das Gitarrensignal durchläuft einen Bona-Fide-Bufferamp von T.C. und geht dann in das Vox-Wah, von hier zum T.C. Poly Tune und danach zum ersten EventideH9. Dessen beiden Ausgänge gehen zum Input des Looper Kits bzw. zum Eingang des zweiten H9. Looper-Kit-Out geht zum Input des Amp 1.Der Ausgang des zweiten H9 geht zum FX-Return des Amp 1, dessen FX-Send zum zweiten Input des ersten H9! Geschickte Verkettung, die beide H9 einzeln oder in Kombination nutzbar macht bzw. vor und hinter der Sound-Formung des Amp 1.

Das Looper Kit verwaltet die Pedale: Loop 1: Yellow Comp/Mooer, Kompressor. Loop2: Golden Brownie von Xvinve T1, Distortion-Pedal (Thomas Blug Signature), dahinter Noise Killer/Mooer. Loop3: Spark/T.C., Booster. Die (seriell angeordneten) Loops kontrollieren in dieser Verschaltung die Pedale vor dem Input des Amp 1. Die Verbindung zum Remote 1 erfolgt über ein kleines Multicore mit verriegelbarem Stecker. Das zweite Pedal neben dem Wah ist ein Expression-Pedal, das am zweiten H9 angeschlossen ist.

In der Zusammenfassung: Auf dem Board gibt es einen Hauptsignalweg vom Buffer über das Wah und das erste H9 zur Looper-Box, um im Input Amp1 zu enden. Die sekundäre Signalschleife nutzt den FX Weg, der mit dem Send das erste H9 am zweiten Input anspricht, das wiederum das zweite H9 füttert, von da geht es zurück in den FX-Return. Die komplexen Möglichkeiten des H9 generieren Sound-Vielfalt im Überfluss und die MIDI-Fähigkeiten des Remote 1 machen das Ganze programmierbar. Aber Achtung: Die Presets der externen MIDI-Geräte – hier die H9- müssen über MIDI-Mapping sortierbarsein, denn das Schaltpedal liefert die MIDI-Program-Change-Befehle lediglich fortlaufend mit den 36 Presets (je 9 in 4 Bänken).

Praxis

So, dann gehen wir mal gleich in die Vollen. Eine große Überraschung bereitet uns das Nanocab. Wenn man nur hört, nicht hinsieht, möchte man nicht glauben, dass der Sound aus so einer Liliput-Box kommt. Beeindruckend, die verleiht dem Ton unerwartet großes Volumen. Und sie macht sogar „unk-unk“ wenn man gedämpfte Distortion-Noten auf den beiden tiefen Saiten E6 und A5 spielt. Dafür muss man aber schon in gehobener Lautstärke loslegen. Die zweite erfreuliche Erkenntnis ist, dass das NanoCab einen für die Größe unerwartet ausgewogenen Frequenzgang hat. Diese topfigen Mitten, die Kompaktgehäuse oft verbreiten, glänzen bei der BluGuitar-Box durch Abwesenheit bzw. die Nasalität bleibt sehr dezent. Darüber hinaus entwickelt sich eine angenehme Dispersion des Schalls, d. h. die Box strahlt recht breitflächig nicht zu sehr auf einen Punkt gerichtet die Klänge ab. Ansonsten funktioniert die Box mit gleichmäßig homogener Wiedergabe sowohl leise als auch – ohne mit ätzender Brillanz aus dem Rahmen zufallen – in Nähe Ihrer Leistungsgrenze. Ja, ein kleines Freudentänzchen ist da alles in allem schon erlaubt. Und dabei wiegt die kleine Kiste gerade einmal ca. 8,4 Kilogramm.

Das FatCab ist fast doppelt so groß, bleibt mit ca. 13,3 kg aber auch in einemabsolut erträglichen Rahmen. Die größeren Dimensionen zahlen sich mit anderen, günstigeren Wiedergabeeigenschaftenaus. Gar keine irritierende Mittennase, das Klangbild ist fein ausbalanciert, hat wie bei der kleinen Box warme Höhen und bildet Details präzise ab –schön zu hören, wenn man die Ausklingfahne eines Halleffekts aufmerksam bewertet. Ebenfalls elegant, dynamisch und effektiv in den Bassfrequenzen, verbreitet das FatCab durchaus die Illusion, dass man ein größeres Cabinet zu hören bekommt. Klanglich holen beide Boxen ein Optimum aus den Gegebenheiten heraus. Spezifische Eigenschaften sind, dass sie etwas mehr Leistung brauchen, um den gleichen Schallpegel wie größere Cabinets zu erzeugen – normal, da regiert die Physik – und in den hohen Frequenzen eher defensiv zu Werke gehen. Sprich, man wird eventuell die Treble-Regler am Amp ein wenig nachführen wollen/müssen. Kein Problem, kein Mangel, so ist das eben, gewisse Korrekturen wird man logischerweise immer vornehmen müssen, wenn andere Speaker/Gehäuse als sonst gewohnt an den Startkommen.

Das Testen der Cabinets erfolgte im Betrieb mit diversen Röhren-Amps aus meinem Referenzsortiment (wen es interessiert, hier ein Auszug: Marble DCP100, div. Marshalls u. a. ein JCM800/2204 m. Voodoo-Amps-Mod, div. Vox AC30 Crate BV300H, Fender Brown Deluxe ‘61, Marshall 2061-Klon u. a.). Soll sagen, die Ergebnisse sind allgemeingültig, beziehen sich nicht explizit auf die Kombination mit dem Amp 1. Mit ihrer edlen Wiedergabe schmeicheln die BluGuitar-Cabs aber natürlich auch dem bzw. sie bilden mit ihm jeweils ein effizientes Team. Anmerkung: So gut die Box an sich ist, das Nanocab ist nur dem zu empfehlen, der auf maximale Kompaktheit seines Setups großen Wert legt. Das FatCab ist absolut gesehen die bessere Wahl. Die Beurteilung des Remote 1 und des Looper Kit braucht nicht viele Zeilen. Einfach weil beide Geräte gleichermaßen effizient wie unauffällig ihre Aufgabe erfüllen, ganz und gar bestimmungsgemäß könnte man auch sagen. Keine störenden Knackser wenn die Loops schalten, durchdachte, praxisfreundliche Funktion des Schaltpedals (helle Statusanzeigen), das mit Second Master und dem PowerSoak sinnvolle Extras zur Verfügung stellt. So erreicht das hier vorliegende Pedalboard-System (u. a. dank MIDI) im Sound eine sehr große Bandbreite und ist nach kurzer Einarbeitung in die Bedienung leicht zu konfigurieren. Task souverän gemeistert, würde ich mal sagen.

Alternativen

Das Szenario spaltet sich in zwei Ebenen, da man ja das Preisniveau ins Kalkül einbeziehen muss. Die kleine Lösung, Amp 1plus eine der beiden Boxen, die wegen der vier Soundsektionen und der weiteren Ausstattung mit Noise Gate etc. einer Art luxuriösem Combo-Verstärker gleichkommt, kostet ca. € 1148 bzw. € 1258. Inder Preisklasse gibt es weder unter den Röhrengeräten, noch den Hybriden, noch den Transistor-Combos an dem Konzept insgesamt gemessen eine Alternative. Bleibt nur die Sparte Modeling. Klar, da kämen z. B. Produkte von Line 6 oder Blackstar in Frage.

Die große Lösung, plus Remote 1, MIDI und optional das Looper Kit, fordert auf Basis des FatCab ein Budget von € 1656 bzw. € 1885. Ja, ganz schön fette Brocken, dafür könnte man auch was ganz anderes Nettes anschaffen. Aber man bedenke, dass wir von einer sehr leistungsfähigen Komplettlösung reden, die zudem extrem kompakt im Raumbedarf ist (das Pedalboard hier wiegt allerdings etwas über 20 Kilogramm). Eine Alternative von einem einzelnen Hersteller gibt es nicht. Man müsste aus verschiedenen Komponenten erst etwas Ähnliches zusammenstellen und da ist man ganzschnell auch mehr Geld los.

Resümee

Einmal die Vollbedienung bitte: Die maximale Ausbaustufe des BluGuitar-Systems entwickelt ein sehr hohes Leistungspotential, das von der Sound-Bandbreite des Amp 1 geprägt wird und einer geschickt konzipierten, leicht zu bedienenden Signalverwaltung. Beides so kompaktumgesetzt, dass die Komponentenlocker auf ein Pedalboard passen. Eine Box dran, fertig ist das 100-Watt-Multi-Sound-System. Ist das praktisch?! Und die Box darf gerne das Nanocab oder das Fat-Cab sein, denn beide überzeugen mit kultivierter, detailreicher Wiedergabe. Das Nanocab verdient sich ein extra Plussternchen, weil es gemessen an seiner Größe _oder sollte man sagen Kleinheit? _ tonal Ungewöhnliches leistet.

Fazit: Absolut empfehlenswert, die Preisgestaltung der Produkte ist der Leistung angemessen.

Plus

  • Sound, hohe Variabilität
  • Dynamik/Transparenz
  • elegante All-in-one-Lösung
  • Cabinets: sehr ausgewogene, kultivierte Wiedergabe
  • Zubehör: praxisfreundlich, funktional effizient
  • insgesamt gesehen relativ einfache Bedienung bzw. Programmierung
  • geringe Nebengeräusche
  • Verarbeitung/Qualität der Bauteile

Aus Gitarre & Bass 12/2016

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